29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
16.02.18 / Angela Merkels teuerste Koalition / Die CDU-Vorsitzende lässt die Deutschen die Zustimmung der SPD zu ihrer Kanzlerschaft einiges kosten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-18 vom 16. Februar 2018

Angela Merkels teuerste Koalition
Die CDU-Vorsitzende lässt die Deutschen die Zustimmung der SPD zu ihrer Kanzlerschaft einiges kosten
Peter Entinger

„Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“, lautet eine goldene Regel. Wird gegen sie verstoßen, wird es meist teuer. Das scheint auch nun der Fall zu werden, wo Angela Merkel bei der SPD die Zustimmung zur Fortsetzung ihrer Kanzlerschaft geordert hat und die Deutschen die Rchnung dafür zahlen sollen.

Sofern die Basis der SPD zustimmt, wird Deutschland auch künftig von einer Großen Koalition unter Führung von Angela Merkel (CDU) regiert werden. Die SPD-Führung hat sich ihr Einverständnis teuer bezahlen lassen und das gilt nicht nur in personeller Hinsicht. 

Wie schon nach der Bundestagswahl von 2005, bei der die SPD immerhin noch 34,2 Prozent statt nur 20,5 wie 2017 bekam, können die Sozialdemokraten die prestigeträchtigen und schwergewichtigen Ressorts Finanzen, Außenpolitik und Arbeit besetzen. Zudem sicherte sich die SPD die Ministerien für Justiz, Familien und Umwelt. Sicher scheint, dass der bisherige Parteichef Martin Schulz das Außenressort von Sigmar Gabriel übernimmt und dafür den Vorsitz räumt. Die Partei soll künftige von Andrea Nahles geführt werden. Hamburgs Regierender Bürgermeister Olaf Scholz gilt als Top-Favorit für das Finanzressort. Zudem soll er Vizekanzler werden. Offiziell bestätigen will das in diesen Tagen allerdings noch niemand. Das gilt auch für die Ämterverteilung innerhalb der Union, wobei niemand widersprechen mag, dass der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer als Minister für Inneres und Heimat nach Berlin wechseln wird. 

Die öffentliche Zurückhaltung hat ihren Grund. Die SPD hat seit Jahresbeginn 24339 Neumitglieder gewonnen, und von denen wurden viele aus Kreisen der Jusos geworben, die massiv Front gegen eine neuerliche Regierungsbeteiligung machen. Auch sie gehören zu den laut SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil 463723 Sozialdemokraten, die darüber entscheiden dürfen, ob eine neue Große Koalition zustande kommt. 

Die Parteiführung hat nichts unversucht gelassen, um ihren Mitgliedern ein „Ja“ schmackhaft zu machen. „Bildung, Pflege, Europa, Bauen und Wohnen: Viele Ergebnisse tragen eine soziale Handschrift. Hinzu kommen die wichtigen Ressorts Außen, Finanzen und Arbeit plus Familie, Justiz und Umwelt. Das ist stark“, analysierte der Berliner „Tagesspiegel“. 

Die Regierung, bisher nur geschäftsführend im Amt, plant offenbar, mit Geld um sich zu werfen. Aufgrund einer günstigen Wirtschaftslage mit entsprechend hohen Steuereinnahmen sowie niedrigen Zinsen ist so viel finanzieller Spielraum vorhanden wie selten zuvor. „Problematisch ist aus meiner Sicht, dass die Große Koalition auf dem Höhepunkt eines Aufschwungs die Gesamtausgaben ausdehnt“, sagte Clemens Fuest, Präsident des Wirtschaftsinstitut Ifo der „Frankfurter Allgemeinen“. „Das ist klassisch prozyklische Finanzpolitik. Besser wäre es, zwar neue Schwerpunkte zu setzen, aber existierende Ausgaben zu überprüfen und abzubauen. Das fehlt völlig.“ 

Nach allem, was bisher bekannt ist, sollen die Ausgaben steigen. Sicher ist, dass der Familiennachzug für Immigranten Hunderte Millionen pro Jahr kosten wird, wo die Einwanderungswelle den Steuerzahler ohnehin schon mit Milliarden-Ausgaben belasten wird. Eine große Steuerreform, auf die viele Bürger und auch die Wirtschaftsverbände hofften, lässt hingegen weiterhin auf sich warten. Der Solidaritätszuschlag soll jährlich um 2,5 Milliarden gekürzt werden, was bei einem zusätzlichen Steueraufkommen von 30 bis 45 Milliarden allerdings fast zu vernachlässigen ist. Dafür soll bei der Rente kräftig nachgebessert werden. Der Ausbau der Mütterrente wird 3,4 Milliarden Euro im Jahr kosten. Die Stabilisierung des Rentenniveaus bis 2025 kostet nach Schätzungen insgesamt rund vier Milliarden Euro, die zum größten Teil erst 2025 anfallen, allerdings auch nur dann finanzierbar sind, wenn die Konjunktur so stabil bleibt wie bisher. 

Eine Milliarde Euro sind vorgesehen, um Langzeitarbeitslose über ein spezielles Programm wieder an ein festes Arbeitsverhältnis heranzuführen. Dies war ein besonderer Wunsch der Sozialdemokraten. Zudem haben sich Union und SPD auf deutliche Einschränkungen bei grundlos befristeten Arbeitsverträgen geeinigt. Diese seien nur noch für eineinhalb statt wie bisher zwei Jahre zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer sei auch nur noch eine einmalige statt einer dreimaligen Verlängerung möglich. Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten dürften zudem höchstens 2,5 Prozent der Belegschaft sachgrundlos befristen. Auch hier hat sich die SPD durchgesetzt. Keinen Durchbruch erzielten die Genossen allerdings bei der Einführung einer Bürgerversicherung. Bisher konnte man sich nur auf die Einsetzung einer Kommission einigen, die eine gemeinsame Honorarordnung für Ärzte für gesetzliche und privat versicherte Patienten vorsieht.

Einen Schwerpunkt hat die angehende Koalition bei der Digitalisierung gesetzt. Zwölf Milliarden Euro will sie bis zum Jahr 2021 für den Glasfaserausbau ausgeben. Bis 2025 soll noch einmal dieselbe Summe fließen, wie es hieß. Denn danach plant die Koalition mit einem „Rechtsanspruch“ auf einen Anschluss ans Glasfasernetz. Dies ist vor allem deshalb interessant, weil ein Großteil der alten Leitungen dem früheren Staatsbetrieb Telekom gehört, der bisher ein Gegner des Glasfaserausbaus war. Offenbar will nun der Staat mit finanziellen Anreizen Fakten schaffen. Kostspielig ist auch das geplante Ganztagsangebot für Schüler, bei dem es sogar einen Rechtsanspruch auf Nachmittagsbetreuung in der Grundschule geben soll. Insgesamt 18 Milliarden könnten hier zusammen kommen, da wohl auch kräftig in die Infrastruktur investiert werden müsste. Auch wenn vieles noch im Vagen liegt, eines steht fest: Es wird Angela Merkels teuerste Koalition werden.