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16.02.18 / Die Frau »Im Bilde« / Hedwig Lachmann – Dichterin und Friedensaktivistin aus Pommern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 07-18 vom 16. Februar 2018

Die Frau »Im Bilde«
Hedwig Lachmann – Dichterin und Friedensaktivistin aus Pommern
Martin Stolzenau/tws

Die Oper „Salome“ kennt nahezu jeder. Ebenso die Filme „Die Reifeprüfung“ (mit Dustin Hoffman) und „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ (mit Elizabeth Taylor und Richard Burton). Mit allem hatte Hedwig Lachmann zu tun. Doch die aus Pommern stammende Dichterin, die vor 100 Jahren ein Opfer der Spanischen Grippe wurde, kennt kaum noch jemand. Aus ihrer Übersetzung von Oscar Wildes Drama „Salome“ schuf Richard Strauss seine Oper. Und einer ihrer Enkel, der in Berlin geborene Mike Nichols, machte Karriere als gefeierter Hollywoodregisseur.

Lachmann wirkte als Erzieherin, Übersetzerin, Dichterin und Pazifistin. Und doch blieb sie meist im Schatten solcher damaliger Be­rühmtheiten wie dem Dichter Richard Dehmel, mit dem sie lange Zeit eng befreundet war, und dem sozialistischen Autor Gustav Landauer, mit dem sie verheiratet war. Dabei schuf sie ihrerseits herausragende Werke. 

Lachmann wurde am 29. Au­gust 1865 in Stolp in Pommern als ältestes Kind von sechs Geschwistern einer jüdischen Gelehrtenfamilie geboren. Ein weiterführender Bildungsweg war dem Mädchen verwehrt. Abitur und Studium waren für Mädchen nicht vorgesehen. Da sie aber die Fremdsprachen gut beherrschte, machte Lachmann aus der Not eine Tugend. Sie bestand als 

15-Jährige in Augsburg das Examen als Sprachlehrerin und erteilte anschließend Privatunterricht. 1882 ging die junge Frau als Erzieherin erst nach England, ehe sie nacheinander in Dresden und Budapest als Erzieherin und Sprachlehrerin tätig war. Dazu kamen erste eigene Schreibversuche und Übersetzungen. 

Diese hatte sie im Gepäck, als sie sich 1889 in Berlin niederließ. Die aufstrebende Reichshauptstadt entwickelte sich damals zu einem Kulturzentrum. Hier machte sie die Bekanntschaft vieler Künstler wie des Dichters Dehmel und dessen Frau Paula. Dehmel förderte ihre Begabung und wünschte sich eine „Ehe zu dritt“. Das aber lehnte Lachmann ab, die sich stattdessen Landauer zu­wandte, den sie 1899 bei einer Lesung im Hause Dehmels kennengelernt hatte. Mit Folgen. 

Lachmann und der Intellektuelle Landauer, der für einen „anarchistischen Sozialismus“ eintrat, wurden schnell ein Paar. Doch Landauer war verheiratet. Da sich dessen Frau nicht scheiden lassen wollte, ging das Liebespaar nach England, wo beide als Übersetzer zusammenwirkten. Nach Landauers lange verzögerter Scheidung heiratete das Paar schließlich in Berlin, wo die junge Frau für den Unterhalt sorgte. Sie übersetzte Lyrik sowie Prosa aus dem Englischen, Französischen, Italienischen sowie Ungarischen ins Deutsche, brachte ihren eigenen Lyrikband „Im Bilde“ heraus und zwei Töchter zur Welt. Ihre Gedichte beeindruckten durch gefühlsmäßige Bewegtheit und Formenstrenge. 1906 erschien dann ihre Oscar-Wilde-Biografie.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges führte das Paar einen wahren Feldzug gegen die Kriegsbegeisterung. Das Ehepaar bekannte sich öffentlich zum Pazifismus und brach deshalb auch mit engsten Freunden wie Dehmel. Im württembergischen Krumbach, wohin das Paar gezogen war, kam zu den Existenznöten schließlich die tödliche Krankheit. Lachmann er­krankte an der Spanischen Grippe und starb am 21. Februar 1918.