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23.02.18 / Kardinal Zen gegen faule Kompromisse / Der streitbare Geistliche aus Hongkong kritisiert scharf die Vatikandiplomatie gegenüber Peking

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-18 vom 23. Februar 2018

Kardinal Zen gegen faule Kompromisse
Der streitbare Geistliche aus Hongkong kritisiert scharf die Vatikandiplomatie gegenüber Peking
Michael Leh

Der emeritierte Erzbischof von Hongkong, Joseph Kardinal Zen Ze-kuin, hat erneut die Vatikandiplomatie gegenüber der Volksrepublik China scharf kritisiert. Zen warnt vor einem „Ausverkauf“ der katholischen Kirche in China an das kommunistische Regime. Der aus Argentinien stammende Kurienbischof Marcelo Sánchez Sorondo hat unterdessen die Politik des Regimes gelobt.

Kardinal Zen äußert sich seit Langem kritisch zur Chinapolitik des Vatikans. Der 1932 in Schanghai geborene Zen hat auf seinem Internetblog am 29. Januar in Chinesisch und Englisch vor einer Fehleinschätzung des kommunistischen Regimes gewarnt. „Denke ich, dass der Vatikan den Ausverkauf der katholischen Kirche in China betreibt? Ja, definitiv, wenn er weiter in diese Richtung geht, die durch das, was sie in den letzten Jahren tun, deutlich wird“, schrieb der streitbare und geradlinige Geistliche. 

Zwischen Peking und dem Vatikan bestehen keine offiziellen diplomatischen Beziehungen. Solche unterhält der Vatikan noch mit Taiwan. Für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Peking würde der Vatikan Taiwan fallenlassen – das ist eine Grundbedingung des kommunistischen Regimes. Der Hauptstreitpunkt ist heute und seit Langem, wer Bischöfe ernennen darf.

Zen berichtete in seinem Blog auch über seine Romreise, die er am 9. Januar unternahm, um Papst Franziskus persönlich einen Brief des chinesischen Untergrundbischofs Peter Zhuang Jianjian zu übergeben. Der unter chinesischen Katholiken hoch angesehene 88-jährige Bischof Zhuang aus der Provinz Guangdong wurde von einer Vatikandelegation im Dezember in China aufgefordert zurückzutreten – und dies um Platz zu machen für den ohne Zustimmung Roms zum Bischof geweihten Huang Bingzhang, der deshalb exkommuniziert worden war.

Huang ist Mitglied der „Chinesischen katholischen patriotischen Vereinigung“. Nur diese ist vom Regime offiziell anerkannt und steht unter dessen Kontrolle, ebenso wie die Chinesische Bischofskonferenz. Auch der 59-jährige Untergrundbischof Joseph Guo Xijin von der Diözese Mindong wurde von der Vatikandelegation zum Rücktritt aufgefordert, ebenfalls zugunsten eines bisher illegitimen Bischofs der offiziellen Staatskirche, Zhan Silu. 

Wie der Vatikankorrespondent der in New York erscheinenden Jesuitenzeitschrift „America“ berichtet, sei geplant, dass der Papst für eine Übereinkunft mit Peking die Exkommunikation von Zhan und Huang sowie fünf weiteren bisher illegitimen Bischöfen aufhebt und sie als legitim anerkennt. Kardinal Zen betrachte das Vorgehen des Vatikans als Verrat an der Untergrundkirche. Viele ihrer Angehörigen hatten jahrzehntelang viel Leid für ihre Papsttreue ertragen müssen. Zen habe auch erklärt: „Keine Übereinkunft mit Peking ist besser als eine schlechte.“ 

In seinem Blog schrieb Zen, sein Pessimismus gründe in seiner langen Erfahrung mit der Situation der Kirche in China. Er verwies auch auf die verschärfte Religionsgesetzgebung. Am 1. Februar 2018 traten revidierte „Vorschriften für religiöse Angelegenheiten“ in Kraft. Darin heißt es in Paragraf 7: „Die Gründung, Veränderung oder Aufhebung einer religiösen Organisation muss gemäß den entsprechenden staatlichen Bestimmungen für die Verwaltung gesellschaftlicher Organisationen registriert werden.“ Und in Paragraf 4: „Der Staat schützt gemäß dem Gesetz normale religiöse Aktivitäten, er leitet die Religionen aktiv dazu an, sich an die sozialistische Gesellschaft anzupassen.“ Außerdem: „Religiöse Organisationen, religiöse Ausbildungsstätten, Stätten für religiöse Aktivitäten und religiös gläubige Bürger müssen die Verfassung, die Gesetze, Rechtsnormen und Regeln einhalten, die sozialistischen Kernwerte praktizieren … und die Stabilität der Gesellschaft wahren.“

Die Chinesische Bischofskonferenz ist bislang aufgrund der Zusammensetzung ihrer Mitglieder und ihrer Satzung nicht von Rom anerkannt. Sie ist satzungsgemäß verknüpft mit der „Patriotischen Vereinigung“. In der revidierten Satzung der Chinesischen Bischofskonferenz von 2016 heißt es, sie habe „an der Richtung auf Sinisierung festzuhalten und sich an die sozialistische Gesellschaft anzupassen“. Die Bischofskonferenz dient laut Satzung unter anderem dem Zweck, „dazu anzuleiten, die Verfassung, die Gesetze, die Rechtsnormen und die Politik des Staates zu befolgen“. In Paragraf 4 heißt es: „Die Bischofskonferenz untersteht der geschäftlichen Anleitung sowie der Beaufsichtigung und Verwaltung durch die Staatliche Administration für religiöse Angelegenheiten.“

Kardinal Zen hat letztes Jahr gegenüber dem in Königstein ansässigen kirchlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ zu den Verhandlungen zwischen Rom und Peking erklärt: „Die Staatsführung wird meines Erachtens kein anderes Ergebnis akzeptieren als die vollständige Unterwerfung der Kirche unter den Führungsanspruch der kommunistischen Partei.“ 

Das Regime setze die Christen der Untergrundkirche „mit sehr subtilen Methoden“ unter Druck. Bischöfe der Untergrundkirche seien zum Beispiel in der Karwoche zu politischen Schulungen zwangsverpflichtet worden. Für die Kommunisten drehe sich alles um Macht. Wer sich für Menschenrechte einsetze, werde unter der Herrschaft von Staats- und Parteichef Xi Jinping „unterdrückt, verfolgt, gedemütigt und in Propagandaprozessen verurteilt“.

Kurienbischof Marcelo Sánchez Sorondo, Kanzler der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften in Rom, der wie der Papst aus Argentinien stammt, hat unterdessen nach einigen Chinabesuchen das Regime bemerkenswert gelobt. In einem Interview erklärte er unter anderem, in China gälten beispielhaft die „Prinzipien des Schutzes von Leben und Umwelt“. Dort bestimme „die Wirtschaft nicht die Politik, wie es in den USA der Fall ist“. Und: „Es sind die Chinesen, die derzeit die Sozialdoktrin der Kirche am besten verwirklichen.“