26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
23.02.18 / Edles, Schönes und Schnelles / Start der Oldtimersaison bei der Bremen Classic Motorshow

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 08-18 vom 23. Februar 2018

Edles, Schönes und Schnelles
Start der Oldtimersaison bei der Bremen Classic Motorshow
Jan Heitmann

„Die Saison beginnt in Bremen“ ist der Slogan der Bremen Classic Motorshow, der ersten großen Klassikermesse zu Beginn des Jahres. Auch in diesem Jahr gab es hier wieder alles rund um das Thema historische Automobile und Motorräder, Junge Klassiker, historischer Motorsport, Ersatzteile und Zubehör zu sehen und zu kaufen. Und jede Menge Benzingespräche.

„Letztes Jahr war mehr“. Darin waren sich Aussteller und private Anbieter einig. Und ihr Eindruck trog sie nicht. Kamen 2017 noch über 45000 Besucher zur Bremen Classic Motorshow, waren es in diesem Jahr nur knapp 41000. Mit ihrem Besucherrückgang steht die Bremer Veranstaltung nicht allein. Selbst die beiden Leitmessen der Oldtimerszene, Retro Classics Stuttgart und Techno-Classica Es­sen, zählten nach jahrelangem Aufwärtstrend im Jahr 2017 deutlich weniger Gäste als in den Vorjahren. Der Grund: Die Oldtimerveranstaltungen haben inflationär zugenommen. Ihre Liste ist in diesem Jahr so lang wie nie zuvor, ohne dass die Zahl der Oldtimerenthusiasten entsprechend größer geworden ist. Inzwischen gibt es einfach zu viele, was am Ende allen schaden dürfte.

Die Bremer Messe kann immerhin von einem Alleinstellungsmerkmal profitieren: Früh im Jahr gelegen, markiert sie den Auftakt der Oldtimersaison. Und das nun schon zum 16. Mal. Dann wissen die Klassikerfahrer, dass es Zeit ist, ihre Schätze langsam aus dem Winterschlaf zu holen, damit sie fahrbereit sind, wenn sich endlich die Frühlingssonne durchgesetzt hat. Für die Klassikerfans ist die Veranstaltung ein wahres Dorado – zumindest für die aus dem Norden. Laut der Besucherbefragung nimmt knapp die Hälfte der Besucher eine Anreise von über 100 Kilometern auf sich, rund zehn Prozent reisen mehr als 300 Kilometer an. Schon das Sprachgewirr in der Kassenschlange zeigt, dass viele Besucher sogar aus dem Ausland kommen.

Ob von nah oder fern, die rund 660 Aussteller aus zehn Nationen sorgten dafür, dass jedem Oldti­merliebhaber etwas geboten wurde. Das galt gleichermaßen für den Be­sitzer eines Klassikers, der hier nach dem langgesuchten Ersatzteil fahndet, wie für denjenigen, der zum Einstieg in das Oldtimerhobby Ausschau nach einem günstigen Exemplar hält, oder für den Interessenten, für den ein Oldtimer nicht nur ein Liebhaberobjekt, sondern auch eine lukrative Geldanlage ist.

Schier unübersehbar ist das Angebot an Zubehör, Ersatzteilen sowie automobilen Historika und Dekorationsstücken. Auch wer nach Fachliteratur, alten Betriebsanleitungen oder Autoprospekten Ausschau hält, wird nicht enttäuscht. Diejenigen, die einfach nur Freude am Anblick schöner Klassiker haben, kommen auf der Bremer Messe ohnehin voll auf ihre Kosten. Überall blitzt und glänzt es und das in acht Hallen auf insgesamt rund 47000 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Auch wenn vierrädrige Fahrzeuge die Bremen Classic Motorshow dominieren, kommen hier die Liebhaber alter Motorräder ebenfalls auf ihre Kosten. Ihrem Hobby ist eine eigene Halle samt privater Verkaufsbörse gewidmet.

Highlights der Messe waren auch in diesem Jahr die Sonderschauen. Wie in einem eleganten Autosalon präsentierten sich zwölf Schnellreise-Coupés, darunter auch der Citroën SM von Leonid Breschnew. Nur in geringer Stückzahl gebaut, prägten sie von den 1950er bis in die 1970er Jahre die Vorstellung von einem luxuriösen Traumwagen. „Gran Turismo 2+2: Jetset für die Straße“, lautete der Titel der Sonderschau der edlen, eleganten und für ihre Zeit konkurrenzlos schnellen 2+2-Sitzer, die nicht nur Vertreter einer Fahrzeugklasse, sondern zugleich einer außergewöhnlichen Fahrkultur sind.

Die zweite Sonderschau der Bremen Classic Motorshow „Best of British – The TT-Legends“ zeigte Motorräder aus den großen Rennjahren der „Isle of Man Tourist Trophy“, dem berühmtesten Motorradrennen der Welt, das seit 110 Jahren ausgetragen wird. Zu sehen waren bis dahin noch nirgendwo gezeigte englische Rennmaschinen aus den Jahren 1914 bis 1962, darunter originale Siegermaschinen.

Eine besondere Faszination übten die in Halle 6 ausgestellten acht Überlebenden der US-amerikanischen Fahrzeugkultur der 1950er bis 1960er Jahre aus. „Survivors“, so auch der Name der Sonderausstellung, sind unrestaurierte Fahrzeuge mit Originallackierung, an denen Oxidation, Abnutzung, Sonnenlicht und Stoffe aus der Atmosphäre ordentlich Alterungsspuren hinterlassen haben. Auch wenn sie in den Augen unwissender Ignoranten heruntergekommen sind und in die Schrottpresse gehören, zahlen Liebhaber für solche Autos mit Patina nicht selten höhere Preise als für restaurierte Exemplare.

Wie bei vielen anderen, so war auch bei ihnen der Krieg der Vater aller Dinge: Geländewagen. Mit einer Auswahl von sechs Fahrzeugen zeichneten die Messe Bremen und das Münchner Fachmagazin „Off Road“ mit einer Auswahl von sechs berühmten Fahrzeugen vom Urvater dieser Fahrzeugart, dem Willys-Overland MB, über den seit Jahrzehnten nahezu unverändert gebauten Land Rover bis zum Mercedes G deren Geschichte nach.

Erstmals waren auf der Bremen Classic Motorshow auch nicht motorisierte Zweiräder zu sehen und zu haben. So präsentierten Sammler und Händler im Messe-Foyer die Sonderschau „Stahlrenner“ mit rund 40 Fahrradraritäten, an denen sich die Entwicklung von Design und Technik im Verlauf des 20. Jahrhunderts ablesen ließ.

Wer sich für einen Old- oder Youngtimer im eher unteren Preissegment interessierte, besuchte die mit 250 Exponaten wieder komplett ausgebuchte private Fahrzeugbörse im Messe-Parkhaus. Hier ging das Angebot quer durch den Garten, sowohl was die Marken als auch die Baujahre und Preise betrifft. Während in den Hallen fast alle Exponate in tadellosem Zustand waren, hatte an manchen der hier angebotenen Fahrzeuge schon der Zahn der Zeit genagt. Immerhin, bei denen sah man wenigstens, woran man war. Für den Verkauf aufgehübschte Autos, bei denen man nicht sehen konnte, was sich unter Spachtel und Lack verbirgt, waren nämlich auch hier ein Problem. Wenn die Arbeiten dann auch noch dilettantisch ausgeführt worden waren, sorgte das für Unmut beim Publikum. So bekam mancher Verkäufer, der sein Fahrzeug als tadellos anpries, einiges zu hören und blieb am Ende auf dem vermeintlichen Schmuckstück sitzen.

Mittlerweile hat sich eine rege Club-Szene entwickelt, was auch der Attraktivität der Bremer Messe zu Gute kommt. Nach Schätzungen des ADAC gibt es in Deutschland rund 3000 Oldtimer-, Youngtimer- und Markenclubs, die von einigen traditionsbewussten Herstellern gezielt gefördert werden. Wie vielfältig die Szene ist, konnte man bei den Präsentationen der Clubs in Halle 5 sehen, von denen sich rund 100 dem Publikum vorstellten. An ihren Ständen konnte man nicht nur anregende Benzingespräche führen, sondern sich auch wertvolle Ratschläge hinsichtlich Kauf, Restaurierung und Reparatur des betreffenden Typs holen. Den kennt eben niemand so gut wie einer, der einen hat und sich ihm mit Hingabe widmet.

Auch wenn „letztes Jahr mehr war“, ist die Messeleitung mit Verlauf und Ergebnis der diesjährigen Bremen Classic Motorshow zufrieden. Deshalb wird es auch im Februar nächsten Jahres wieder für die Klassikerenthusiasten aus dem Norden heißen: Auf an die Weser.