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02.03.18 / »Der Trend heißt Hoffnung« / Wehrbeauftragter zeichnet desaströses Bild vom Zustand der Bundeswehr – Ministerin kneift bei Vorstellung seines Berichts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-18 vom 02. März 2018

»Der Trend heißt Hoffnung«
Wehrbeauftragter zeichnet desaströses Bild vom Zustand der Bundeswehr – Ministerin kneift bei Vorstellung seines Berichts
Jan Heitmann

Ein Freiwillig Wehrdienstleistender … wurde als Panzergrenadier eingeplant. Bei seiner Ankunft in der Einheit musste er zunächst feststellen, dass es dort keine Panzer gibt. Beschäftigt wurde er nicht, er vertrieb sich die Zeit mit Handy und Fernsehen.“ Das ist nicht etwa ein in der Bundeswehr kursierender Witz, sondern so steht es im jüngsten Jahresbericht des Wehrbeauftragten Peter Bartels (SPD). Darin zeichnet er ein desaströses Bild vom Zustand der Bundeswehr, das selbst die negativsten Medienberichte der vergangenen Wochen bestätigt.

Bartels bemängelt, dass die von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angekündigte „Trendwende“ von „Verwaltung des Mangels hin zur materiellen Vollausstattung“ nur sehr zäh laufe. Teilweise seien sogar herbe Rück-schläge zu verzeichnen gewesen, was er an zahlreichen Beispielen eindrucksvoll belegt. So sei zum Ende des vergangenen Jahres keines der in Dienst gestellten 14 A400M-Transportflugzeuge einsatzbereit gewesen. Von den Eurofightern, Tornados, Transall-Trans- portmaschinen und den Hubschraubern seien „zu viele an zu vielen Tagen im Jahr nicht einsatzklar“ gewesen. Auch von den sechs Unterseebooten der Marine sei Ende des Jahres „kein einziges betriebsfähig“ gewesen. Und die Einsatzbereitschaft der Kampfpanzer Leopard 2 habe mit nur noch 95 von 244 vorhandenen Exemplaren zum Ende des Berichtsjahres „grundsätzlich eine kritische Marke erreicht“. An finanziellen Mitteln habe es im vergangenen Jahr zwar nicht gefehlt, aber laufende Rüstungsprojekte litten allzu oft unter schleppender Auslieferung, eingeführtes Gerät sei zu oft nicht einsatzbereit, und überall fehle es an Ersatzteilen. Aber auch die Versorgung der Soldaten mit persönlicher Ausrüstung, beispielsweise mit Schutzwesten, sei „trotz einiger Fortschritte weiterhin ungenügend“. 

Die Personalsituation in der Truppe bezeichnet der Wehrbeauftragte als „extrem angespannt“. Bis zum Jahr 2023 solle die Sollstärke der Bundeswehr zwar um 12000 Dienstposten auf insgesamt 198000 Soldaten erhöht werden, doch von der Realisierung dieses Ziels sei man derzeit noch weit entfernt.

Aus dem Verteidigungsministerium hört man dazu allerdings ganz andere Töne. „Bundeswehr unverändert als Arbeitgeber attraktiv“, ließ es wenige Tage vor der Veröffentlichung des Wehrbeauftragten-Berichts verlauten. Das Bewerber- aufkommen sei „auf einem konstant hohen Niveau“. Seit der Einleitung der „Trendwende Personal“ im Sommer 2016 sei die Truppe „kontinuierlich aufgewachsen“. Bartels beeindruckt dieses Eigenlob nur wenig. Die derzeitige Ist-Stärke – rund 170000 Berufs- und Zeitsoldaten sowie rund 9000 Freiwillig Wehrdienstleistende – sei „noch längst kein Meilenstein“ wie vom Verteidigungsministerium behauptet, moniert er.

Bei der Vorstellung seines Berichts richtete Bartels klare Worte an die politische Leitung: „… ist die materielle Einsatzbereitschaft der Truppe in den vergangenen Jahren nicht besser, sondern tendenziell noch schlechter geworden. Die proklamierten ,Trendwenden‘ für Personal, Material und Finanzen sind unbedingt zu begrüßen. Nur macht die Proklamation allein noch nichts besser.“ Wie wenig er an den Erfolg dieser „Trendwenden“ glaubt, machte er am Ende seiner Ausführungen deutlich: „Der Trend heißt Hoffnung.“

Wohl wissend, dass die Konfrontation mit den Folgen ihres Versagens als Ministerin für sie höchst unangenehm werden würde, zog Verteidigungsministerin von der Leyen es vor, der Veranstaltung fernzubleiben und den ihr in verhängnisvoller Treue ergebenen Generalinspekteur Volker Wieker vorzuschicken. Dessen krampf- haftes Bemühen, die von Bartels nachgewiesenen Missstände zu bagatellisieren, ließen seinen Auftritt zur Peinlichkeit geraten. „Wenn der Rückgrat hätte, würde er seinen Dienst quittieren“, raunte dann auch ein Journalist vielsagend in den Raum.