24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.03.18 / Jobkiller Digitalisierung? / Bitkom rechnet mit dem Verlust von 3,4 Millionen Arbeitsplätzen bis 2023

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-18 vom 02. März 2018

Jobkiller Digitalisierung?
Bitkom rechnet mit dem Verlust von 3,4 Millionen Arbeitsplätzen bis 2023
Friedrich List

Die nächsten Umbrüche in der Arbeitswelt werden verstärkt die sogenannten Wissensarbeiter mit qualifizierter Ausbildung betreffen und auch das mittlere Management nicht verschonen. Ob die Arbeitsplatzverluste durch Neuqualifizierungen, Umschulungen, neue Berufsfelder oder den demografischen Wandel aufgefangen werden können, bleibt abzuwarten.

Ein flächendeckendes Glasfasernetz und damit schnelles Internet auch im ländlichen Raum, vernetzte Klassenzimmer, Ausbau des Mobilfunknetzes – die neue Regierungskoalition hat sich für die Modernisierung Deutschlands hohe Ziele gesetzt. Die sogenannte Digitalisierung soll Deutschlands Zukunft sichern. Was an vielen Stellen als „Industrie 4.0“ oder „Internet der Dinge“ bezeichnet wird, nämlich die immer stärkere und wirkmächtigere elektronische Vernetzung in der Industrie und in den Betrieben, soll weiter vorangetrieben werden. 

Die Digitalisierung der Arbeitswelt wird nicht nur positive Folgen haben. Wie bei früheren Stufen der Modernisierung werden auch dieses Mal nicht nur neue Berufsfelder und Arbeitsplätze entstehen. Es wird auch Verluste geben. Denn hinter den gegenwärtigen Entwicklungen verbergen sich nicht einfach nur neue Technologien. Selbststeuernde Fertigungsstraßen und intelligente Computer-Netzwerke, die große Datenmengen verwalten und administrative Routinen selbst abarbeiten – diese Innovationen werden auch viele Jobs in Vertrieb und Management überflüssig machen. Schon jetzt können Un-ternehmen beispielsweise auf große digitale Speicherkapazitäten und aufwendige Rechenzentren verzichten. Stattdessen werden je nach Bedarf so viele Kapazitäten angemietet, wie gerade gebraucht werden. 

Der Branchenverband Bitkom, der die Telekommunikations- und IT-Industrie vertritt, präsentierte Anfang Februar Zahlen zur wahrscheinlichen Beschäftigungsentwicklung. Die Bitkom-Experten erwarten, dass die Digitalisierung in den nächsten fünf Jahren rund 3,4 Millionen Jobs kosten wird. Bei den Jobs wird es nicht bleiben. Die Experten gehen davon aus, dass komplette Berufsprofile völlig verschwinden. In den nächsten 20 Jahren sei die Hälfte aller Berufsbilder bedroht. 

Wie eine Studie, welche die Stiftung Neue Verantwortung zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stiftung bereits im August 2017 vorgelegt hat, zeigt, fallen durch den technologischen Wandel vor allem Arbeitsplätze im Handel und im Finanzsektor weg, somit also Jobs, die bislang als recht krisensicher galten. Damit zeichnen sich auch in der Dienstleistungsbranche Entwick-lungen ab, die im produzierenden Gewerbe längst stattfinden. Die Fachwelt ist uneins darüber, ob an anderer Stelle genug neue Jobs entstehen.

Treiber dieser Entwicklung sind die stark gewachsenen Rechenleistungen von Computern, die Verfügbarkeit von großen Datenbeständen sowie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und selbstlernenden Computerprogrammen. Hinzu kommen Spracherkennungssysteme, die telefonisch Routineanfragen beantworten können. Diese sparen zusammen mit intelligenten, selbstlernenden Computerprogrammen Einzelhandels- und Bürokaufleute ein, indem sie deren Routineaufgaben übernehmen. Durch die Intelligenz im System selbst lassen sich auch viele Routineentscheidungen automatisieren. Wertpapierhändler können eingespart werden, weil Computerprogramme ihre Aufgaben übernehmen. So ersetzt beim US-Bankhaus Goldman Sachs ein Software-Ingenieur vier Devisenhändler. 

Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das zur Bundesagentur für Arbeit gehört, hat untersucht, wie sehr menschliche Arbeit durch Maschinenintelligenz ersetzt werden kann. Laut der Studie sind davon mehr als acht Millionen Menschen in Deutschland betroffen. Selbstlernende Programme werden über kurz oder lang Wareneingänge kontrollieren, Steuererklärungen oder Versicherungsanträge prüfen oder aber im Personalwesen eine erste Auswahl unter Bewerbern für eine ausgeschriebene Stelle treffen.