24.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
02.03.18 / Der weibliche Bluff / Eine Luxusfrau lenkt beim Pokern ab – Der Film »Molly’s Game«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-18 vom 02. März 2018

Der weibliche Bluff
Eine Luxusfrau lenkt beim Pokern ab – Der Film »Molly’s Game«
H. Tews

Filme mit Heldinnen sind derzeit gefragt wie nie. Damit trägt vor allem Hollywood der Tatsache Rechnung, dass das Kinopublikum immer weiblicher wird. Außerdem wird jede Sexismus-Kritik durch weibliche Besetzung gleich im Keim erstickt. Und die Frauenquote wird nebenher auch noch erfüllt.

Mit Francis McDormand in „Three Billboards Outside Eb­bing“ und Meryl Streep in „Die Verlegerin“ glänzten zuletzt zwei Stars reiferen Alters. Die noch jugendlich wirkende Jessica Chastain soll vom 8. März an mit „Molly’s Game – Alles auf eine Karte“ ein deutlich jüngeres Pu­blikum in die Kinos locken. Das trendige Spiel, das die Molly im Film spielen lässt, Poker nämlich, soll seinen Teil dazu beitragen.

Als verhinderte Winterolympionikin schafft diese Molly Bloom den kurzen, rasanten Aufstieg von einer Kellnerin zu einer Organisatorin von illegalen Pokerrunden, bei der sie bis zu vier Millionen Dollar pro Jahr einstreicht. Das wäre lange gutgegangen, hätte sie nicht die Russenmafia und einen Finanzbetrüger, der seine über ein Schneeballsystem erworbenen Millionen verzockte, mit am Tisch sitzen gehabt. Eines Tages steht das FBI mit automatischen Waffen vor ihrer Tür, um sie wie eine Schwerverbrecherin abzuführen.

Die Geschichte der Molly Bloom ist authentisch. Die reale Molly hat darüber ein Buch geschrieben, das den Zeitgeschmack traf, da Frauenthemen groß in Mode sind. Drehbuchautor Aaron Sorokin, der auch die Bücher zu dem Justizfilm „Eine Frage der Ehre“ (1992) und „The Social Network“ (2010) über Facebookgründer Mark Zuckerberg verfasst hatte, führte nun erstmals auch Regie. Man kann ihm zugu­tehalten, dass er sich nicht lange mit den Geheimnissen des Pokerspiels aufhält. Regelunkundigen Zuschauern erklärt er per Einblendungen, was ein „Call“, „Fish“ oder „Straight“ ist.

Sein Hauptaugenmerk gilt der Protagonistin, die ihrerseits ein unklares Spiel treibt. Blufft sie, wenn sie ihrem Staranwalt eine Viertelmillion Dollar Honorar verspricht, ob­wohl das FBI gerade ihr Vermögen konfisziert hat? Ahnte sie etwa, das ihr Fall verfilmt wird und sie bald zu Geld kommt? Und waren ihre Pokerrunden, an denen auch Stars wie Leonardo DiCaprio oder Ben Affleck teilnahmen, wirklich illegal? Geheim, ja. Aber verboten? Mit Hinweis auf die Zocker an der nahen Wall Street, die unseriöse Geldgeschäfte im weit größeren Stil betreiben, verurteilte sie ein New Yorker Richter zu lediglich 200 Stunden Sozialarbeit.

Sorokin hat ein 140-minütiges, solides Regiedebüt abgeliefert. Hinter dem Bluff der Molly kommt aber auch er nicht, weil er bevorzugt auf ihre Luxuskostüme schaut statt in ihre Seele.