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02.03.18 / Deutschlands schönste Alma Mater / Auf einer europaweiten Rangliste von »Times Higher Education« belegt die Rostocker Universität den vierten Platz

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 09-18 vom 02. März 2018

Deutschlands schönste Alma Mater
Auf einer europaweiten Rangliste von »Times Higher Education« belegt die Rostocker Universität den vierten Platz
Albrecht Willebrand

Das Londoner Magazin „Times Higher Education“ ist bekannt für seine akademischen Ranglisten (Rankings) der Qualität der Hochschulbildung. Jüngst hat es sich der Ausstrahlung und Schönheit der europäischen Universitätsgebäude angenommen. Mit der Universität Rostock erlangte eine deutsche nach denen von  Bologna, Salamanca und Coimbra den vierten Platz.

Rostock ist jedoch nicht nur gemäß dieser Rangliste die schönste Alma Mater Deutschlands, sondern darüber hinaus auch die älteste im Ostseeraum. Bereits im Mittelalter, nämlich im Jahre 1419, wurde sie von den Herzögen zu Mecklenburg Johann IV. und Albrecht V. gemeinsam mit der Stadt Rostock gegründet. Ihr Leitspruch ist seither: „Traditio et Innovatio“ (Tradition und Innovation).

Die höchste Blüte der Kultur und Bildung erreichten das Land und seine Uni, die heute auch als „Leuchtturm des Nordens“ bezeichnet wird, unter dem Renaissancefürsten Johann Albrecht I. (1525–1576). Er schuf auch die auf das Studium vorbereitenden Gymnasien. Als Fürst voll der glühenden Begeisterung für jegliche Art von Bildung wird der Herzog zu Mecklenburg beschrieben. Die von ihm 1553 gegründete Fürstenschule soll hinter dem Glanz der besten italienischen Schulen nicht zurück­gestanden haben. Die vortreffliche Bildung der Schweriner Schule sprach sich herum und Schüler vieler Länder kamen auf dieses Gymnasium. Der Fürst hatte den Direktor und drei Lehrer aus Meißen als die hellsten Köpfe der dortigen Fürstenschule aus dem gebildeten Sachsen an seine Schule geholt. Bildung wurde nicht zerredet, sondern organisiert.

Das 1567 in Rostock erbaute Unigebäude war nach 300 Jahren marode und die Räumlichkeiten beengt. Bei einem Besuch des Großherzogs Friedrich Franz II. an der Uni im Jahre 1864 bat ihn der Rektor um Unterstützung für einen Neubau. Das griff er willig auf, um in den Olymp der Bildungsförderer seiner Vorfahren aufgenommen werden zu können. 

Sein Architekt, Hofrat Hermann Willebrand, schuf mit dessen Mitarbeitern das heutige Hauptgebäude, die Identität der Uni schlechthin. Das Nebengebäude, Neues Museum genannt, hatte dieser bereits 1842 als entwerfender Architekt für seinen Chef Georg Adolf Demmler kreiert.

Die Stilwahl für das Hauptgebäude fiel nicht schwer. Der in nationaler Tradition stehende vaterländische Baustil der italienisch inspirierten Mecklenburgischen Renaissance unter dem Fürsten Johann Albrecht I. stand in der Staatsarchitektur in hohem Ansehen und traf genau die Gefühlswelt des Regenten. 

Johann Albrecht I. hatte auch eine fürstliche Baulust. Seine Bauten, namentlich der Fürstenhof in Wismar, standen im Land wie steinerne Schnittmusterbögen, derer sich nachfolgende Architekten bedienen konnten. Auch der Preußische Architekt Friedrich August Stüler hat 1848 das Formengut und den Bauschmuck vom Fürstenhof eigenhändig skizziert und stilecht auf seine Universität in Königsberg übertragen. Die Übernahme ist laut dem Hamburger Architekturhistoriker Olaf Bartels evident. Stülers Uni in Königsberg und die seines Schülers Wille­brand in Rostock haben dieselbe mecklenburgische Urquelle.

Willebrand hat mit seiner sorgsam gestaffelten Tektonik der Geschosse, deren farblichen Kontrast und dem Bauschmuck aus Skulpturen und Terrakotten einen Neorenaissancebau geschaffen, der durch den Detailreichtum und die gefällige Gesamtwirkung eine Aura generiert, die den hohen Stimmungswert des Gebäudes ausmacht.

Auch im Innern setzt er in der Aula mit Gestaltungselementen und einer festlich wirkenden Farbwahl von Prunksälen des Schweriner Schlosses Akzente seines Könnens. Alle seine Schweriner Gewerkemeister setzte er bei dem Bau ein, die seine höfischen Entwürfe künstlerisch vollendet umsetzen konnten. Nicht umsonst wird der Bau auch „Wissenschaftsschloss“ genannt, wohingegen die Studenten die Aula spöttisch noch heute als „Bernsteinzimmer“ bezeichnen. Friedrich Franz II. war von der Schöpfung seines Architekten so angetan, dass er ihn anlässlich der Einweih­ung der Uni, 1870, zum Ritter der Wendischen Krone ernannte. 

Auch das Schloss Schwerin wurde von ihm 1844 entworfen. Da der Mecklenburgische Landtag im Schloss residiert, wurde das Märchenschloss als schönstes Parlamentsgebäude Deutschlands gekürt. Mehr Superlative kann ein Architekt kaum auf sich vereinen.

„Zwischen 1840 und etwa 1880“ war Willebrand, so die aus dem 20. Jahrhundert stammende Einschätzung des renommierten Schweriner Kunsthistorikers und Denkmalpflegers sowie besten Kenners der Architektur und Architekten Mecklenburgs, Horst Ende, „der bedeutendste der Architekten, die in Mecklenburg tätig waren. Alle Zeitgenossen, die vor ihm und nach ihm kamen, kommen auch insgesamt an seine Bedeutung nicht heran. Er war der beste der Architekten, kann man mit gutem Gewissen sagen, also nicht nur in seiner Zeit, sondern in der ganzen Reihe vom frühen neunzehnten bis zum aus­ge­hen­den (20.) Jahrhundert war er derjenige, der am besten gearbeitet hat, am besten gezeichnet hat und auch die besten Entwürfe geliefert hat.“