16.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
09.03.18 / Sündenpfuhl und Sehnsuchtsort / Noch immer haften der Filmmetropole Hollywood diese Attribute an

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-18 vom 09. März 2018

Sündenpfuhl und Sehnsuchtsort
Noch immer haften der Filmmetropole Hollywood diese Attribute an
Dirk Pelster

Ist Hollywood ein Sündenpfuhl oder ein Sehnsuchtsort? Nicht für jeden schließt das eine das andere aus.

Noch am Ende des 19. Jahrhunderts war die kleine Landgemeinde vor allem für den Anbau von Zitrusfrüchten bekannt. Erst 1910 fand die Eingemeindung in die benachbarte Stadt Los Angeles statt. Schnell begann das einstmals verschlafene Örtchen zu prosperieren. 

Ebenfalls 1910 entdeckte der aus Kentucky stammende Regisseur David Wark Griffith während einer Durchreise Hollywood und nutzte noch im selben Jahr die zunächst noch weitestgehend unangetastete Gemeinde als Kulisse für seinen Film „In Old California“, dessen Handlung in der Zeit der spanischen und mexikanischen Herrschaft über den heutigen US-Bundesstaat spielt. Griffith drehte dort für seine New Yorker Firma noch einige weitere Filme. 

1911 eröffnete David Horsley, einer der Pioniere der US-amerikanischen Filmindustrie, hier ein eigenes Filmstudio. Damit war der Startschuss für einen beispiellosen Aufstieg des kleinen kalifornischen Ortes gegeben. Während zu Beginn der Film­ära noch New York die bestimmende Metropole der amerikanischen Filmindustrie war, so eröffneten schon recht bald alle wichtigen Studios Dependancen in dem an der Westküste gelegenen Hollywood. 

Diese Beliebtheit resultierte aus verschiedenen juristischen Vorteilen, aber auch aus den für Außenaufnahmen günstigen Tageslichtverhältnissen. Vor allem jüdische Einwanderer aus Europa zog es in den von Orangenhainen eingebetteten Stadtteil von Los Angeles. Noch heute zählen die von ihnen gegründeten Firmen wie etwa Warner Brothers, Metro-Goldwyn-Mayer, Columbia oder Paramount zu den bekanntesten Studios, auch wenn in der Branche seitdem zahlreiche Fusionen und Eigentümerwechsel stattgefunden haben. 

Die Produktion von Filmen war in diesen frühen Jahren reine Fließbandarbeit. Das Geschäft lohnte sich. Während die Filmindustrie auf dem vielsprachigen europäischen Kontinent kleinteiliger angelegt war, konnten die US-Amerikaner für einen großen nationalen Markt produzieren. Auch die Filmindustrie der Vereinigten Staaten profitierte vom Ersten Weltkrieg. Durch diesen verlor der zunächst führende französische Film an Bedeutung. Bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde Hollywood zum weltweit führenden Produktionsort. Der Industriezweig errang schließlich gar den sechsten Platz unter den bedeutendsten Wirtschaftsbranchen der USA. Da Filme zu dieser Zeit noch ohne Ton abgedreht wurden, stellten Sprachbarrieren keine relevanten Hindernisse dar und die Produktionen ließen sich weltweit vermarkten. 

Schwierigkeiten ergaben sich beim inländischen Vertrieb allerdings durch die Zensur. Nach der Rechtsprechung des Obersten Bundesgerichtes wurde die Vorführung von Spielfilmen zunächst als reiner Kommerz betrachtet. Dementsprechend konnten die Produzenten nicht das den US-Amerikanern ansonsten als heilig geltende Recht auf freie Meinungsäußerung für sich beanspruchen. Aus diesem Grund wurden von den lokalen Behörden nach häufig sehr unterschiedlichen Maßstäben ganze Passagen aus Filmen herausgeschnitten, etwa, weil sie als unzüchtig oder zu gewalttätig galten. Selbst das Zeigen von Alkoholkonsum wurde vereinzelt beanstandet. 

Damit war der Grundstein für eine sich bis heute durch die Geschichte von Hollywood hindurch ziehende Doppelmoral gelegt. Während im größten Teil der USA ein Klima der Prüderie vorherrschte, knallten in der Filmmetropole selbst zu Zeiten der Prohibition die Sektkorken. Immer wieder kam es zu Skandalen in diesem Mikrokosmos, der sich in seiner Lebensart nicht deutlicher von dem Rest der ihn umgebenden Gesellschaft hätte unterscheiden können. 

Da einzelne Kirchen und Teile der Presse die Verhältnisse in Hollywood immer wieder massiv geißelten, beauftragten die wichtigsten Filmgesellschaften 1930 den ehemaligen Postminister Will Hays damit, einen Moralkodex für die Herstellung von Filmen zu erarbeiten. Intensive Küsse, die ungebührliche Darstellung von Geistlichen, übermäßige Gewalt, vulgäre oder blasphemische Äußerungen – all dies sollte fortan nicht mehr gezeigt werden. Der Hays-Code war damit ein direkter Vorläufer der Political Correctness von heute, wenn auch mit anderen Akzenten, denn gemischtrassige Paare oder homoerotisch interpretierbare Darstellungen waren ein Tabu für die Leinwand. Vor allem sollte in Filmen stets das Gute obsiegen. Zumindest die letzte Vorgabe des bis 1967 geltenden Hays-Code hat sich bis heute erhalten. Während die Helden der alten europäischen Sagen am Ende der Geschichte zumeist tot waren, muss der Protagonist eines US-amerikanischen Spielfilms bis heute nicht mehr als ein paar Schrammen fürchten.