18.04.2024

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09.03.18 / In Cinderellas Schatten / Ein Filmjuwel aus den USA – »Florida Project« im Lande Disneys

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 10-18 vom 09. März 2018

In Cinderellas Schatten
Ein Filmjuwel aus den USA – »Florida Project« im Lande Disneys
Harald Tews

Das Hollywood-Kino zeigt uns stets nur die Hochglanzseiten der USA. Laut dieser Filmpropaganda scheinen alle den Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär längst ge­schafft zu haben. Dabei gibt es noch unzählige Tellerwäscher, für die der amerikanische Traum nur ein lebenslanger Traum bleibt. Diese täglich anwachsende Masse sozial Abgehängter hat Donald Trump mit ins Amt gewählt. Doch diese Tatsache blendet Hollywood meist aus.

Mit „The Florida Project“ startet am 15. März ein bemerkenswerter Film in den Kinos, der die Schattenseiten der US-Kultur auf geniale Weise vorstellt. Er spielt quasi im Schatten von Cinderellas im Vergnügungspark von Disney World gelegenem Märchenschloss in Orlando/Florida. Und das Schöne: Der Kontrast zwischen Arm und Reich, zwischen Märchen und Realität kommt ohne moralische Anklage aus.

Das liegt auch daran, dass der Film von Regisseur und Autor Sean Baker konsequent aus der Perspektive von Kindern gedreht ist, für die auch ein entbehrungsreiches Leben aus voller Abenteuern besteht. Zentrum des Geschehens ist ein billiges, rosa angemaltes Motel, in dem die sechsjährige Moonee mit ihrer jungen Mutter lebt. Solche schäbigen Absteigen sind die Heimat von immer mehr US-Amerikanern, die sich eine normale Mietwohnung nicht mehr leisten können.

Auch Moonees alleinerziehende Mutter Halley zählt zu diesen „heimlichen Ob­dachlosen“ und muss jederzeit damit rechnen, mit ihrer Tochter auf der Straße zu landen, wenn sie das Motelzimmer nicht mehr bezahlen kann. Wie sie zu Geld kommt, erfährt man indirekt aus Kinderblick. Wenn die Mutter ihr Kind im Bad alleinlässt und dort plötzlich ein fremder Mann auftaucht, so hatte sie offenbar durch Prostitution gerade etwas hinzuverdient.

Für die rotzfreche Moonee und ihre Freunde ist die Motelanlage ein einziger Abenteuerspielplatz. Väterlicher Halt ist dabei Willem Dafoe als Hotelmanager Bobby. Als einziger Schauspielstar in diesem Film ist er aber auch eine Stütze für die Schar an Laiendarstellern, denen er sich so völlig uneitel unterordnet, was ihm eine Oscar-Nominierung als bestem Nebendarsteller eingebracht hat.

Wahrer Star dieses Films ist aber die junge Brooklynn Prince, die als enthemmte Moonee gänzlich spontan redet und spielt. Regisseur Baker lässt die auf Augenhöhe des Mädchens angebrachte Kamera einfach mitlaufen und nimmt sich mit langen Einstellungen viel Zeit, um die Sehnsüchte des Kindes zu verfolgen. Am Ende reißt es zu Cinderellas Schloss nach Disney World aus. In diesem wunderbaren Filmjuwel aus den USA erfüllt sich wenigstens auf diese Weise ein amerikanischer Traum.