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16.03.18 / Ein Riss geht durch die CDU / Selbst Parteifreunde kritisieren Jens Spahns Äußerungen zu den Tafeln

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-18 vom 16. März 2018

Ein Riss geht durch die CDU
Selbst Parteifreunde kritisieren Jens Spahns Äußerungen zu den Tafeln
Florian Stumfall

Noch stand die neue, mit Schmerzen erwartete Bundesregierung nicht, da hatte sie bereits ihr erstes Aufreger-Thema – unvermutet und von ungewöhnlicher Seite. Angela Merkels Taktik-Besetzung für das Amt des Gesundheitsministers, Jens Spahn, machte eine Bemerkung dahingehend, dass auch ohne die Einrichtung der Tafeln in Deutschland niemand hungern müsste. Und schon gehörten die Schlagzeilen ihm.

Natürlich – das Stichwort „Tafel“ ist seit dem Essener Reglement und der Reaktion der Kanzlerin, die unkundig, aber heftig ausgefallen war, ohnehin gefährlich. Da stand der Fettnapf für Spahn schon bereit zum Hineintreten. Was den neuen Gesundheitsminister auszeichnet, ist, dass er sich mit Politikern aus allen Reihen und Parteien angelegt hat – bei den beiden Unions-Schwestern finden sich solche, die ihm zustimmen und andere, die ihn tadeln. Die Kanzlerin jedenfalls lässt Spahn durch ihre neue Generalsekretärin abbürsten. Die Linke in ihren verschiedenen Schattierungen zeigt Einhelligkeit in der Ablehnung, FDP und AfD sind eher zurückhaltend.

Da tut es not, genauer hinzusehen, wie der inkriminierende Satz heißt: Auch ohne die Tafeln müsste hierzulande niemand hungern 

– dann der Aufschrei – und was nachfolgte, ging im Getöse unter. Spahn hatte nämlich den Satz mit dem Hinweis beendet, Deutschland verfüge über eines der besten Sozialsysteme der Welt. Und hier wird es interessant: Gilt die schroffe Ablehnung auch für diesen zweiten Teil?

Ein Weiteres kommt hinzu. Die Tafeln sind eine rein private Einrichtung. Allein dieser Umstand hätte es verboten, dass sich die Politik, allen voran die Kanzlerin, richtend und rechtend in die Sache einmischt. Wäre mit dem vorübergehenden Ausschluss einzelner Bevölkerungsgruppen ein Straftat­- bestand erfüllt gewesen, was nicht der Fall war, so hätte das die Staatsanwaltschaft interessieren müssen, nicht das Bundeskanzleramt. War der Vorgang rechtens, so geht er niemanden etwas an.

So scheint denn auch die Empörung über die Causa Tafel/Spahn die Kraft ihrer Wut weniger aus sich selbst zu beziehen, sondern aus einem lange und heftig aufgestauten Missvergnügen während des halben Jahres der Verhandlungen, Streitereien, schmerzlichen Kompromisse und Enttäuschungen. Dafür, dass die kommende Zeit von politischer Stabilität geprägt sein könnte, ist das kein Zeichen. Darauf weist auch eine Äußerung von SPD-Seite hin, die so etwas wie grundsätzlichen Charakter trägt: Die Aussage Spahns, so hieß es, zeige den Unterschied zwischen der SPD und den Unionsparteien.

Nur – das ist nicht ganz richtig. Das Pro und Kontra, das sich am Thema Tafel manifestiert und sich an einem beliebig anderen Gegenstand ebenso hätte entzünden können, trennt weniger SPD und Unionsparteien als vielmehr diejenigen in der CDU, die es mehr mit der Linken halten von den anderen, den bürgerlichen. Dass sich dieser Zwist nun personalisiert hat, kann ebenso wenig verwundern wie die Berufung zum innerparteilichen Widerstand, die Spahn in sich zu fühlen scheint. 

Merkel tritt also ihre vierte Amtszeit als Kanzlerin mit einer in sich brüchigen CDU an. Das wird ihre Neigung stärken, gegenüber der SPD grundsätzlich willfährig zu sein, zumal die CSU es eher mit den CDUlern halten dürfte, die das bürgerliche Lager vertreten. In Großbritannien würden in einer solchen Lage zahlreiche und hohe Wetten abgeschlossen, ob die neue Regierung vier Jahre durchhalten wird oder nicht. Und die Quoten wären haushoch für „Nein“, denn der Außenseiter ist ohne Frage die Kanzlerin.