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16.03.18 / Die europäische Rechte hat eine neue Lichtgestalt / Italiens alte Eliten sind abgewählt – Matteo Salvini, der Chef der Lega Nord, will die kommende Regierung Italiens anführen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-18 vom 16. März 2018

Die europäische Rechte hat eine neue Lichtgestalt
Italiens alte Eliten sind abgewählt – Matteo Salvini, der Chef der Lega Nord, will die kommende Regierung Italiens anführen
Peter Entinger

Wenige Tage nach den italienischen Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag reagieren die Finanzmärkte nervös. Und die Vertreter der Europäischen Union in Brüssel und Straßburg sind es nicht minder. Das liegt einerseits daran, dass die Regierungsbildung im süd­-

europäischen Krisenland äußerst schwierig sein wird, andererseits aber auch daran, dass diese neue Regierung von einem Rechtspopulisten angeführt werden könnte. Der heißt Matteo Salvini und hat gar keine Probleme damit, so bezeichnet zu werden. „Ich werde immer ein Populist bleiben“, erklärte der Chef der zuwanderungskritischen Lega Nord. 

Der 45-Jährige hat Beachtliches geleistet. Jahrelang war seine Partei eine rechts-separatistische Truppe, die lediglich im Norden kandidierte und in den 90er Jahren gar die Parole „Los von Rom“ ausgab. In eben jener Hauptstadt kam die Lega nun auf mehr als zehn Prozent. Landesweit waren es 17 Prozent. Damit übernahm Salvini die Führung des Rechtsbündnisses des ehemaligen Minister­-

präsidenten Silvio Berlusconi, der mit seiner Forza Italia bei 14 Prozent hängen blieb. Aus der Regionalpartei Lega Nord ist die landesweit drittstärkste Kraft geworden. Im Norden kam die Lega teilweise auf weit über die Hälfte der Stimmen. 

Im Süden übernahm diesen Part die eher links zu verortende, aber ebenfalls Establishment-kritische Fünf-Sterne-Bewegung (M5S), die landesweit mit mehr als 32 Prozent die stärkste Einzelpartei wurde. Zwar verfügt die Listenverbindung von Salvini und Berlusconi sowie weiteren Unterstützern in beiden Kammern über die relative Mehrheit der Sitze, aber die absolute Mehrheit hat sie ebenso wenig wie die M5S. Auch deren Spitzenkandidat Luigi di Maio meldete Ansprüche auf den Chefsessel in Rom an, doch niemand will bislang mit ihm koalieren. Sowohl die Reste der Christdemokraten als auch die vernichtend geschlagenen Sozialdemokraten um Ministerpräsident Paolo Gentiloni und seinen Vorgänger Matteo Renzi wollen sich erklärtermaßen in der Opposition regenerieren. Die Hoffnung der EU-Vertreter, Berlusconi könne mit den Sozialdemokraten eine Große Koalition bilden, erfüllte sich nicht. Ein derartiges Bündnis wäre weit entfernt von einer Mehrheit. 

So steht die drittgrößte Volkswirtschaft des Euro-Raums vor unklaren Zukunftsaussichten. Das etablierte Parteiensystem existiert nicht mehr. Am Ende könnte Staatspräsident Giorgio Napolitano einen überparteilichen Kandidaten mit der Bildung einer technischen Regierung beauftragen. Diese müsste sich dann aber wieder Neuwahlen stellen, bei denen vermutlich die Protestparteien noch stärker werden würden. 

Denn selbst rechts von der Lega gibt es mittlerweile wieder Spielraum. Wie in keinem Wahlkampf zuvor spielte die Person des früheren faschistischen Machthabers Benito Mussolini eine Rolle. Familienmitglieder des Duce kandidierten auf verschiedenen rechten Listen. Zwar waren jene, die sich in der Tradition der faschistischen Sozialbewegung sehen, relativ weit weg von einem Parlamentseinzug, zusammengerechnet erhielten neofaschistische Listen wie Casa Pound, Forza Nuova oder Fiamma Tricolore aber mehr als eine halbe Million Stimmen. Die linke Tageszeitung „Repubblica“ stellte bereits fest, „dass in Italien nichts mehr ist, wie es war. Und die Rechten spielen in der Zukunft eine zentrale Rolle.“