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16.03.18 / Meinungsfreiheit gegen Political Correctness / Ingo von Münchs Plädoyer gegen die Erosion grundgesetzlich garantierter Freiheitsrechte – Teil 2

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-18 vom 16. März 2018

Meinungsfreiheit gegen Political Correctness
Ingo von Münchs Plädoyer gegen die Erosion grundgesetzlich garantierter Freiheitsrechte – Teil 2
Wird fortgesetzt

Wenn es etwas gibt, das die Meinungs-, Presse- und Wissenschaftsfreiheit ernsthaft bedroht, dann ist es die sogenannte Political Correctness. Laut Duden handelt es sich dabei um die „von einer bestimmten Öffentlichkeit als richtig eingestufte Gesinnung, Haltung, die zum Ziel hat, alles zu vermeiden, was andere als diskriminierend empfinden könnten“. Diese Definition bagatellisiert jedoch, was sich aus diesem anfänglich noch nachvollziehbaren und vergleichsweise harmlosen Phänomen im Laufe weniger Jahre entwickelt hat: eine von selbsternannten Denk- und Sprachhütern ausgeübte Gesinnungsdiktatur, die alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beherrscht und zur gnadenlosen Ächtung eines jeden führt, der sich ihr nicht unterwirft. Der Verfassungsrechtler und liberale Politiker Ingo von Münch plädiert in seinem neuesten Buch engagiert gegen diese Erosion grundgesetzlich garantierter Freiheitsrechte:

Die Zange der Political Correctness kneift nicht nur das Grundrecht der Informationsfreiheit, sondern auch das der Meinungsfreiheit. Zum Verhältnis beider zueinander hier nur dies: Meinungen fallen nicht vom Himmel, sondern sie bilden sich als rationale Urteile oder als emotionale Gefühle aufgrund von Informationen. Daraus folgt: Wer aus Gründen der Political Correctness die Informationsfreiheit einschränkt, schränkt somit auch die Meinungsfreiheit ein. Ein schlimmes, inzwischen gut bekanntes Beispiel für einen Mangel an Information bot die Berichterstattung – besser gesagt, der Mangel an zeitnaher Berichterstattung – über die Ereignisse in Köln rund um den Dom in der Silvesternacht 2015/16.

Nur zur Erinnerung: In jener Nacht kam es auf der Domplatte nahe dem Hauptbahnhof – also mitten in Köln – zu zahlreichen kriminellen Taten in Form von Diebstählen und sexuellen Belästigungen. Nach Berichten von Augenzeugen und Opfern waren die Täter überwiegend Männer nordafrikanischer und arabischer Herkunft. Mehr als 1000 Anzeigen, darunter 471 wegen sexueller Belästigung, gingen bei der Polizei ein. Die Polizei selbst wurde scharf kritisiert, weil sie die Übergriffe nicht verhindert hatte. Der Kölner Polizeipräsident wurde vom Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen seines Amtes enthoben.

Die Geschehnisse in jener Kölner Silvesternacht fanden nicht nur bundesweite Beachtung in Deutschland, sondern wurden auch im Ausland zur Kenntnis genommen und intensiv kommentiert. In der „Neuen Zürcher Zeitung“ war zu lesen: „Die Domstadt ist weit über Deutschland hinaus zum Synonym geworden für eine gescheiterte Flüchtlingspolitik und steigende Ausländerkriminalität.“ Und die niederländische Zeitung „De Volkskrant“ schrieb: „Köln ist der Wendepunkt.“ In der deutschen Presse brachte der „Spiegel“ auf seiner Titelseite die Überschrift: „Auf der Kippe. Wie die Silvesternacht Deutschland verändert.“

Die Ereignisse der Kölner Silvesternacht waren ein international beachtetes, die Nation bewegendes Ereignis – wie haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als wichtige Informationsquelle darauf reagiert? Die Antwort kann nur lauten: in einer katastrophalen Weise. Während Kölner Zeitungen bereits über die Übergriffe berichtet hatten und bei Facebook über massenhafte sexuelle Belästigungen informiert wurde, herrschte bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten tagelang das versammelte Schweigen. Noch am 4. Januar war „WDR aktuell 2016“ keine Information zu den Übergriffen in der Silvesternacht zu entnehmen. Am 5. Januar machte der NDR sich lächerlich, indem ein Redakteur behauptete, es sei nicht klar, was genau in der Silvesternacht geschehen sei. Ebenfalls erst am 5. Januar versuchte die ARD, ihre zögerliche Berichterstattung unter Hinweis darauf zu rechtfertigen, am Neujahrstag habe die Polizei – was zutrifft – „zunächst von einer ruhigen Silvesternacht gesprochen“. Tatsache ist aber, dass die Pressestelle der Kölner Polizei diese ihre erste Einschätzung in der Folgezeit revidiert hat. Das ZDF gestand immerhin ein, dass es ein „Versäumnis“ gewesen sei, in den „heute“-Nachrichten vom 4. Januar noch nicht über die Ereignisse in der Silvesternacht in Köln berichtet zu haben. Dazu der stellvertretende Chefredakteur des ZDF, Elmar Thevesen: „Die Nachrichtenlage war klar genug. Es war ein Versäumnis, dass die 19-Uhr-heute-Sendung die Vorfälle nicht wenigstens gemeldet hat.“ Claus Kleber, Moderator des heute-journals im ZDF, spricht in seinem Buch „Rettet die Wahrheit“ immerhin in Bezug auf Silvester in Köln von dem „offensichtlichsten Fehler“: „Wir haben die Anzeichen nicht rechtzeitig erkannt und falschen Erklärungen der Polizei zunächst vertraut. Die Aufarbeitung dieses Versagens in unseren Redaktionen war schonungslos. Wir konnten selbst nicht fassen, dass uns das passiert ist.“

Die tagelange Schweigsamkeit der sogenannten Leitmedien nach der Kölner Silvesternacht ist im Ausland mit Erstaunen und kritisch registriert worden. Hierzu als Beispiel ein Kommentar der Schweizer Zeitschrift „Die Weltwoche“: „Nachdem in der Kölner Silvesternacht Hunderte von Frauen sexuell genötigt und beraubt worden waren, ging es drei Tage, bis die offiziellen Leitmedien zu berichten begannen … Im Internet hatten sich die Ereignisse schon längstens rasend schnell verbreitet, und es war wohl der Druck dieser digitalen Debatte, der Politik, Polizei und die etablierten Medien (am schwersten taten sich die öffentlichen Anstalten ARD und ZDF) zwang, diese Übergriffe durch vornehmlich junge arabische Männer überhaupt zu thematisieren. Die herrschende politische Korrektheit zeigte ihre feige Fratze.“

Zu glauben, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten aus ihrem Versagen gelernt hätten, ist leider ein Irrtum: Die Ermordung der 15-jährigen Mia V. in Kandel im Rheinland durch den abgelehnten aber geduldeten Asylbewerber Abdul D. war der „Tagesschau“ am Tag des Verbrechens keine Nachricht wert; die absurde Begründung für das Verschweigen: Es habe sich um eine „Beziehungstat“ gehandelt unter „Jugendlichen“, die „einen besonderen Schutz genießen“, wobei man wissen muss, dass die Frage des Alters des Täters noch durchaus unklar ist.

Zum Beschweigen der Vorfälle in der Kölner Silvesternacht drängt sich selbst einem unvoreingenommenen Betrachter die Vermutung auf, dass jenes Beschweigen mit der Herkunft der Täter zu tun hatte. Wie erinnerlich, hatte der Kölner Polizeipräsident davon gesprochen, dass die Tatverdächtigen „dem Aussehen nach aus dem arabischen und dem nordafrikanischen Raum stammen“. Der Laie fragt sich, warum nicht im Wege einer einfachen Personalfeststellung durch Ausweiskontrolle die Herkunft der Tatverdächtigen genauer ermittelt werden konnte. Kein Geringerer als der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat in einer Fernsehsendung offengelegt, jeder Polizeibeamte wisse, dass er eine bestimmte politische Erwartungshaltung zu erfüllen habe. Ein namentlich nicht genannter leitender Polizeibeamter wird mit der Aussage zitiert, es sei der Eindruck entstanden, dass Politik und Behörden Tatsachen unterdrückten, weil sie „politisch heikel“ seien. Bekannt geworden ist: Die Pressemitteilungen der Berliner Polizeipressestelle verschweigen bis zum heutigen Tag systematisch die Herkunft von Tätern.

Eine gesetzliche Anordnung des Verschweigens der Herkunft von Straftätern existiert nicht, wohl aber eine sogenannte Selbstverpflichtung der Presse in einer Richtlinie des Pressekodex des Deutschen Presserates. In ihrer neuen Fassung vom März vergangenen Jahres schreibt die Richtlinie vor, dass die Zugehörigkeit eines Straftäters zu einer ethnischen, religiösen oder anderen Minderheit „in der Regel nicht erwähnt werden soll, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse“. Aber was ist ein „begründetes öffentliches Interesse“ daran? Besteht dies nicht immer bei schweren Straftaten? Der Maulkorb des Pressekodex führt in vielen Presseberichten zu Verschlüsslungen, die Neugier wecken, aber ein Informationsbedürfnis nicht befriedigen. Was soll man von Presseberichten halten, in denen die Herkunft der Täter verschwiegen wird, und nur deren Vornamen genannt werden? Beispiele: Ayhan K., Candan A., Eren T., Firat M. Erkan F., Marvin N., Hamdi H., Shaban S., Imad M. Besonders anschaulich und „informativ“ war der Bericht über einen Mord aus Eifersucht: Mustafa G. erstach einen Mustafa T.

Eine neuere Entwicklung zeigt allerdings, dass die vom Pressekodex verordnete Schweigemauer immer mehr bröckelt. Bei Attentaten mit terroristischem Hintergrund wird die Herkunft der Täter ohnehin minutiös aufgearbeitet. Aber auch in Bezug auf andere – jedenfalls schwere – Straftaten ist die Aufweichung der Richtlinie, vor allem durch uneinheitliche Handhabung, unverkennbar.

Man muss wohl kein Prophet sein, um anzunehmen, dass die Bürger – und keinesfalls nur die sogenannten Wutbürger – sich Informationssperren in den sogenannten Qualitätsmedien in Zukunft nicht mehr gefallen lassen werden. Zu loben ist die „Sächsische Zeitung“, die nach einer Abonnentenbefragung angekündigt hat, die Herkunft von Straftätern künftig grundsätzlich zu benennen, unabhängig davon, ob es sich um Ausländer oder Deutsche handelt. Schließlich ist die Herkunft ausländischer Straftäter schon deshalb von Informationswert, weil festgestellt werden muss, ob er aus einem der sogenannten sicheren Herkunftsländer stammt und ob dieses Land zur Rücknahme aus Deutschland abgeschobener Straftäter bereit ist.Ingo von Münch

Ingo von Münch: „Meinungsfreiheit gegen Political Correctness“, Duncker & Humblot, Berlin 2017, 165 Seiten, 19,90 Euro

Pressekodex Ziffer 12 – Diskriminierungen

Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behinderung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert werden.

Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten

(gültig seit 22.03.2017)

In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.

Praxis-Leitsätze Richtlinie 12.1

Ziffer 12 und die zugehörige Richtlinie 12.1 enthalten kein Verbot, die Zugehörigkeit von Straftätern und Verdächtigen zu Minderheiten zu erwähnen. Sie verpflichten die Redaktion jedoch, in jedem einzelnen Fall verantwortungsbewusst zu entscheiden, ob für die Nennung einer Gruppenzugehörigkeit ein begründetes öffentliches Interesse vorliegt oder die Gefahr der diskriminierenden Verallgemeinerung überwiegt.

Reine Neugier – egal ob angenommen oder tatsächlich vorhanden, egal, ob individuell oder kollektiv – ist kein geeigneter Maßstab für presseethisch verantwortliche Abwägungsentscheidungen. Auch die Nennung einer Gruppenzugehörigkeit durch Quellen, etwa durch Behörden, entbindet die Redaktionen nicht von ihrer eigenständigen presseethischen Verantwortung.

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