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16.03.18 / Pinsel-Revoluzzer / Wilhelms II. »Rinnsteinkünstler« im Bröhan

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-18 vom 16. März 2018

Pinsel-Revoluzzer
Wilhelms II. »Rinnsteinkünstler« im Bröhan

Rau, ruppig und politisch un­bequem: Die Berliner Kunst besaß schon zur Kaiserzeit Sprengkraft. Von Wilhelm II. mit dem Verdikt der „Rinnsteinkunst“ belegt, widmeten sich Künstler der Berliner Secession um 1900 erstmals dezidiert sozialen Themen. Sie begründeten eine spezifisch berlinische Tradition des sozialkritischen Realismus, die in der Kunst der Weimarer Republik ihre Fortsetzung fand. 

Das Berliner Bröhan-Museum richtet vom 22. März an mit „Berliner Realismus – Von Käthe Kollwitz bis Otto Dix“ einen Ausstel­lungsblick auf diese besondere Form des künstlerischen Realismus und spannt dabei einen zeitlichen Bogen von den 1890er bis zu den 1930er Jahren.

Die prekären Lebens- und Wohnverhältnisse der durch die Industrialisierung stark angewachsenen Arbeiterschaft sind zentrale Themen bei Künstlern wie der Königsbergerin Käthe Kollwitz, dem Breslauer Hans Baluschek oder dem Berliner „Pinselheinrich“ Zille. Ihre Werke zeigen Armut, Hunger und soziales Elend in einer äußerlich glanzvollen Zeit. Ein drastischer Einschnitt ist der Erste Weltkrieg und die darauf folgende Revolution.

Die zweite Generation – darunter Otto Dix, George Grosz und Otto Nagel – ergreift nicht Partei für den „kleinen Mann“, sondern kritisiert mit zunehmend politischer Stoßrichtung die gesellschaftlichen Missstände der Weimarer Republik. Neue Techniken wie Collage und Fotomontage werden angewendet, um in Text und Bild vor politischen Entwick­lungen zu warnen. 

Die Ausstellung integriert auch fotografische Positionen und zeigt, wie es der ab 1926 aufkommenden Arbeiterfotografie ge­lingt, die Lebensumstände der unteren Gesellschaftsschichten aus einer selbst gewählten Perspektive zu dokumentieren. Die Solidarität der Künstler zeigt sich ganz konkret an Werken, die für die „Internationale Arbeiterhilfe“ entstanden. Als Beispiele des proletarischen Films werden „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ und „Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?“ zu sehen sein. 

Die Schau versammelt fast 200 Gemälde, Grafiken und Fotografien, darunter zahlreiche nationale und internationale Leihgaben von bedeutenden Institutionen, Museen und privaten Sammlungen wie der Steinhardt Collection New York. Ab Herbst 2019 wird die Ausstellung vom Kölner Käthe-Kollwitz-Museum übernommen.tws/PM

Die Ausstellung läuft bis 17. Juni. Infos: www.broehan-museum.de