25.04.2024

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16.03.18 / Antike Stoiker erleben eine Renaissance in den USA

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-18 vom 16. März 2018

Antike Stoiker erleben eine Renaissance in den USA
Wolfgang Thüne

Nach der kulturellen Blüte der griechischen Stadtstaaten und deren Niedergang wurde um 300 v. Chr. die Philosophenschule der Stoa gegründet. Sie wollte den Menschen zeigen, wie sie glücklich werden können aus eigener Kraft. Jeder sollte „seines Glückes Schmied sein“. Nicht der Staat sei der Glücksgarant. Gelassenheit und Seelenruhe seien die höchste Form des Glücks. Auch heute ist der Mensch auf sich selbst zurückgeworfen, und so ist es kein Wunder, dass der Stoizismus in den USA wiederentdeckt wurde und eine Art Renaissance erlebt. Es gibt eine Smartphone-App „Pocketstoic“, über die jeden Tag Zitate antiker Stoiker direkt aufs Smartphone geleitet werden.

Es soll individuelle Lebenshilfe geleistet werden. Stoiker konzentrieren sich auf die Dinge, die veränderbar sind, also das eigene Denken und Handeln. Wer seine Meinung von den Dingen trennt, hat die Chance, glücklich zu werden. Die neue stoische Bewegung ist praxisorientiert. Wie lassen sich Gefühle verändern, damit die Unmenge an Ängsten keine Angst mehr machen? „Stoische Ruhe“ setzt eine Kontrolle über Triebe und Affekte voraus, um frei von Leidenschaften, selbstgenügsam und unerschütterlich zu werden. „Es wäre dumm, sich über die Außenwelt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum“. 

Das Buch „Der tägliche Stoiker“ ist eine Herausforderung. Es werden zu Beginn jeder Woche Zitate von Seneca, von Kaiser Mark Aurel und den „Lehrgesprächen“ von Epiktet als Anregung präsentiert mit der Aufforderung, über das eigene Leben zu reflektieren, und zwar am Morgen und am Abend, um selbstkritisch Tag für Tag ehrlich Bilanz zu ziehen. Stoiker glauben an die Kausalität allen Geschehens, an das Prinzip von Ursache und Wirkung. Wo eine lückenlose Kausalkette nicht erkennbar oder nachweisbar ist, bleibt eine Antwort offen. Das Buch verspricht: „Jeder, der in einer immer verrückteren und komplexeren Welt nach innerem Frieden, Klarheit und Gelassenheit sucht, dem wird das Tagebuch durch das Jahr helfen. Und durch den Rest des Lebens.“ 

Doch um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es eines hohen Maßes an Ausdauer, Fleiß und Disziplin beim Leser. Gelassenheit, Ruhe und Selbstdisziplin sind Tugenden, die schwach entwickelt und damit förderungswürdig sind. Das Buch könnte sehr dabei helfen, dem „mündigen Bürger“ wieder den Stellenwert zu geben, der für eine lebendige Demokratie unverzichtbar ist. 

Ryan Holiday/ Stephen Hanselmann: „Der tägliche Stoiker. Das Tagebuch. 366 Tage schreiben und das eigene Leben reflektieren“, Finanzbuch Verlag, München 2018, broschiert, 400 Seiten, 19,99 Euro