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16.03.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Klaus J. Groth / Ein standhafter Türmer / Wie man vielleicht beliebt, aber schnell unbeliebt wird und warum ein Mann auf die Isolierstation muss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 11-18 vom 16. März 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Klaus J. Groth
Ein standhafter Türmer / Wie man vielleicht beliebt, aber schnell unbeliebt wird und warum ein Mann auf die Isolierstation muss

Heile, heile Gänschen, wird alles wieder gut. Vorbei ist die schreckliche, die führungslose Zeit. Die Kanzlerin wird wieder in den Sattel gehoben, den sie so prachtvoll eingesessen hat. Zweifel an der Groko schmelzen dahin wie der Schnee unter der Märzsonne. Nachdem auch die letzten Spitzenakteure der Groko vorgestellt sind, ist klar, wer darf und wer nicht darf. Wobei interessanter ist, wer nicht darf. Jedenfalls am Umfang der Berichterstattung gemessen. Barbara Hendricks darf nicht mehr. Mehr als ein Schulterzucken löste die Information nicht aus, sie war eine Pflichtmeldung.

Der Sigmar Gabriel darf auch nicht mehr. Das ist allerdings eine Information von anderem Kaliber, die geht deutlich über eine Pflichtmeldung hinaus. Die jetzt das Sagen haben, und dazu zählt Sigmar Gabriel eindeutig nicht, die wollten nicht mehr mit ihm. Dabei hat er sich solche Mühe gegeben. Es war bestimmt nicht leicht, zum beliebtesten Minister der ganzen SPD-Riege zu werden. 

Allerdings schrumpft das Kunststück, wenn man sich ansieht, gegen wen Gabriel konkurrieren musste. Der Mann hat sich geopfert. Er verzichtete auf die Kanzlerkandidatur, auf den Parteivorsitz. Trotzdem wollte ihm sein enger Freund – wie hieß der noch gleich? Der mit den Haaren im Gesicht – trotzdem wollte der ihm den schönen Job als Außenminister wegschnappen. Bei solchen Hahnenkämpfen lässt man Federn. Nun stehen beide gerupft da, kein Hahn kräht nach ihnen.

Ab sofort darf sich Heiko Maas Hoffnung auf ein bisschen Zuneigung machen. Die brandete ihm bisher nicht gerade entgegen. Standhaft hat er sich Klassikern der Ratgeberliteratur verweigert: Standardwerken wie Dale Carnegies „Wie man Freunde gewinnt“ oder dem Buch „Vom Kotzbrocken zu everybodys darling“. Um solche Lektüre machte er einen weiten Bogen. Nun wird ihm gar nichts anderes übrigbleiben, als beliebt zu werden. Schließlich waren alle Außenminister beliebt. Nur Guido Westerwelle nicht. Das lag wohl auch daran, dass er überall seinen Gespielen mitschleppte. Der Positionswechsel des Heiko Maas in der Beliebtheitsskala, das verspricht ein interessanter Versuch am lebenden Objekt zu werden.

Wie man ganz schnell auf die Abschussliste gelangt, das erfährt gerade der Schriftsteller Uwe Tellkamp. Der hat vor längerer Zeit ein wundervolles Buch geschrieben über die Befindlichkeiten einer bürgerlichen Familie zur Zeit der vergehenden DDR. Das Buch „Der Turm“ stand in den Bestsellerlisten. Tellkamp erhielt den Deutschen Buchpreis. Die Verfilmung wurde mit Preisen gewürdigt. Tellkamp war oben angekommen. Dort ist er nun nicht mehr. Während einer Podiumsdiskussion hatte Tellkamp was Rechtes gesagt und das war falsch. Was er sagte, das klang nach AfD und Pegida und entlarvte ihn als Mitteldeutschen durch und durch. Er hatte versucht, sich schützend vor seine Landsleute in Sachsen zu stellen, sie aus dem Dauerfeuer westdeutscher Besserwisser zu holen. Das ging daneben. 

Genau die Zeigefinger, die unablässig auf den reaktionären Osten gerichtet sind, schossen umgehend mahnend in die übliche Richtung. Allen voran per Twitter der Suhrkamp-Verlag, der das Buch „Der Turm“ herausgebracht hat. Er distanzierte sich von seinem Autor: „Die Haltung, die in Äußerungen von Autoren des Hauses zum Ausdruck kommt, ist nicht mit der des Verlages zu verwechseln.“ Wer hätte das gedacht? Wer käme auf die absurde Idee, Suhrkamp könnte etwas Rechtes von sich geben? Ausgerechnet Suhrkamp, dieses Sammelbecken links-liberalen, links-linken bis links-marxistischen Geistes? Linke Systemkritiker waren in diesem Verlang verhätschelte Zöglinge. Kein Wunder, dass die alte Gesinnungs-Gouvernante alarmiert aufschreckte.

Was hatte der Tellkamp denn Schreckliches gesagt, dass Suhrkamp ihn umgehend auf der Isolierstation wegschloss, als verbreite er Pest und Cholera gleichzeitig? Tatsächlich sind solche Meinungsäußerungen akut ansteckend. Tellkamp behauptete von den Asylsuchern: „Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern, über 95 Prozent.“ Da schrillen alle Alarmglocken – error, error. Und dann kommt auch noch so was: Die Öffnung der Grenzen sei am Bundestag vorbei angeordnet worden. Die Medien hätten in der Asylkrise tendenziös berichtet. Viele Journalisten seien auf Regierungslinie. Und überhaupt bleibe einem gar nichts anderes übrig, als die AfD zu wählen, wenn man regierungskritisch sei. Satz für Satz Ungeheuerlichkeiten. Unglaublich. 

Dabei hätte man so etwas ahnen können. Zu jeder Geschichte gibt es eine Vorgeschichte. Die nimmt ihren Anfang bei der Buchmesse 2017 in Frankfurt am Main. Dem rechts sortierten Verlag Antaios war ein Stand zugestanden worden. Das schreckte die vereinigte Linke auf. Als dann der Verleger auch noch Björn Höcke einlud, war das Maß voll. Die Tumulte der protestierenden Linken machten den bis dahin wenig beachteten Verlag zwar schlagartig bekannt, zeigten aber einmal mehr die engen Grenzen der Meinungsfreiheit. Gelernte DDR-Bürger haben damit ihre eigenen Erfahrungen. Eine besorgte Buchhändlerin in Dresden verfasste nach den Tumulten in Frankfurt die „Charta 2017“, in der es heißt, die Gesellschaft sei im Kampf gegen rechts „nicht mehr weit von einer Gesinnungsdiktatur entfernt“. Zu den vielen Unterzeichnern gehörte auch ein anderer gelernter DDR-Bürger: Uwe Tellkamp.

Wer wie Tellkamp besorgt an die Zukunft denkt, der macht sich verdächtig. Wer diese Sorgen in Fragen formuliert, der ist schon enttarnt. Worüber machen wir uns eigentlich Sorgen. Ist doch alles in Butter. In vier willkürlich herausgegriffene Nachrichten dieser Woche beschäftigen uns Themen, an die wir vor zehn Jahren nicht einmal im Traum gedacht hätten. Heute würzen sie unseren Alltag.

Die Dar as-Salam-Moschee in Berlin-Neukölln darf nicht mehr „als salafistisch geltend“ bezeichnet werden. Das hat sie beim Berliner Landgericht durchgesetzt. Seit 2015 beobachtet der Berliner Verfassungsschutz die Moschee. Dort predigte ein Religionsgelehrter mit Verbindungen zur Hamas, dort wurden Ehemänner aufgefordert, ihre Frauen zu züchtigen. Kein Grund für die Bezirksbürgermeisterin von Neukölln, Franziska Giffey, der Moschee keinen Besuch abzustatten. Das schadet nicht. Nun ist Franziska Giffey Bundesfamilienministerin.

Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof wies die Klage einer muslimischen Rechtsreferendarin ab, die im Gerichtssaal nicht auf ihr Kopftuch verzichten wollte. Der wievielte Rechtsstreit um das Kopftuch ist das eigentlich? Und alle waren reine Herzensangelegenheiten junger Frauen? Da steck-te niemand dahinter? 

Dem Präsidenten des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist der Papierkragen geplatzt. Er forderte Bund und Land auf, endlich etwas gegen die zunehmenden Fälle von Kirchenasyl zu unternehmen. Für Kirchen dürfe kein Sonderrecht gelten. Wieso denn nicht? Haben sich nicht schon so viele Sonderrechte eingeschlichen, höchstrichterlich entschieden? Konkurriert nicht längst das Strafgesetzbuchmit dem islamischen Recht? Haben arabische Clans sich nicht selbstherrlich das Recht angeeignet? Da hat doch unser schönes, altes Kirchenasyl immerhin noch christliche Wurzeln.

Wenn gerade mal kein Kirchenasyl gewährt wird, wenn gerade mal nicht wegen eines nicht gewährten Asyls geklagt wird, dann könnte abgeschoben werden 

– Entschuldigung, das muss selbstverständlich „rückgeführt“ heißen. Alle sprechen davon. Und wer macht es? Immer weniger. Dabei werden es immer mehr, die – diesmal aber bitte korrekt formuliert – kein Bleiberecht haben. Im Augenblick sind es, auch das ist eine Zahl dieser Woche, 229000 Ausreisepflichtige. Dennoch geht die Zahl der Abschiebungen ständig zurück. Die überlasteten Verwaltungsgerichte widmen bis zu 90 Prozent ihrer Zeit Asylverfahren. Aber eher lassen wir uns von Donald Trump die Erdnussbutter vom Brot nehmen, als dass wir irgendjemand die deutsche Weidebutter nicht gönnen.