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23.03.18 / Balten üben Solidarität mit Polen gegen Brüssel / Gipfeltreffen der vier Regierungschefs gegen antipolnische EU-Sanktionen und für eine neue Bernsteinstraße

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-18 vom 23. März 2018

Balten üben Solidarität mit Polen gegen Brüssel
Gipfeltreffen der vier Regierungschefs gegen antipolnische EU-Sanktionen und für eine neue Bernsteinstraße
Norman Hanert

Polens Regierung erhält im Konflikt mit der EU-Kommission wegen der polnischen Justizreform Unterstützung durch Litauen, Lettland und Estland. Auf einem gemeinsamen Treffen mit dem polnischen Premier Mateusz Morawiecki (PiS) sprachen sich die Regierungschefs der drei baltischen Staaten am 9. März gegen die Verhängung von Sanktionen gegen Polen aus. 

Die EU-Kommission hat bereits Ende des vergangenen Jahres ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil sie in Polen EU-Grundwerte gefährdet sieht. Im äußersten Fall droht dem Land, dass es am Ende des Verfahrens seine Stimmrechte auf EU-Ebene verliert. 

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zum Abschluss des Gipfels in Wilna [Vilnius] erklärte der lettische Premierminister Maris Kuczinskis: „Wir wären gegen jegliche Strafen, die Polen auferlegt werden. In dieser Hinsicht denken alle drei baltischen Länder ähnlich.“ Litauens Premierminister, Saulius Skvernelis, ergänzte: „Wir verstehen Polen, und wir verstehen seine Ziele im Zusammenhang mit der Justizreform.“ Der litauische Regierungschef forderte zudem dazu auf, eine Kompromisslösung zwischen der EU und Polen zu suchen. Auch Estlands Premier bezeichnete einen Stimmrechtsentzug als einen „Schritt zu weit“. Durch die Unterstützung der drei baltischen Länder für die polnische Führung wird diese scharfe Sanktionsmaßnahme immer unwahrscheinlicher. 

Abgesehen vom Votum des betroffenen Staates, müsste laut den Regeln der EU, ein Stimmrechtsentzug von allen anderen         EU-Mitgliedern einstimmig beschlossen werden. Allerdings hatte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán bereits im Dezember signalisiert, er würde den Versuch blockieren, Polen das Stimmrecht in der EU zu entziehen. 

Spätestens seit dem Gipfel von Wilna muss die EU-Kommission nun damit rechnen, dass Polen auch von den Balten unterstützt wird. Entsprechend gestärkt kann Polens Regierungschef Morawiecki nun in Brüssel verhandeln. Nachdem Ende letzten Jahres das Rechtsstaatsverfahren eingeleitet wurde, sind Morawiecki und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bereits im Januar wieder ins Gespräch gekommen. 

Zusätzlicher Verhandlungsbedarf ergibt sich durch die angelaufenen Verhandlungen zum nächsten langjährigen EU-Finanzrahmen. Polen ist bislang der größte Nettoempfänger aus dem EU-Haushalt. Großbritanniens Ausstieg aus der EU verursacht eine Milliardenlücke bei den Einnahmen der EU, die durch Beitragserhöhungen oder Kürzungen aufgefangen werden müssen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vorgeschlagen, die Verteilung von EU-Geldern künftig an die Einhaltung von rechtsstaatlichen Standards und an die Bereitschaft zur Aufnahme von „Flüchtlingen“ zu knüpfen. 

Auch auf dem polnisch-baltischen Gipfel war der neue mehrjährige EU-Finanzrahmen ein Thema. Die vier Regierungschefs diskutierten zudem gemeinsame Energie- und Verkehrsprojekte. Morawiecki brachte auf dem Gipfel die historische Bernsteinstraße in Erinnerung, die ein wichtiger europäischer Handelsweg war. „Wir wollen die Straße zurückgewinnen, sie durch echte Investitionen wieder aufbauen“, so die Ankündigung des polnischen Regierungschefs, der auf Vorhaben wie etwa die „Rail Baltica“ verwies. Als konkretes Projekt haben Polen und Litauen die Einrichtung einer Fährverbindung  zwischen Stettin und Memel vereinbart.