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23.03.18 / Quo vadis, Allenstein? / Erhalt des bisherigen Hauptbahnhofs gegen Bestrebungen für einen Neubau: Die Auseinandersetzungen gehen weiter

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-18 vom 23. März 2018

Quo vadis, Allenstein?
Erhalt des bisherigen Hauptbahnhofs gegen Bestrebungen für einen Neubau: Die Auseinandersetzungen gehen weiter
Uwe Hahnkamp

Anfang Februar entschied der Denkmalpfleger der Woiwodschaft Ermland-Masuren Dariusz Barton, den Hauptbahnhof von Allenstein nicht in das Denkmalregister einzutragen. Die Auseinandersetzungen um die Gestaltung des Bahnhofs und seines Umfelds sind damit jedoch noch nicht vorbei; die Antragsteller auf einen Eintrag ins Register haben ihren Widerspruch beim zuständigen Minister angekündigt.

Bis Anfang der 1970er Jahre wurde am Hauptbahnhof von Allenstein noch das aus der Vorkriegszeit stammende, umgebaute Bahnhofsgebäude genutzt. Der neue Bau, am 30. Dezember 1971 der Nutzung übergeben, war damals einer der modernsten seiner Art im südlichen Ostpreußen. Insbesondere die direkte Verknüpfung von Bahn- und Autobusbereich in einem Bauwerk war innovativ. Der Büroturm vor dem eigentlichen Bahnhof folgte einige Jahre später, ist aber integraler Bestandteil des Komplexes. Inzwischen wirken alle Gebäude vernachlässigt, ihre Bausubstanz ist aber – wie sich bei einem Ortstermin zeigte – in Ordnung, einer Renovierung und weiteren Nutzung stünde bautechnisch also nichts im Wege.

Die bis heute andauernden Dis-kussionen entzündeten sich vor etwa fünf Jahren, als der Vorschlag eines Bahnhofsneubaus im Raum stand. Der Stadtrat von Allenstein gab im November 2013 grünes Licht. Wie Alfred Czesla in der Dezemberausgabe 2015 des „Mitteilungsblatts“ der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen ausführte, sollte „er ein schlüssiges Ganzes mit dem städtischen System der Autobus- und Straßenbahnlinien darstellen [und] in das Projekt eines Integrierten Kommunikationszentrums eingetragen [sein]“. Diese „Verbindung von Passagiertransport, Dienstleistungen und Handel“ sollte nach seinen Informationen bis Ende 2017 ohne öffentliche Mittel verwirklicht werden.

In diesem Projekt kommen die zurzeit dort stehenden Gebäude nicht mehr vor. Dennoch gab es  im Jahr 2015 Signale sowohl von der Stadt Allenstein als auch von der Polnischen Staatsbahnen AG (PKP) und einem privaten Investor, dass eine Renovierung der existierenden Bebauung möglich sei. Die Gesellschaft Forum Rozwoju Olsztyna FRO (Forum für die Entwicklung Allensteins) wies im Rahmen der damaligen Debatte darauf hin, dass eine Renovierung günstiger sei als ein Neubau, da das heutige Objekt funktionell sei und es nur einiger Umbauten bedürfe. Der neue Bahnhof wäre außerdem lediglich Anhängsel eines großen Einkaufszentrums. Krzysztof Suchowiecki, der Vizevorsitzende des Vorstands des FRO, ergänzt: „Im weiteren Verlauf hieß es auf einmal, dass die PKP ein eigenes, kleineres Gebäude planen, das aber nur im Rahmen einer Ausschreibung und keines architektonischen Wettbewerbs entstehen soll.“ 

Eine Einbettung ins städtebauliche Umfeld fände in diesem Fall nicht statt. Aus Sicht der Urbanistik ist hingegen der jetzige Bahnhof Hauptbezugspunkt in seiner stadtplanerisch unorganisierten Umgebung. Auf dem Bahnhofsvorplatz sind ein riesiges Rondo, nicht gepflegte Grünflächen, Gehwege und Parkplätze, fast die gesamte Fläche ist nicht genutzt oder gestaltet. Lediglich die Endhaltestelle der Straßenbahn bringt etwas Struktur hinein. Eine Renovierung des bestehenden Bahnhofs mit flankierenden Maßnahmen böte eine Chance zu einer Gestaltung, ein Neubau kann diese Frage ebenfalls nicht außer Acht lassen.

Im Frühling 2017 entschlossen sich das FRO, die Allensteiner Abteilung der Gesellschaft der polnischen Architekten sowie die Gesellschaft der Denkmalpfleger dazu, eine Eintragung des Bahnhofs in das Denkmalregister zu beantragen. Sie begründeten dies unter anderem damit, dass er eines der besten Beispiele des Modernismus auf dem Gebiet des südlichen Ostpreußen und ein wertvolles künstlerisches Werk mit einer klaren räumlichen Komposition sei. Außerdem habe er einen historischen Wert als Zeugnis der Entwicklung großer Verkehrseinrichtungen sowie wegen der Überreste des Bahnhofs der Vorkriegszeit. Auch auf die Gestaltung des Innenraums unter anderem mit künstlerisch wertvollen Mosaiken wurde hingewiesen. 

Der Denkmalpfleger der Woi-wodschaft Barton hat sich der Argumentation der drei Organisationen nicht angeschlossen. Am 7. Februar lehnte er den Eintrag des Komplexes des Hauptbahnhofs ins Denkmalregister ab. Eingetragen werden jedoch wegen ihres historischen Werts die Überdachungen der Bahnsteige, da sie die Geschichte des ersten Bahnhofs aus dem 19. Jahrhundert dokumentieren. Als Begründung der Ablehnung erwähnte er unter anderem die Umgestaltungen des Bahnhofs, die zu einem Verlust der Authentizität geführt haben, und die komplizierten Eigentumsverhältnisse des Objekts.

Gegen die Entscheidung des Denkmalpflegers ist ein Widerspruch zulässig; die Antrag stellenden Organisationen haben bereits angekündigt, Widerspruch einzulegen. Die Auseinandersetzungen um den Allensteiner Hauptbahnhof gehen also weiter.