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23.03.18 / Der satirische Wochenrückblick mit Klaus J. Groth / Aufgewärmte dünne Suppe / Von einem alten Hut, einer Platte mit Sprung, stehlenden Raben und Wiederholungstätern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 12-18 vom 23. März 2018

Der satirische Wochenrückblick mit Klaus J. Groth
Aufgewärmte dünne Suppe / Von einem alten Hut, einer Platte mit Sprung, stehlenden Raben und Wiederholungstätern

Von wegen „Heile, heile Segen, wird alles wieder gut.“ Das war leider nur die halbe Wahrheit. So gesehen, hat der vorausgegangene Wochenrück­blick mit einer halben Wahrheit begonnen. Darum hole ich mit Bitte um Entschuldigung den Rest des Kinderreimes pflichtschuldig nach: „Heile, heile Katzendreck, morgen früh ist alles weg.“

Ja, denkste. Beinahe alle sind wieder da. Mit Angela Merkel an der Spitze. Von wegen, Merkel muss weg. Sie ist da, wie eh und je. Und sie macht weiter wie eh und je. Da kann der Bundespräsident noch so mahnen, ein Neuaufguss des Alten genüge nicht. Sogleich wurde alte dünne Suppe aufgewärmt. Dabei hatte die Kanzlerin gerade noch mal die Kurve gekriegt. 45 Gegenstimmen aus den Reihen der Groko hätten genügt und ein zweiter Wahlgang wäre erforderlich gewesen. Zehn Gegenstimmen aus dem Regierungslager fehlten zum Stolperstart. Das war knapp. Aber neun Stimmen genügten, um die Chose zu retten. Den Anfang vom Ende sollte man darin nicht sehen. Gut Ding will eben Weile haben. Diesmal hat es 171 Tage gedauert, bis das wackelige Hohe Haus gezimmert war. Nur Zyniker meinen, es handle sich allenfalls um eine übertünchte Schrottimmobilie. Darin sind die Verlierer der Bundestagswahl nun unter sich, alles trist und grau. Woher sollte der Sternenstaub eines Neuanfangs auch kommen?

Die namenlose Stänkerei per Stimmzettel gegen Angela Merkel ist jedenfalls ernster zu nehmen als der Zwischenruf des Heimatministers Horst Seehofer. Auch wenn ihm in der Sache zuzustimmen ist, er wirft einen alten Hut in den Ring. Seit der unsägliche Bundespräsident Christian Wulff zu seiner Erkenntnis kam, der Islam gehöre zu Deutschland, wird die Platte immer wieder aufgelegt. Die Platte hat einen Sprung … hat einen Sprung … hat einen Sprung … Immer die gleiche Leier. Nun also machte Horst Seehofer, gerade mal im Ministeramt, auf Opposition: Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland. 

So billig, mit einer solchen Plattitüde, kann man ein Strohfeuer entfachen. Wie mit einem Brandbeschleuniger angefeuert, prasselten sofort Reaktion und Gegenreaktion verlässlich aufeinander. Jeder springt wie erwartet über das hingehaltene Stöckchen. Wer was zu dem Thema zwitschert, twittert oder zetert, das muss hier nicht wiederholt werden, die Nachrichten und Zeitungen sind voll davon. Eine Ausnahme machen wir allerdings. Was Cem Özdemir angemerkt hat, ist so feinsinnig, dass man es ruhig wiederholen darf. Der Grünen-Politiker meint, eine „kulturalistische“ Betrachtung, die Menschen nach Religionszugehörigkeit sortiert, die passe nicht zu Aufklärung und westlicher Demokratie. „Kulturalistisch“, darauf muss man erst einmal kommen. Und nun frisch aufgemerkt, ihr braven Mädel und Buben, was wollte der Dichter uns damit sagen? Denkt mal nach. Ansonsten braucht ihr nicht zu denken, ansonsten genügt es, wenn ihr die Namen der Absender kennt, dann wisst ihr sofort, wer was gesagt hat. 

Sie sagen alle, was sie immer sagen. Allen voran die Kanzlerin. Sie wärmt, wie schon erwähnt, gerne alte Suppe auf: Weil vier Millionen Muslime in Deutschland leben, so ihre Argumentationskette, gehöre auch ihre Religion zu Deutschland, und damit gehöre auch der Islam zu Deutschland. So einfach ist das, Herr Seehofer. Er wird es schon noch lernen. Im Übrigen war Seehofers Suppe auch nicht gerade frisch, die köchelt schon länger über der Sparflamme. Da kocht nichts wirklich hoch. Und so sehr viel anders als Merkel hat er es auch nicht gesagt. Verkürzt man seine Aussage nicht, dann gehörten Muslime „selbstverständlich zu Deutschland“. Nur eben der Islam nicht. Da kann der Gauland gerne granteln, der Seehofer habe abgekupfert. Wer wundert sich denn, wenn Politiker sich passende Themen stehlen wie die Raben.

Horst Seehofer wusste, dass er provoziert. Dass der Schriftsteller Uwe Tellkamp das wollte, als er bei einer Diskussion in Dresden gegen Asylsucher in der Mehrheit wetterte, darf bezweifelt werden. Er hat es dennoch getan, wir haben darüber berichtet. Jetzt ist er gefangen in dem „Meinungskorridor“, den er beklagt hatte. Tellkamp hatte mehrere Lesungen in Norddeutschland geplant. Die hat er abgesagt. Er fürchtet eine „nicht unerhebliche Gefahr, dass seine Lesungen zweckentfremdet und von Kräften gekapert werden, die mit Literatur wenig oder gar nichts zu tun haben“. Da hat er wohl die richtige Ahnung. Autonome und Antifa rüsteten sich zur Lesestunde. Dass es dabei weniger um erbauliche Belletristik als um Zurechtweisung gehen würde, ist klar. Wenn der einladende, honorige Veranstalter darauf hinweist, nach den Vorkommnissen in Dresden sei eine einfache Lesung nicht mehr möglich, da hätte man schon über die aktuelle Debatte sprechen müssen, dann ist klar, wie der Hase laufen sollte. Könnte es sein, dass das für Tellkamp wie eine Drohung geklungen hat? Könnte es sein, dass Tellkamp schwante, wie ein solches Gespräch mit Antifa und nachbohrenden Literaturfreunden ausgehen würde? Er verzichtet auf die hochnotpeinliche Befragung. 

Einen Vorgeschmack hat er schon bekommen. In den sogenannten sozialen Medien, die sich häufig sehr unsozial verhalten, kocht der Zorn. Man solle den Schriftsteller Tellkamp nicht mehr lesen, ihm das Schreiben verbieten, seine Bücher in den Giftschrank schließen. Es macht keinen Spaß, auf diese Weise bestätigt zu werden. Immerhin sprang ihm seine Kollegin Monika Maron beherzt zur Seite, als sie im Deutschlandfunk zürnte, der Suhrkamp-Verlag habe seinen Autoren Tellkamp verraten. Wir berichteten über die Twitter-Meldung, mit der sich der Verlag peinlich von den Ansichten seines Autors distanzierte. 

Nun also erhielt er massiv Schützenhilfe von einer Frau, die ihren Mut nicht erst beweisen muss. Schon lange beklagt sie einen schleichenden Verlust des Vertrauens in die Medien, die Parteien, die Institutionen, zur Regierung, vor allem der Kanzlerin. Maron ist wie Tellkamp in der DDR aufgewachsen. Sie hat Erfahrungen gemacht, die im Westen glücklicherweise nicht gemacht werden konnten. Warum schulte das den Blick auf die Realitäten so viel besser? Maron lebte in der DDR und veröffentlichte ihren ersten Roman bei S. Fischer, also im Westen. 

„Flugasche“ heißt der, er schildert die Zerstörung der Umwelt rund um Bitterfeld. Für ein solches Thema konnte sich in der DDR kein Verlag finden. Erst kam das Manuskript in den Westen, dann die Autorin samt Mann und Sohn. Versehen mit einem Drei-Jahres-Visum, lebte man ab 1988 in Hamburg. Harte Auseinandersetzungen sind Maron also nicht fremd. Das sollte man wissen, wenn man verstehen will, warum die Frau so für ihren Kollegen Tellkamp in die Bresche springt. Offenbar stört es sie wenig, Schimpf und Schande auf sich zu laden. Sie reiste nach Dresden, um sich ein eigenes Bild von Pegida und den Demonstranten zu machen. Das allein schon machte sie verdächtig. Und der Verdacht wurde bestätigt, als sie erkannte: „Pegida ist keine Krankheit. Pegida ist das Symptom.“ Woraus sie folgerte: „Wir preisen die offene Gesellschaft und verweigern die offene Diskussion.“ 

Wenn man sich jetzt ansieht, was Maron im Fall Tellkamp sagt, dann wird deutlich: Die Frau ist eine Wiederholungstäterin, da hilft keine Resohilfe. Sie vertritt doch glatt immer noch die Ansicht, jeder Andersdenkende müsse mit Repressionen rechnen, ihm drohten größere und kleinere Ächtungen. Wie kommt Maron bloß darauf? Wird nicht gerade in diesen Tagen in den Kulturteilen der Zeitungen rauf und runter volltönend das große Gut der Meinungsfreiheit besungen? Bewundern wir nicht geradezu selbstverliebt unsere gepflegte Debattenkultur? Dabei kann man alles sagen, solange man das richtige sagt. Nur bitte über den Islam nicht, über angebliche Armut nicht, über verstärkten Grenzschutz nicht und eine deutsche Leitkultur überhaupt nicht.