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30.03.18 / »Wir müssen ganz schön bescheuert sein« / Das Wort »Mutter« ist sexistisch, pinkfarbene Spielzeuge brauchen Warnhinweise – und wer den Genderwahn kritisiert, ist ein Nazi

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 13-18 vom 30. März 2018

»Wir müssen ganz schön bescheuert sein«
Das Wort »Mutter« ist sexistisch, pinkfarbene Spielzeuge brauchen Warnhinweise – und wer den Genderwahn kritisiert, ist ein Nazi
Burkhard Voß

PAZ-Autor Burkhard Voss besuchte das NS-Dokumentationszentrum in München und wollte seinen Augen nicht trauen. Wer kein Anhänger der bizarren Genderlehre ist, wird dort als Rechtsextremist denunziert.

In seiner Nobelpreisansprache von 1970 erklärte Alexander Solschenizyn, dass staatliche Gewalt ohne den Nebel der Lügen nicht existieren kann. 

Die diskursbestimmende politische Elite unseres Landes hat in diesem Lügennebel einen ganz neuen Dunst kreiert. Er vernebelt auch einen bestimmten Raum im NS-Dokumentationszentrum in München. Dort stehen zehn etwa drei Meter hohe Säulen, auf diesen werden die Kernideen des Rechtsradikalismus erläutert. Begriffe wie  Führerprinzip, Totalitätsanspruch und Rassismus sind dort aufgeführt. Sie stehen analog zum hehren Begriffe-Trio Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der französischen Revolution. 

So weit, so nachvollziehbar. Ganz klar zu lesen ist dort aber auch, dass der Begriff Genderideologie zum rechtsradikalen Vokabular gehört. Oder anders ausgedrückt: Wer es wagt, die krude Gender-Denke als Ideologie zu bezeichnen, ist ein Nazi. Aber wenn sie keine Ideologie sein darf, was ist sie dann? Dann wäre sie kurz vor oder schon auf der Stufe einer seriösen Wissenschaft. Und so wird Gender von seinen Befürwortern und dem linksideologisch verzauberten Establishment auch gesehen. 

Die Haupttheoretikerin dieser „seriösen Wissenschaft“ ist die kalifornische Lesbe Judith Butler. Sie ist eine Madonna complicata, von der selbst Woody Allen die Finger lassen würde. Das US-Pendant von Alice Schwarzer hat die Realitätsabkopplung komplett vollzogen. Nach ihrer Gender-Theorie sollen biologische Geschlechter ein soziales Konstrukt sein. Mit anderen Worten: Mann und Frau gibt’s gar nicht. Komisch, dass wir in Tausenden von Jahren nicht selbst darauf gekommen sind. Nach der derzeitigen Gender-Theorie soll es nicht nur zwei Geschlechter – sorry, soziale Konstrukte – sondern über 60 davon geben. Manch Gender-„Forscher“ soll sogar von über 4000 Geschlechtern ausgehen.

Und das glauben die allen Ernstes. Ich fragte mal einen Professor für Psychopharmakologie, was für ein Zeug man eigentlich nehmen müsste, um auf so etwas zu kommen. Er grübelt heute noch. Sie meinen, eine solche Theorie sei kompletter Nonsens? Der Meinung bin ich auch. Die Bundesregierung und Grüne sind offensichtlich zu einer anderen Einschätzung gelangt, denn nach ihrem Willen sind mittlerweile über 200 Gender-Professuren in den geisteswissenschaftlichen Bereichen an deutschen Unis und Fachhochschulen eingerichtet, die nahezu ausschließlich mit Frauen besetzt sind. Das sind mehr Lehrstühle als für Pharmazie. Geht man von einem Professorengehalt von zirka 6000 Euro im Monat aus, und das ist noch niedrig geschätzt, so kostet das den Steuerzahler über 

14 Millionen Euro im Jahr für Geschwätzwissenschaften der besonderen Genderart. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Die von diesen Lehrstühl/innen ausgehenden Diskussionen sind häufig datenfrei und von blinden Flecken geprägt, sodass die Kriterien für Wissenschaftlichkeit nicht erfüllt sind. Das passt auch zu der ideologischen Agitation, die mit jeder Logik hohnsprechenden und damit widersprüchlichen Zielen verbunden ist. Denn wie lässt sich beispielsweise die Gleichheit von Mann und Frau mit einer besonderen Frauenkultur vereinbaren?

Gender-Forscherinnen fordern beispielsweise, dass Fotos der Hirschbrunft aus der Werbebroschüre für den Nationalpark Eifel herausgenommen werden müssten, da sie stereotype Geschlechterrollen förderten. Von den Universitäten ausgehend soll die ganze Republik durchgegendert werden, da bleibt auch die Bundeswehr nicht verschont. Soldaten wurde im Januar 2017 ein Sexworkshop verordnet, denn sexuelle Vielfalt sei eine Chance. Flinten-Uschi weiß, das stärkt die Kampfmoral.

Der Kampf gegen Geschlechterstereotype nimmt bizarre Formen an. So forderte die Zeitschrift „Emma“ einen Warnhinweis auf Spielzeugen mit der Farbe Pink. Logisch, jeder weiß, dass Pink das süße Lockmittel für eine stereotype Frauenexistenz ist. Der Begriff „Mutter“ ist natürlich auch sexistisch. So wurde im Europarat dis-kutiert, ihn zu bekämpfen. So richtig lustig wird es demnächst in Deutschland zugehen, wenn muslimische Gemeinden durchgegendert werden. Schließlich werden alle Imame hocherfreut sein, wenn sie aus Gründen der Frauensensibilität in eine gendergerechte Burka schlüpfen sollen. Wie immer die auch aussehen mag. 

Dass durch Sprachregelungen Probleme gelöst werden, dieser Irrglaube lässt das Blut in den Schläfen von Gender-Ideologinnen noch leidenschaftlicher pulsieren. Das Schöne an der Sache: Sie bestellen die Gendermusik und wir zahlen. So kostete die Umbenennung von Studentenwerk in Studierendenwerk in Berlin fast eine Million Euro. Auf dass sich keine Frau mehr diskriminiert fühle, weil sie sich durch die „männliche“ Bezeichnung „Studenten“ ausgegrenzt sieht. Dass mit dem Plural „Studenten“ Frauen automatisch eingeschlossen sind – nun ja, die Neuroplastizität der Gendergehirne ist nicht die Größte. Sie folgt der Regel: Geschlechtervielfalt rauf, Neuroplastizität runter. 

Fazit: Gender ist eine Ideologie reinsten Wassers. Eine ideologische Totgeburt der westlichen Geisteswissenschaften. Wer Kritik am Genderismus übt, wird in die rechtsradikale Ecke gestellt. Was so im NS-Dokumentationszentrum in München zu lesen ist, steht da unverblümt. Noch nicht mal eine subtile Beleidigung, noch nicht mal zwischen den Zeilen, von feiner Ironie Lichtjahre entfernt – sondern einfach plakativ und dummdreist. Wäre Oscar Wild in den Genuss dieser Zeilen gekommen, hätte er nur noch gesoffen. Genderideologie als rechtsradikales Vokabular zu bezeichnen, das ist ungefähr so, als würde man Veganer beschuldigen, Kaninchen die Grundnahrungsmittel weg zu futtern. 

Der Nebel der Lügen hat viele Namen, der aktuellste lautet alternative Fakten. Sie sind kein angebliches Spezifikum der Trump-Regierung, sondern gängige Praxis diesseits und jenseits des Atlantiks. Wohin das dann führen kann, ist in George Orwells „1984“ minutiös beschrieben. Wir sollten uns ihn noch einmal vorknöpfen. Auch das Gegenmittel zu Sprachregelungen und Lügen hat Orwell schon gut formuliert: „Freiheit bedeutet die Freiheit zu sagen, dass zwei und zwei vier ist. Gilt dies, ergibt sich alles Übrige von selbst.“ 

Es ist das Orwell’sche Neusprech, das auch und gerade in öffentlichen Einrichtungen kaum noch aufzuhalten ist. Wie hieß es noch in seinem Roman „1984“ gleich zu Anfang: „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei und Unwissenheit ist Stärke“. Da fügt sich doch nahtlos an: Gender ist Wissenschaft.

Das Perfide an der Sache ist: Öffentliche Einrichtungen wie das NS-Dokumentationszentrum in München werden durch Steuergelder finanziert. Somit zahlt der Bürger für seine eigene Verhöhnung. Wir müssen ganz schön bescheuert sein.


Der Autor arbeitet als Arzt für Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie in Krefeld. 2017 erschien sein  Buch „Albtraum Grenzenlosigkeit” (SolibroVerlag).