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06.04.18 / Absturz eines Hoffnungsträgers / Macron in Not: Beliebtheitswerte brechen ein, Streiks und Demonstrationen gegen seine Reformpolitik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-18 vom 06. April 2018

Absturz eines Hoffnungsträgers
Macron in Not: Beliebtheitswerte brechen ein, Streiks und Demonstrationen gegen seine Reformpolitik
Albert Pathen

Seit US-Präsident Barack Obama hat kaum ein ausländischer Politiker in Deutschland so viel mediales Wohlwollen genossen wie der aktuelle französische Staatschef Emmanuel Macron. Doch in seinem eigenen Land hat der Politiker viel Ärger.

So haben vergangenen Monat landesweite Streiks erhebliche Störungen im Flug- und Bahnverkehr verursacht. Der Generalsekretär des mit etwa 800000 Mitgliedern größten Gewerkschaftsbundes Frankreichs, der CFDT, Laurent Berger, sagte dem Radiosender RTL, die Arbeitsniederlegungen seien eine Warnung an die Regierung von Präsident Macron. Sieben Gewerkschaften riefen zum Streik auf, unter anderem Schul- und Krankenhauspersonal sowie Beamte und Fluglotsen. Mehr als 140 Demonstrationen wurden in ganz Frankreich organsiert. Der Höhepunkt war eine Kundgebung auf der Place de la Bastille im elften Arrondissement von Paris, an der nach Gewerkschaftsangaben mehr als 25000 Demonstranten teilnahmen. Und dies ist erst der Anfang einer gigantischen Streikwelle, die das öffentliche Leben in Frankreich erheblich beeinträchtigen könnte. 

Für die Zeit zwischen dem 3. April und dem 28. Juni haben die Gewerkschaften der Eisenbahner für zwei Fünftel der Tage zum Streik aufgerufen – als Zermürbungsmaßnahme gegen die Regierung. Der Präsident hatte angekündigt, die staatliche Eisenbahngesellschaft Frankreichs SNCF im Eilverfahren zu sanieren. Sie ist mit 50 Milliarden Euro hoch verschuldet. Gleichzeitig will die EU eine Marktöffnung ab Ende 2019 im Bereich des nationalen und regionalen Schienenverkehrs durchführen. Experten sagen, dass die französische Bahn darauf nicht vorbereitet sei. Konkret hatte Macron angekündigt, 120000 Stellen in Frankreichs öffentlichem Dienst – umgerechnet auf die Bevölkerung, der größte Europas – abzubauen und eine leistungsbezogene Entlohnung einzuführen. Bei der SNCF will er für neue Beschäftigte das bisherige Statut der Eisenbahner abschaffen, das Privilegien wie eine Pensionierung mit Mitte 50 sichert. Macron sagte, dies sei unvermeidlich, um die Bahn auf den EU-weiten Wettbewerb vorzubereiten.

In Caen skandierten Demonstranten unter anderem „Macron, du bist erledigt, die Faulenzer sind auf den Straßen“. Das war eine Anspielung darauf, dass der Präsident die Gegner seiner Reformpolitik kürzlich als „Faulenzer“ bezeichnet hatte. In Paris hielten Demonstranten Schilder mit Aufschriften wie „Faulenzer aller Länder, vereinigt euch“ oder „Faulenzerin im Ruhestand“ hoch.

Der Reformstau in Frankreich ist ein ebenso großes Problem wie die Jugendarbeitslosigkeit und die Kriminalität. Macrons Bürgerbewegung „En Marche“ wurde auch deshalb gewählt, weil der damals 39-Jährige angetreten war, verkrustete Strukturen zu aufzubrechen. Doch nach noch nicht einmal einem Jahr im Amt, stürzt seine Popularität schon in den Keller. In einer kürzlich veröffentlichten Befragung des Instituts „Yougov“ für die US-amerikanische Onlinezeitung „The Huffington Post“ und den Sender „Cnews“ äußerten sich nur 30 Prozent zufrieden mit seinem Handeln als Staatschef. Das sind elf Prozentpunkte weniger als Ende Januar – der größte Einbruch in der monatlichen Yougov-Umfrage seit Macrons Amtsantritt im Mai 2017. 58 Prozent der Befragten werteten Macrons bisherige Bilanz negativ. Zum Jahreswechsel waren in Frankreich eine Reihe von Steuer- und Abgabenreformen in Kraft getreten, deren Auswirkungen vor allem bei Rentnern nicht gut ankamen.

Macron hatte im vergangenen Jahr die Präsidentschaftswahlen souverän gegen Marine Le Pen vom Front National gewonnen. Sein Wahlkampf, der von weiten Teilen des EU-Establishments unterstützt wurde, stürzte den FN ebenso in eine Sinnkrise wie die bis dato regierenden Sozialisten, die Macron zuvor im Streit verlassen hatte. Während die Sozialisten sich in der Opposition erholen, versucht der FN mit einem neuen Namen einen Neustart.

Seit dem Vorjahr hat der FN über die Hälfte seiner Mitglieder verloren, die Verbliebenen sind vielfach verzagt. Auf die Frage nach den Gründen wird gemeinhin auf das TV-Duell mit Macron im Mai verwiesen. In den Augen vieler wirkte die FN-Chefin damals erschreckend inkompetent und aggressiv. Seitdem befindet sich Le Pen in der Defensive.

Mit den Namen Nationale Sammlung (Rassemblement National) soll die FN weniger martialisch erscheinen. Im aktuellen Streit um Macrons Reformen schlug sich die Vorsitzende der von Richtungskämpfen gebeutelten Partei auf die Seite der Demonstranten. Das Herz der Patrioten schlage mit ihnen. Macron sei ein Attentäter auf das französische Volk.