Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion floss das Geld der in Russland neu entstehenden Unternehmensimperien der Oligarchen vor allem ins Ausland. Seit Kurzem ändert sich dies jedoch. Hatten sich die Rückflüsse russischer Vermögen bereits im vergangenen Jahr fast verdoppelt, intensivieren sie sich seit dem Jahreswechsel nochmals erheblich. Laut Angaben der halbstaatlichen Sberbank erhöhten sich die Rückführungsbeträge im Januar gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat um das Dreifache, bei der Alfa-Bank gar um das Vierfache, wobei die ausführenden Bankinstitute vor allem in der Schweiz, Österreich und Großbritannien beheimatet sind.
Den Grund für diesen Wandel bildet das neuerliche Ausufern der Sanktionen des Westens. Im Januar musste US-Präsident Donald Trump auf Druck des Kongresses eine Aktivität gegen Moskau vorweisen. Der gewiefte Politiker ließ eine Liste von über 200 weiteren Politikern und Unternehmern erstellen, die künftig mit Sanktionen belegt werden könnten. Allerdings handelt es sich bei den so Inkriminierten um Russen, die laut der „Reichstenliste“ von „Forbes“ mehr als eine Milliarde US-Dollar besitzen, was die Aufstellung als konkretes Instrument gegen die russische Regierung ziemlich unbrauchbar macht.
Dennoch geht unter den russischen Anlegern die Angst um, der Westen könnte sich ihre Vermögen unter den Nagel reißen, wie dies mit Staatsgeldern missliebiger Länder seit Langem regelmäßig geschieht. Dabei sehen sich gerade Schweizer Banken unter politischem Druck, russische Gelder genauestens zu „überprüfen“, um nicht erneut ins Fadenkreuz der einnahmefreudigen US-Behörden zu geraten. Da andererseits die russische Wirtschaft in weiten Teilen durchaus zulegt und dies selbst die US-amerikanischen Ratingagenturen unlängst in Form klarer Anlageempfehlungen einräumten, erscheint ein Rückführung imns Ausland verbrachter Gelder manchem russiscen Unternehmer inzwischen durchaus angeraten.
Diesen Trend massiv verstärken dürfte jetzt ein ab Anfang März für ein Jahr geltendes Amnestiegesetz, das einen vollständigen Verzicht auf eine nachträgliche Besteuerung solcher Gelder einschließt. Für die rechtskräftig wegen diverser Delikte in ihrer Heimat verurteilten russischen Exilanten im Vereinigten Königreich deutet sich neben den besagten Gesetz noch ein weiteres Motiv an. Ihr Präsident Wladimir Putin schickte seinen Sondergesandten für Wirtschaftsangelegenheit, Boris Titow, zu den in westlichen Gazetten bisher als „Demokraten“ und „Oppositionelle“ gelobten Oligarchen an die Themse, um mit ihnen über eine mögliche Rückkehr zu verhandeln.