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06.04.18 / Ausstellung für eine preußische Eigenschaft / Das Deutsche Historische Museum zeigt bis zum 26. August »Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-18 vom 06. April 2018

Ausstellung für eine preußische Eigenschaft
Das Deutsche Historische Museum zeigt bis zum 26. August »Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend«
Silvia Friedrich

Sparen, so scheint es, versteht sich in Deutschland von selbst. Die Bürger, der Staat ebenso wie die Unternehmen sparen in Deutschland in einem großen Umfang und nahezu unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen. Erstmals ist dieses Phänomen nun Gegenstand einer Ausstellung. Unter dem Titel „Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend“ geht das Deutsche Historische Museum den Wurzeln dieser Sparneigung nach.

Vor einem Jahrzehnt, auf dem Höhepunkt der Bankenkrise, ließ Kanzlerin Angela Merkel zusammen mit dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück vor laufenden Kameras die Bürger wissen: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.“ Dahinter stand der Versuch, eine Panik unter den Sparern zu verhindern. Vor einem Jahrhundert, am Ende des Ersten Weltkrieges und ein halbes Jahrzehnt vor der Einführung der Rentenmark, vermittelte ein Sparkassen-Plakat genau die gleiche Botschaft: „Sparer, seid beruhigt.“ Gleich am Eingang des Ausstellungsraumes wird man auf diese Dopplung in der Geschichte hingewiesen.

Das Bedürfnis der Deutschen, sich mithilfe von Ersparnissen vor Krisen zu beschützen, ist bereits Hunderte Jahre alt. „Spare in der Zeit, so hast du in der Not!“ – unzählige Generationen deutscher Kinder sind mit dieser erzieherischen Mahnung aufgewachsen. Sparsamkeit versteht sich in Deutschland fast von selbst, sowohl auf öffentlicher als auch auf privater Ebene. Die Schau in Zusammenarbeit mit der Berliner Sparkasse, die am 15. Juni 1818 vom Magistrat von Berlin als erste Sparkasse Preußens und als eine der ersten Sparkassen in Deutschland errichtet wurde, versucht mit einem Exkurs in die Geschichte des Sparens der Frage nachzugehen, wie es kam, dass die deutsche Bevölkerung sich trotz Krieg, Inflation und Bankenkrisen nie vom Sparverhalten abhalten ließ.

Es beginnt in einer Art Zeittunnel. Zu Füßen der Besucher befindet sich in einem beleuchteten Hohlraum ein Münzfund, der die Blicke magisch anzieht. Robert Muschalla, Kurator der Ausstellung erklärt, dass man vor der Erfindung von Sparinstitutionen sein Kleinvermögen in unruhigen Zeiten lieber vergraben hat. So ist es häufig geschehen, und das nicht nur während des Dreißigjährigen Krieges. Auch der ausgestellte Schatz teilte dieses Schicksal. Sein Besitzer ist womöglich in den Wirren des Krieges ums Leben gekommen und konnte seine Ersparnisse nicht mehr nutzen. 

Über weite Teile werden dem Besucher in Schaukästen verschiedene Sparbehältnisse vorgestellt. Das älteste stammt aus dem Römischen Reich, ein einfaches Tongefäß mit Schlitz. In allen Formen und Größen sind Spardosen zu bewundern. Büchsen und Kästen mit Sprüchen und Bildmotiven oder in Form einer Fliegerbombe aus dem Ersten Weltkrieg und aus Blech. Interessant der mannshohe Schulsparautomat von 1925, der bis in die 1960er Jahre hinein in Deutschland in den Schulen aufgestellt wurde. Wer emsig spart und fleißig wie die Bienen ist, werde keine Not leiden müssen, das sollten schon die Kleinsten verinnerlichen.

Über Jahrhunderte wurde den Deutschen, so der Wirtschaftshistoriker Robert Muschalla, Sparen als ideelle Tugend und sittlich überhöhte Eigenschaft beigebracht. In chronologischer Reihenfolge durchwandert der Besucher die Jahrhunderte. Generell sei es schwierig das Thema „Sparen“ in einer Ausstellung darzustellen, weil es sich um einen abstrakten Vorgang handele, lässt der Kurator wissen. So habe man die gezeigten Objekte jeweils in den historischen und kulturellen Kontext gesetzt. Sichtbare Belege für das Sparen sind zum Beispiel Sparbücher, die reichlich zu sehen sind. Aber auch erstmals ausgestellte Dokumente der Sparkassen als Institution sind ausgestellt sowie Werbung für Kriegsanleihen, ein Transportwagen für Geld der Inflationszeit und ein Modell des Kdf-Wagens der NS-Zeit, aus dem später der Volkswagen hervorging. Ein Kdf-Wagen-Brettspiel, ebenfalls hier ausgestellt, sollte zum Ansparen auf den Wagen animieren. Neben einem Modell des Kreuzfahrtschiffes „Wilhelm Gustloff“ prangt ein in Grün gehaltenes Plakat. „Kraft durch Freude. Freude durch Reisen. Reisen durch Sparen“, ist darauf zu lesen. Klare und unmissverständliche Botschaften. In kleinen Kabinetten sind passend zum jeweiligen Zeitabschnitt Dokumente, Bilder oder bemalte Schmuckkästchen mit schweren Schlüsseln aus Eisen zu bewundern. 

In der Geschichte des Sparens stand lange die Vorsorge für schlechte Zeiten an erster Stelle. So organisierten sich Bergleute bereits in der frühen Neuzeit in Knappschaften, um durch regelmäßige Abgaben gemeinschaftlich Rücklagen anzusparen für den Fall, dass einer durch Unfall in eine Notlage kam.

Die erste deutsche Sparkasse wurde 1778 in Hamburg gegründet. Eigenverantwortliche Vorsorge sollte nun die Grundlage bilden, für den Notfall vorzusorgen. Den Weg dazu ebnete die Erziehung zur Sparsamkeit, zu Fleiß, zur Entsagung des Müßiggangs und zu harter Arbeit. Nach und nach entstanden in vielen Städten Spareinrichtungen. Schnell erkannten viele deutsche Kommunen, dass Sparkassen einen hohen Nutzen haben in Bezug auf Armenfürsorge und Finanzierung öffentlicher Ausgaben. Und wer materielle Werte zu verlieren hat, ist weniger anfällig für revolutionäre Ideen.

Die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum konfrontiert den Besucher mit einer Vielzahl an Plakaten. „Bienenfleiß und Sparsamkeit helfen dir zu jeder Zeit“, ist dort zu lesen oder: „Wer sät – erntet.“ In einem Nebenraum der Schau wird der Besucher eingeladen, sich Werbefilme zum Thema Sparen anzuschauen. Sie laufen in Endlosschleife und laden mit ihren bunten Bildern wie eingängigen Texten zum Verweilen ein. 

Lobenswert ist, dass die Ausstellungsmacher sehr vielen Menschen Zugang zum Thema ermöglichen wollten. An sieben Kommunikations-Stationen ist Sehen, Hören, Tasten und Begreifen erwünscht. Sehbehinderte können durch Braille-Schrift der Schau folgen. Ebenso gibt es Beschriftungen in leichter Sprache.

Zur Ausstellung ist das Buch „Sparen. Geschichte einer deutschen Tugend“ erschienen. Das 400 Seiten mit 200 Farb­abbil­dun­gen starke und für 34,95 Euro im Laden zu erstehende Werk ist jedoch kein Ausstellungsbegleitband, sondern eine Sammlung verschiedener Essays zum Thema. Nähere Informationen zu der Ausstellung sind erhältlich beim Deutschen Historischen Museum, Unter den Linden 2, 10117 Berlin, Telefon (030) 203040, E-Mail: info@dhm.de