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06.04.18 / Starker Thorak / Grünberg hat ein altes deutsches Denkmal angenommen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-18 vom 06. April 2018

Starker Thorak
Grünberg hat ein altes deutsches Denkmal angenommen
Chris W. Wagner

Ihr werdet den Ziegelberg nicht wiedererkennen!“, sagte der Bürgermeister von Grünberg in Schlesien, Janusz Kubicki Ende April vergangenen Jahres. Im Mai 2018 soll sich der Stadtpark am Weinhügel, wie die Polen den Ziegelberg nennen, nun von seiner neuen, schönen Seite präsentieren. Zwei Millionen Euro kostet die Verschönerungsmaßnahme, die zu 85 Prozent aus EU-Geldern finanziert wird. Sie soll Touristen aus aller Welt in die Weinstadt locken.Ähnliche kosmetische Bestrebungen hatte man 1961 bereits unternommen und errichtete am 1818 erbauten Winzerhaus von August Grempler ein Palmenhaus. In diesem befand sich ein Restaurant inmitten tropischer Pflanzen. Bis heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel für Grünberger und Touristen.

Zu Zeit entstehen am Ziegelberg kleine Teiche mit Fontänen und Miniwasserfällen. Das einst so berühmte Grempler’sche Weingut wird ebenso saniert. Dort wurde einst ein Schaumwein nach Art des Champagners aus den Trauben des Schwarzen Clevner, eines Schwarzburgunders, in einem der nördlichsten Weinanbaugebiete Europas hergestellt. Drei Unternehmer, Friedrich August Grempler, Karl Samuel Häusler und Friedrich Gottlob Förster, haben auf dem Ziegelberg 1826 mit der Sektproduktion begonnen. Zwei Jahre später gründete Grempler seinen eigenen Betrieb und warb für seine Produkte mit dem Slogan: „Grempler & Co. A.G. Älteste Deutsche Sektkellerei“.

Um im Wettbewerb mit den etablierten französischen Champagnerherstellern zu bestehen, bekamen einige der Grünberger Sorten französische Namen – beispielsweise Epernay und Versenay. Auf den Weltausstellungen in Paris 1855, London 1862 und Wien 1873 wurde Gremplers Sektkellerei mit Medaillen ausgezeichnet. Grünberger Sekt wurde zu einer der bekanntesten Marken der regionalen Gastronomie. Durch das 1920 verhängte französische Verbot der Champagnerausfuhr nach Deutschland profitierten deutsche Schaumweinproduzenten. So fand der Grünberger Sekt seinen festen Platz auf den Weinkarten im Berlin der Goldenen Zwanziger.

Bürgermeister Kubicki will auf dem Ziegelberg an die deutsche Weinbautradition anknüpfen. Nun sollen dort wieder die Reben angebaut werden, die einst die Qualität des Grünberger Weines ausmachten. Eine Schaukellerei wird eingerichtet und ein Bildungspfad wird für Informationen sorgen. Während Erwachsene sich dem Weingenuss hingeben, werden Kinder die Zeit auf einem modernen Spielplatz verbringen können. Dort werden Geräte aufgebaut, die in ihrer Form an alte Weinpressen und Winzerutensilien erinnern.

Am Ziegelberg steht eine Plastik von Hans Krückeberg (1878 bis 1952), die einen Knaben mit einem Fohlen darstellt. Diese Skulptur wurde fälschlicherweise Josef Thorak angedichtet, weil er ähnliche Motive von Mensch und Pferd schuf. Magdalena Kulczyk aus Crossen an der Oder dokumentiert im kulturliterarischen Periodikum „Pro liberis harmonia“ die Geschichte der Plastik, die in den 30er Jahren auf dem Crossener Platz der Wehrmachtkaserne aufgestellt wurde. Dort diente nämlich der Sohn des Bildhauers Krückeberg. Die Knabenskulptur zierte den Crossener Kasernenlatz bis in die 50er Jahre. Doch dann wurde kurzerhand entschieden, sie zu entfernen. Der Knabe wanderte nach Grünberg und zwar erst auf das Gelände des Milizsportklubs Gwardia und nach einigen Jahren auf den Ziegelberg, wo er bis heute steht. Die Crossener wollen jedoch ihren Knaben zurück.

Für Bürgermeister Kubicki ist Krückebergs Knabe aus Grünberg, wo ihn die meisten immer noch für ein Thorak-Werk halten, nicht mehr wegzudenken. Längst schon gehört er zu den Wahrzeichen der Stadt und ziert Postkarten und andere Grünberger Mitbringsel.