Als im April 2013 nach jahrelanger Gewöhnungsphase Deutschlands erste Wisentherde bei Bad Berleburg im Landkreis Siegerland-Wittgenstein ausgewildert wurde, bestand sie aus acht Tieren. Fünf Jahre später umfasst die Herde 21 Tiere. Allein 2017 wurden sechs Kälber geboren. „Die vielen Geburten jedes Jahr zeigen, dass es den Tieren gut geht“, sagt der Wildhüter Jochen Born.
Nicht verschwiegen werden darf, dass Chefbulle Egnar bei Rangkämpfen innerhalb der letzten fünf Jahre auch drei Jungbullen ins Jenseits beförderte. Und noch ein weiteres Skelett wurde gefunden. Konflikte unter den Tieren liegen in der Natur der Sache. Konflikte unter den Menschen auch. Denn während der Trägerverein von einer einmaligen Erfolgsgeschichte und einem beispielhaften Beitrag zum Artenschutz spricht, klagen mehrere private Waldeigentümer aus dem Hochsauerland seit Jahren gegen das Projekt. Inzwischen liegt die Zukunft der grenzenlosen Freiheit der Riesen-Rindviecher in den Händen des Bundesgerichtshofs. Wann sich die Karlsruher Richter mit dem Fall befassen werden, ist noch nicht absehbar.
Tatsache ist, dass die Tiere im umliegenden Privatwald Schälschäden verursachen. Rund 150000 Euro wurden nach Angaben des Vereins seit 2013 aus einem Schadensfonds dafür erstattet. Gegenmaßnahme ist Zufütterung mit schmackhaftem Futter, die allein im Winter 6000 Euro verschlingt. Vorgesehen ist auch, das Pflanzenangebot auf Wiesen und Grünflächen im Gebiet der Wittgenstein Berleburg’schen Rentkammer abwechslungsreicher zu gestalten, um die Tiere dort zu halten. Ein Prozess, der sich allerdings über mehrere Vegetationsperioden hinzieht.
Der Aufwand für das Artenschutzprojekt ist enorm. Als die Tiere im Winter bei einem Bauern ans Heu gingen, musste der Verein schnell eingreifen und das Futter durch einen Zaun sichern. Nicht zuletzt muss er das Verhalten der Menschen regeln. Dafür hat er eine Aufklärungskampagne gestartet und Hinweisschilder installiert. Wichtig ist: auf keinen Fall füttern und zirka 50 Meter Abstand halten, um die Tiere nicht zu beunruhigen. Diesen Winter gab es die erste leichte Kollision mit einem Pkw, bei dem glücklicherweise weder Mensch noch Tier verletzt wurden.
Damit nicht genug. Um die genetische Vielfalt zu erhalten und weitere Kämpfe mit Todesfolge zu vermeiden, sucht der Wisent-Verein für Egnar und seine drei Söhne ein neues Zuhause. Zu einem späteren Zeitpunkt soll der dominante Bulle durch einen neuen ersetzt werden. Maximal soll die Herde auf rund 25 Tiere anwachsen.
Aus dem eingezäunten Parallelprojekt (Besucherareal), der „Wisent-Wildnis am Rothaarsteig“, wurden bereits 2014 drei Tiere herausgenommen und in ein Gehege in Lettland verbracht. In dem Gehege am Rothaarsteig leben derzeit acht Wisente, die 2017 insgesamt 36500 Besucher anlockten.
Das Wisent-Wildnis am Rothaarsteig liegt zwischen 57319 Bad Berleburg-Wingeshausen und 57392 Schmallenberg-Jagdhaus. Geöffnet von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr (letzter Einlass), www.wisent-welt.de