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06.04.18 / Wie Mandela in Südafrika Recht und Ordnung schuf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 14-18 vom 06. April 2018

Wie Mandela in Südafrika Recht und Ordnung schuf
Karlheinz Lau

Rechtzeitig zum 100. Geburtstag (18. Juli 1918) erscheint eine Arbeit, welche die Jahre des ersten demokratisch gewählten schwarzen Präsidenten Südafrikas nach Beseitigung der Apartheid beschreibt (1994–1999). Die Biografie besteht aus Versatzstücken; zahlreiche Originaltexte Mandelas und politischer Freunde aus Reden, offiziellen Dokumenten, privaten Notizen, Sprechzetteln und anderem mehr sowie aus verbindenden Passagen des südafrikanischen Schriftstellers Mandla Langa, die ein abgerundetes Werk schaffen. Diese sind ganz eng verwoben mit den Gedanken und Vorstellungen Mandelas, so dass inhaltlich kein Bruch entsteht. 

Dem Leser begegnet eine Fülle von Namen handelnder Personen von Parteien und Organisationen sowie von Orts- und Landschaftsnamen. Unentbehrliche Helfer sind dabei im Anhang das Abkürzungsverzeichnis, das Personen-, Sach- und Ortsregister, die Chronik von 1900–1999 und eine Karte Südafrikas, Stand 1996, sowie farbige Fotos von Mandela, die seine vielfältigen Funktionen und auch seine Popularität zeigen. Nur im Verbund mit diesen „Hilfsmitteln“ kann ein normaler Leser in Deutschland den Text verfolgen.

Der Hauptteil des Buches gliedert sich in 13 einzelne Kapitel. In ihnen wollte Mandela die Geschichte seiner Jahre als erster Präsident eines demokratischen Südafrikas erzählen. „Er wollte seine Gedanken zu den Problemen niederschreiben, die ihn und seine Regierung umgetrieben hatten, die Prinzipien und Strategien erkunden, die sie im Umgang mit den unzähligen Herausforderungen, denen sich die junge Demokratie gegenübersah, anzuwenden versuchten. Vor allem aber wollte er darüber schreiben, wie das Fundament für ein demokratisches System in Südafrika gelegt wurde.“ Diese Sätze zeigen den Spannungsbogen, in dem sich Mandela und seine Freunde bewegen mussten. Auf der einen Seite das durch die jahrzehntelange Apartheid-Politik der weißen Minderheits-Bevölkerung – es waren meistens Buren – völlig zerrissene Land mit harten Konfrontationen zwischen Schwarzen und Weißen, und auf der anderen Seite die an Wertmaßstäben orientierte Politik Mandelas und seiner Freunde. Dies wird auch an Überschriften einzelner Kapitel des Buches sehr deutlich: beispielsweise Kapitel 3 „Eine freie und gerechte Wahl“ oder Kapitel 9: „Versöhnung“. 

Mandelas Entlassung 1990 aus einer 27-jährigen Haft galt damals als ein Symbol der Befreiung aus den Fesseln der Apartheid, die eine einzige Unterdrückung der schwarzen Mehrheit der südafrikanischen Bevölkerung darstellte. Die Weißen prägten die Gesellschaft zum Nachteil der schwarzen Mehrheit. Mit Übernahme der Präsidentschaft und damit der Regierungsgewalt standen Mandela und seine politischen Weggefährten vor einem Berg an zu lösenden Aufgaben in der Wirtschaft, im Bildungswesen und vor allem im Bereich der Sicherheit. Hier herrschten in vielen Teilen des Landes geradezu chaotische Zustände und rechtsfreie Räume. Die Korruption war nicht nur im Staatsapparat ein sehr ernstes Problem. Milizen lokaler Machthaber terrorisierten die Bevölkerung, Raubüberfälle und Morde standen auf der Tagesordnung. Es war eine Mammutaufgabe, hier Recht und Ordnung zu schaffen, was keinesfalls kurzfristig möglich war. Immerhin lebten in den 90er Jahren über 50 Millionen Menschen in Südafrika. 

In den einzelnen Kapiteln wird deutlich beschrieben, welche Fülle an Aufgaben auf den ersten schwarzen Präsidenten zukamen: Hunderte von geduldigen Gesprächen mit den verschiedensten Repräsentanten der Bevölkerung, die in zahlreichen heterogenen Gruppen aufgespalten war. Nicht nur Schwarze und Weiße, sondern auch Inder und „coloured 

people“, überwiegend Mischlinge aus Schwarzen und Weißen, Minenarbeiter und Landbesitzer, Armee- und Polizeiangehörige, unterschiedliche Religionsgemeinschaften galt es zu berück-sichtigen. Diese zahllosen Gespräche und Diskussionen waren keineswegs nur von Erfolg gekrönt, es gab immer wieder Rückschläge und Enttäuschungen. Der Weg zu einer demokratischen Gesellschaft ist oft sehr steinig und keine Einbahnstraße, das gilt für Südafrika bis heute. Ohne seine festen Grundüberzeugungen hätte Nelson Mandela diese Aufgabe auch körperlich nicht geschafft, das wird in diesem Buch mehr als deutlich. Sein Lebenstraum war die Befreiung der afrikanischen Mehrheit – hauptsächlich die Schwarzen – von der Tyrannei der Weißen und die Einführung der Demokratie in Südafrika. Aber auch er konnte es in der Zeit seiner Präsidentschaft nicht erreichen, dass die Vormacht der Weißen in den kulturellen, religiösen und Bildungseinrichtungen und selbst in der Landwirtschaft abgeschafft oder zumindest eingeschränkt wurden. So blieben diese Aufgaben für seine Nachfolger und – wie wir wissen – das gilt bis in unsere Gegenwart. Das Buch vermittelt den Eindruck, welch charismatische Persönlichkeit Nelson Mandela selbst zu seinen Lebzeiten schon war, der in einem Zuge mit Mahatma Gandhi genannt werden muss.

„Nelson Mandela und Mandla Langa: dare not linger – Wage nicht zu zögern“, Die Präsidentenjahre – Autorisierte Biografie, Bastei Lübbe Verlag, Köln 2017, 512 Seiten, 26 Euro



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