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13.04.18 / »Krebs ist sch...« / Ärger über Journalisten führt zu großer Spendenaktion

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

»Krebs ist sch...«
Ärger über Journalisten führt zu großer Spendenaktion
Melinda Heitmann

Hunderte Spenden mit drastischen Botschaften haben die Internetseite der Deutschen Krebshilfe zum Absturz gebracht. Mit der Nachricht richten sich die Spender allerdings nicht in erster Linie gegen die Krankheit, sondern den US-amerikanischen Journalisten und IT-Sicherheitsexperten Brian Krebs. Und das kam so:

Das deutsche Bilderportal „pr0gramm“ ist eine Webseite, auf der Tausende angemeldete Nutzer Bilder hochladen, diese bewerten und kommentieren können. Die Seite ist bekannt für zweifelhafte Inhalte, die unter anderem die Darstellung pornografischer und gewaltsamer Fotos einschließen. Am 26. März veröffentlichte Krebs auf seinem Blog einen Artikel über Coinhive, eine Schadsoftware, die vernetzt auf Webseiten Kryptowährung über die Benutzer erntet. Der Entwick­ler der Software ist Gründer und ehemaliger Betreiber des Bilderportals „pr0gramm“. Coinhive ist darauf zu Testzwecken vertreten.

Im Zuge seiner Arbeit deckte Krebs nicht nur dies, sondern auch die Identitäten der aktuellen Betreiber der „pr0gramm“-Seite auf. Damit traf er einen Schwachpunkt, da in der Vergangenheit bereits eine Aufdeckung der Identitäten der alten Betreiber zu Angriffen auf deren Privatsphäre geführt hatte. Die Betreiber veröffentlichten eine Stellungnahme auf „pr0gramm“, in der sie die Situation darlegten mit dem Hinweis, dass sie bei Aufruhr der Nutzer in Form von Angriffen auf Brian Krebs‘ Persönlichkeit das Bilderportal zugunsten ihrer eigenen Privatsphäre schließen würden.

Ein über eine mögliche Schließung der Seite verärgerter Nutzer lud am Folgetag ein Bild seiner Spendenbestätigung über 25 Euro an die Deutsche Krebshilfe hoch als metaphorischen Kampf gegen (Brian) Krebs. Dem eigenwilligen Charakter der Nutzergemeinschaft entsprechend, wurde diese Idee sofort aufgegriffen. Beflügelt von dem Gefühl, ein Ventil zum intelligenten und noch dazu sinnvollen Protest zu haben, schlossen sich Tausende Nutzer an und luden im Minutentakt ihre Spendenbelege hoch. Die Protestaktion entwickelte sich schnell zu einer viralen Spendenkampagne unter den Schlagworten „KrebsIsCancer“ und „Krebs ist scheiße“, die in nur vier Tagen über 200000 Euro allein an die Deutsche Krebshilfe zusammentrug, wie der Vorstandsvorsitzende Gerd Nettekoven bekanntgab. Die Zugriffe auf die Internetseite der Krebshilfe seien um das Zehnfache gestiegen. Auch andere Institute wie die Knochenmarkspenderdatei DKMS profitierten durch Registrierungen und Spendenbeiträge. Die Einzelbeträge variierten zwischen wenigen Euro und mehreren Tausend. Insgesamt engagierten sich etwa 10000 Teilnehmer bei der Spendenaktion. Hochgeladene Bilder, die nichts mit der Spendenaktion zu tun hatten, wurden negativ bewertet und als gerade nicht angebracht betitelt.

Entgegen der Hauptregel der Nutzergemeinschaft, die Geschehnisse auf ihrer Webseite aus der Öffentlichkeit zu halten, katapultierte sie sich damit in die Aufmerksamkeit der Medien und widerlegte zugleich ihr verrufenes Image. Krebs gab auf seinem Blog eine Stellungnahme ab, in der er sich positiv über den Spendenverlauf äußert und betont, dass die jetzigen Betreiber des Bilderportals an der Entwicklung der von ihm kritisierten Software Coinhive nicht beteiligt seien.