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13.04.18 / Agitation gegen die eigene Tat / Erst beseitigte die Union die Optionspflicht, und nun beklagt sie deren Abschaffung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Agitation gegen die eigene Tat
Erst beseitigte die Union die Optionspflicht, und nun beklagt sie deren Abschaffung
Gernot Facius/PAZ

Was nicht einmal Rot-Grün unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder forderte, machte Schwarz-Rot 2014 unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel zur Regel: den zeitlich unbegrenzten Doppelpass ohne Optionspflicht für in Deutschland geborene Ausländerkinder. Das hindert die Union allerdings nicht daran, sich mittlerweile ähnlich kritisch zu geben wie die AfD.

Die Rückkehr zur Optionspflicht haben sich im Grunde beide auf die Fahnen geschrieben. Seit vier Jahren werde die Staatsbürgerschaft an Kinder ausländischer Eltern verschenkt, beklagte sich die AfD im Bundestag. Ohne die Pflicht zur Entscheidung für einen Staat fehle „jede Motivation, sich zu integrieren“, so der Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio. Wenn es noch eines „Nachweises für die Gefahr des Doppelpasses bedurft“ hätte, dann sei er durch das Wahlverhalten der Türkeistämmigen in Deutschland belegt worden, die „mehrheitlich die Erdogan-Diktatur“ unterstützten. Wer illoyale Ausländer zum „Staatsvolk“ und damit auch zum „Wahlvolk“ mache, gefährde die „deutsche Selbstbestimmung und Bewahrung des inneren Friedens“. 

Diese Position ist gar nicht so weit von der des Parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer (CSU) beim neuen Bundesinnenminister Horst Seehofer entfernt. Mayer hatte vor genau einem Jahr in einem „Welt“-Interview erklärt: „Ich halte es für wichtig, dass wir in der nächsten Legislaturperiode die Erleichterungen bei der doppelten Staatsbürgerschaft wieder rückgängig machen.“ Auch Mayer plädierte für das Optionsmodell, nach dem sich Kinder ausländischer Eltern, die hier geboren sind, im frühen Erwachsenenalter für einen Pass entscheiden müssen. Und er markierte sogleich die Unterschiede zur politischen Konkurrenz: „Es war schon immer ein diametraler Unterschied zwischen der Position von CDU/CSU und SPD, Linken und Grünen. Letztere gingen immer davon aus, dass allein schon mit der deutschen Staatsbürgerschaft die Menschen integriert werden.“ 

Nicht viel anders argumentiert Mayers Fraktionskollege Marian Wendt (CDU): „Eine Staatsbürgerschaft ist mehr als ein Bonbon, das man einfach so mitnimmt … Niemand kann aus meiner Sicht zwei Gesellschaften dienen.“ Als CSU-Generalsekretär brachte Andreas Scheuer das Ganze auf die Formel: „Erst kommt die Integration, dann der Pass.“ 

Doch wirklich einig war sich die Union bislang nicht, das haben die diversen innerparteilichen Debatten der vergangenen zwei Jahre gezeigt. Man hat zwar den Mund gespitzt und ein Zurück zur Optionspflicht verlangt, aber in den Koalitionsgremien dann nicht zu laut gepfiffen. Schließlich hatte die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel auf dem Essener Bundesparteitag im Dezember 2016 erklärt, sie persönlich halte es für falsch, den Kompromiss mit der SPD zur doppelten Staatsbürgerschaft aufzukündigen. Es wird interessant sein zu beobachten, ob die Union als stärkste Kraft in der Koalition in dieser Legislaturperiode zu einer eindeutigen Positionierung in der Lage ist. 

Tatsächlich ist es im Augenblick die AfD, die auf klare Verhältnisse pocht. Anfang Februar hat sie einen eigenen Gesetzentwurf im Bundestag eingebracht, der zur Beratung an den Innenausschuss überwiesen wurde. Sie verwies in der Begründung darauf, dass das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht „nach Abstammung“ im Jahr 2000 durch ein entsprechendes Recht „nach Geburtsort“ erweitert worden sei: „Dieses für die seit 2000 hier geborenen Kinder ausländischer Eltern geltende Anrecht auf die deutsche Staatsangehörigkeit wurde regelhaft, jedoch nur auf Zeit gewährt, sodass eine nur vorübergehende Doppelstaatigkeit entstand, die mit der Optionspflicht – für eine der beiden Staatsbürgerschaften – zwischen dem 18. und 23. Lebensjahr endete.“ Seit 2014 werde diese Doppelstaatlichkeit auf Zeit aber „im Gegensatz zum Sinn dieser Bestimmung“ auf Dauer gewährt. Dies führe automatisch zu einer wachsenden Anzahl doppelstaatiger Personen und damit in die „vielfältige Problematik einer massenhaften, ja regelhaften Doppelstaatigkeit, die es zu vermeiden gilt“.