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13.04.18 / Prachtoper ohne Wagner / Bayreuths Markgräfliches Opernhaus wiedereröffnet – Markgräfin Wilhelmine, Schwester Friedrichs des Großen, war Bauherrin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Prachtoper ohne Wagner
Bayreuths Markgräfliches Opernhaus wiedereröffnet – Markgräfin Wilhelmine, Schwester Friedrichs des Großen, war Bauherrin
Veit-Mario Thiede

Bayreuth gönnt sich zwei Opernhäuser. Neben dem Festspielhaus, in dem die Wagner-Opern aufgeführt werden, gibt es noch das Markgräfliche Opernhaus. Dieses ba­rocke Schmuckstück gewährt den Besuchern nach einer längeren Sanierung wieder Einlass.

Markgräfin Wilhelmines Opernhaus in Bayreuth ist mit seinem bestens im Originalzustand erhaltenen Logenhaus das weltweit bedeutendste Beispiel barocker Theaterarchitektur. Da­her sprach ihm die UNESCO 2012 den Rang eines Weltkulturerbes zu. Doch kaum war der erlangt, schloss die Bayerische Schlösserverwaltung das Prachtstück we­gen dringend notwendiger In­standsetzungsmaßnahmen. Für die gab der Freistaat Bayern 29,6 Millionen Euro aus. Wie schon die Einweihung 1748 wurde auch die Wiedereröffnung am 12. April mit Johann Adolph Hasses Oper „Artaserse“ gefeiert. Mit Beginn der Bayreuther Residenztage am 14. April steht das Haus wieder für Besichtigungen offen.

Wer das aus Holz und Leinwand bestehende Logenhaus mit seiner alten Guckkastenbühne kennt, wird sich über die unerwarteten Ausmaße des jetzigen Bühnenportals wundern. Im 19. Jahrhundert beträchtlich verkleinert, ist es nun wieder wie ursprünglich 14 Meter breit und 10,5 Meter hoch. Im Mittelpunkt der Maßnahmen aber stand die Konservierung der farbigen Fassung 

des Zuschauerraums. Die von Schmutz und nachgedunkelten öligen Überstreichungen befreite originale Bemalung der Logen mit lichtem Meergrün als Grundton, blauen Zonen sowie roten, gelben und goldenen Akzenten präsentiert sich nun in alter Frische. 

Es stellte sich heraus, dass die Ursprungsausmalung sensationellerweise zu 90 Prozent erhalten ist. Bei den Retuschen erlegte sich die Expertengruppe äußerste Zurückhaltung auf. Denn das Instandsetzungsmotto lautete: Konservierung statt Restaurierung, Erhaltung des Originals statt Rekonstruktion. Völlig neu sind nur die Bodenbeläge, die 500 Plätze umfassende Bestuhlung und die technische Infrastruktur.

Künftig werden im Markgräflichen Opernhaus an 30 Tagen im Sommer Opern, Konzerte und Gastspiele aufgeführt. Ganzjährig läuft der Museumsbetrieb. Der Besucher kann sich selbstständig im Weltkulturerbe umsehen. Statt Führungen gibt es einen Film zur Geschichte und Funktion des barocken Opernhauses, in dem die Bauherrin und Intendantin Markgräfin Wilhelmine (1709–1758) als niedliche Zeichentrick­figur mit ihrem Hündchen Folichon im Arm auftritt. 

Wilhelmine war die Lieblingsschwester Friedrichs des Großen, ohne dessen Heiratspolitik das Opernhaus vielleicht nie erbaut worden wäre. Er fädelte nämlich die Vermählung des Herzogs Carl Eugen von Württemberg mit Elisabeth Friederike Sophie ein. Sie war das einzige Kind von Wilhelmine und ihrem Gatten Markgraf Friedrich (1711–1763). Die anstehenden Hochzeitsfeierlichkeiten boten der Markgräfin eine 

willkommene Gelegenheit, das Opernhaus errichten zu lassen.

Den 1750 vollendeten steinernen Außenbau entwarf Hofbaumeister Joseph Saint-Pierre. Für die Ausschmückung des hölzernen Logenhauses aber engagierte Wilhelmine den seinerzeit be­rühmtesten und besten aller Festdekorateure und Theaterarchitekten: Guiseppe Galli Bibiena, den Friedrich der Große später zu seinem Hofarchitekten ernannte.

Das von Guiseppe und seinem Sohn Carlo gestaltete Logenhaus bildete 1748 den glanzvollen Rahmen für das Hochzeitsmahl, die Aufführung französischer Komödien sowie der italienischsprachigen Opern „Artaserse“ und „Ezio“. Der von Carlo Galli Bibiena für „Ezio“ gezeichnete Bühnenbildentwurf zeigt eine mit Statuen geschmückte Palasthalle. Der diente als Vorbild für die anlässlich der Wiedereröffnung angefertigten Kulissen. Zwischen denen können die Besucher nun auf der Bühne wandeln.

Das Logenhaus ist ein glanzvolles Zeugnis der höfischen Fest- und Theaterkultur des 18. Jahrhunderts, in deren Mittelpunkt die Fürstenhuldigung und Herrschaftsinszenierung steht. Un­übersehbar groß ist das über dem Bühnenportal angebrachte, von zwei Allegorien des Ruhmes präsentierte Wappen mit dem Roten Adler der Markgrafen von Brandenburg-Bayreuth. Dem Wappenschild ist zu Ehren der aus königlichem Hause stammenden Wilhelmine eine monumentale Kro­ne aufgesetzt. Zwei reich ge­schmückte Trompeterlogen flankieren die Bühne. In ihnen kündigten Pauker und Trompeter das Eintreffen des Herrscherpaares an. Die Kartusche der linken Trompeterloge trägt die Initialen Markgraf Friedrichs. Ihm sind die allegorischen Figuren der Herrschaft und der Klugheit zugeordnet. Die rechte Trompeterloge ist mit den Initialen Markgräfin Wilhelmines sowie den Allegorien der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit ausgestattet. Auf dem Deckengemälde des Saales fliegen die Musen mit Apoll an der Spitze ein. Der Gott der Dichtkunst und Musik hält im Leierspiel inne und weist einen Putto an, dem Fürstenpaar seine Ankunft zu melden. Dessen Ehrenplatz ist die über drei Ränge aufsteigende Fürstenloge. Auf ihr sehen wir unter der preußischen Königskrone ei­nen goldenen brandenburgischen Adler. Ihm überreichen die allegorischen Figuren des Ruhmes und der Fruchtbarkeit Huldigungsgeschenke.

Erstaunlich ist der Beginn der lateinischen Widmungsinschrift über der Fürstenloge: „Für Fried­rich und Sophie.“ Aber wer ist denn „Sophie“? Markgräfin Wilhelmine lässt sich hier bei ihrem zweiten Vornamen nennen, dem griechischen Wort für „Weisheit“.

Dass die Herrschaft des Fürstenpaares dem Markgraftum „goldene Zeiten“ bescherte, verheißen die Schnitzereien an den Zuschauerrängen: Auf lächelnden Masken sitzen zum Zeichen von Wohlstand und Überfluss reich gefüllte Körbe. Tatsächlich trug die rege Bautätigkeit Wilhelmines, der wir neben dem Markgräflichen Opernhaus Sehenswürdigkeiten wie das Neue Schloss und den Landschaftsgarten Eremitage mit Wasserspielen, Altem Schloss, Sonnentempel und Ruinentheater verdanken, dem kleinen Markgraftum auch große Staatsschulden ein.


Markgräfliches Opernhaus, Opernstraße 14, Bayreuth. Be­sichtigung ab 17. April von 9 bis 18 Uhr, von Oktober bis März 

10 bis 16 Uhr. Eintritt: 8 Euro. www.bayreuth-wilhelmine.de, www.bayreuth-tourismus.de, www.franken-hohenzollern.de