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13.04.18 / Landschaft als Leidenschaft / Kunst-Coup in Hamburg – Gainsborough erstmals in Deutschland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Landschaft als Leidenschaft
Kunst-Coup in Hamburg – Gainsborough erstmals in Deutschland
Harald Tews

Einige Künstler gelten in ihrem Heimatland als na­tionale Ikonen, aber außerhalb davon nimmt man sie nur wenig wahr. Dieses Schicksal trifft auch auf den britischen Maler Thomas Gainsborough zu, der im 18. Jahrhundert Porträts und Landschaftsbilder geschaffen hat, die in seinem Land so ähnlich als Heiligtümer verehrt werden wie hierzulande etwa Caspar David Friedrichs Bilder „Kreidefelsen auf Rügen“ oder „Der Wanderer über das Nebelmeer“.

Der Hamburger Kunsthalle ist es nun gelungen, nicht nur die erste Gainsborough-Ausstellung auf deutschem Boden zu organisieren, sondern auch einige dieser Bild-Heiligtümer aus britischen Museen zu entleihen. Dass etwa das Porträt „Mr. und Mrs. Andrews“ jetzt im Original in einem deutschen Museum hängt, ist für die Briten so, als hätte Paris seine „Mona Lisa“ auf Reisen geschickt.

Dieser Ausstellungs-Coup ist dem neuen Hamburger Kunsthallen-Direktor Christoph Martin Vogtherr zu verdanken, der zuvor Chef der Londoner Wallace Collection war und der jetzt seine guten Kontakte zur angelsächsischen Kunstwelt hat spielen lassen. Die noch bis zum 27. Mai laufenden Ausstellung „Thomas Gainsborough. Die moderne Landschaft“ ist sein spektakulärer Einstand als Kunsthallen-Chef.

Gainsborough verdiente sein Geld in erster Linie als Porträtmaler. Die vier „Marsham-Kinder“, die im Gebüsch verschlungen mit Hunden spielen, werden als eine der wenigen Beispiele in Hamburg gezeigt. Der Schwerpunkt der rund 80 Gemälde in der Ausstellung liegt in der Landschaftsmalerei. „Sie war die Leidenschaft von Gainsborough, in der er frei von Auftragszwängen experimentieren konnte“, so Vogtherr. Leben konnte er davon nicht, da diese Form der Malerei seinerzeit noch keine Abnehmer fand. Gainsborough, der zur Aufhellung der Farben auf der Palette auch mit zermahlenem Glas experimentierte, präsentierte sie zumeist in der Londoner Royal Academy of Arts, zu deren Gründungsmitgliedern er 1786 zählte.

In den Landschaftsbildern stellte er die soziale Umwälzung im vorindustriellen England dar. Im Gemälde „Mr. und Mrs. Andrews“ rückte er die Porträtierten an den linken Bildrand, um im zentralen Bildbereich deren umzäunten Grundbesitz hervorzuheben. Die strenge Aufteilung der zuvor gemeinschaftlich genutzten Weide- und Ackerflächen schloss die Landbevölkerung aus, die nun in Scharen in den Städten ihr Glück suchte.

Da er die Proletarisierung der Gesellschaft vorhersah, verdient Gainsborough das im Ausstellungstitel erwähnte Prädikat „modern“ durchaus. Die Zeitgenossen schätzten die Qualität seiner Kunst ähnlich. Der Schriftsteller und Politiker Horace Walpole bezeichnete das auch in Hamburg ausgestellte Meisterwerk „Die Tränke“ als das „mit Abstand beste in England gemalte Landschaftsbild“ und stellte es auf eine Stufe mit Rubens. Wie stark Gainsborough von flämischen und niederländischen Malern in­spiriert war, zeigen in der Ausstellung vergleichende Werke unter anderem von Ruisdael. Gainsborough stellt sogar diese Meister oft in den Schatten.


Kunsthalle Hamburg, geöffnet Dienstag bis Sonntag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr. Eintritt: 14 Euro. Infos im Internet: www.hamburger-kunsthalle.de