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13.04.18 / Seine Entwertung ist fast so alt wie das Geld selbst / Die Geschichte der Inflation reicht bis in das Altertum zurück, und ein Ende ist nicht in Sicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Seine Entwertung ist fast so alt wie das Geld selbst
Die Geschichte der Inflation reicht bis in das Altertum zurück, und ein Ende ist nicht in Sicht
Wolfgang Kaufmann

Nach der Einführung des Geldes kam es immer wieder zu Inflationen. Verantwortlich hierfür war in aller Regel die unseriöse Geldpolitik des Staates. Die Geschichte der staatlich verursachten Inflationen reicht bis in die Antike zurück. Die erste schwere Inflation der Weltgeschichte fällt wohl in die Zeit der alten Römer. Seit etwa 210 v. Chr. war der Denarius die gebräuchlichste Silbermünze in Rom. 

Zu Beginn machte Feinsilber 95 Prozent seines reichlich vier Gramm betragenden Gewichts aus und die Kaufkraft betrug rund 20 Euro, was dem damals üblichen Handwerker-Tageslohn entsprach. Das änderte sich unter dem verschwenderischen Kaiser Nero (37–68 n. Chr.), der Silberanteil sank auf 3,4 Gramm. Doch das war nur der Anfang. 

Bis zum Jahre 268 wurde der Anteil des Edelmetalls im Denarius auf 0,02 Prozent reduziert. Als Folge kollabierte erst die Wirtschaft, dann erfolgte ein weitgehender Übergang zum Tauschhandel. Damit brachen die Steuereinnahmen weg, wodurch der Staat seine Aufgaben zunehmend weniger erfüllen konnte. Von da ab war es nur noch ein kurzer Weg bis zum kompletten Niedergang des Römischen Reiches.

Analog setzten im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Herrscher auf das Mittel der Münzverschlechterung, um ihren höfischen Luxus sowie kostenintensive Projekte wie Kriegszüge zu finanzieren oder sich von lästigen Schulden zu befreien. Davon zeugen beispielsweise die finanzpolitischen Exzesse zur Zeit der Kipper und Wipper. Diese fand ihren Höhepunkt zwischen 1620 und 1623, während des Dreißigjährigen Krieges. Damals brachten Landesherren verstärkt minderwertige Münzen in Umlauf, nachdem sie die guthaltigen Stücke aus dem Verkehr gezogen hatten. Allerdings kehrte das schlechte Geld in Form von Steuern und Abgaben zurück, was insofern zum Problem wurde, als man damit keine Söldner mehr bezahlen konnte. Die wollten ihren Kopf verständlicherweise nur für Silber oder Gold hinhalten. 

Neben der Münzverschlechterung bildet das überreichliche Vorhandensein von Münzmetallen einen Sonderfall in der Geschichte der Inflation. Nach der Entdeckung Amerikas brachten im 16. Jahrhundert die Schiffe der spanischen Konquistadoren bis zu 270 Tonnen Silber pro Jahr aus der Neuen Welt nach Europa, wo das Edelmetall umgehend zu Münzen geprägt wurde. Hierdurch entstand ein Überangebot an Geld, ohne dass die verfügbare Warenmenge zunahm. In kürzester Zeit stiegen die Preise um das Vier- bis Zehnfache. Das schadete vor allem dem kleinen Mann, der nicht vom Zustrom des Silbers aus den Kolonien profitieren konnte. 

Keine Grenzen kannte die Inflationsgefahr mehr nach der Einführung des Papiergeldes. Nun waren noch ungehemmtere Manipulationen möglich, weil die Währung nicht einmal mehr dem Anschein nach auf Edelmetall basieren muss­te. Als typisches Beispiel hierfür können die sogenannten Assignaten dienen, die ab Dezember 1789 im revolutionären Frankreich ausgegeben wurden. Sie sollten Geld in die Kasse des vor dem Bankrott stehenden Staates spülen und waren angeblich durch den späteren Erlös aus der Veräußerung von konfiszierten kirchlichen Immobilien gedeckt. Jedoch kamen unverhältnismäßig viele dieser sogenannten Anweisungen in Umlauf. Während der Wert der Kirchengüter nur bei zwei bis drei Milliarden Livres lag, kursierten 1796 bereits Assignaten für 45 Milliarden. Schnell sank der Wert der Assignaten auf acht Prozent ihres Nennwertes, was die Preise im Lande derart steigen ließ, dass man schließlich vorerst zu den Münzen zurückkehrte.

Dies war der erste schlagenden Beweis dafür, dass sich eine Wirtschaftskrise nicht mithilfe der Notenpresse lösen lässt – aber keineswegs der letzte. Weitere extrem dramatische Inflationen gab es in Griechenland 1943/44, China 1943 bis 1949, Jugoslawien 1990 bis 1994 und Simbabwe 2006 bis 2009. Die höchste jemals erreichte Inflationsrate wurde allerdings 1945/46 in Ungarn registriert: 4,19 Billiarden Prozent pro Monat. Das lag sogar deutlich über dem Wert der großen Inflation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg, die 1923 ihren Höhepunkt erreichte. Letztere war eine Folge des Ersten Weltkrieges und der Niederlage. Die  Entente-Mächte nutzten die Gelegenheit, sich für den ungemein kostspieligen Weltkrieg bei den USA zu verschulden. Diese Möglichkeit hatte das Reich nicht. Es verschuldete sich deshalb vor allem bei seiner eigenen Bevölkerung. 

Nach dem Krieg hoffte die Reichsführung, diese Schulden durch die Kriegsgewinne begleichen zu können. Der Krieg ging jedoch verloren, und so stand das Reich vor der Frage, wie es die bis dahin angesammelten  Schulden in Höhe von rund 150 Milliarden Mark begleichen sollte. Hinzu kamen die ungeheuren Belastungen aus dem Versailler Diktat. Diese sind nicht nur auf Bösartigkeit und Raffgier der Ente-Mächte zurückzuführen. Vielmehr mussten diese einen Weg finden, ihre Schulden bei den USA zu bezahlen. Das sollte nun der Kriegsverlierer Deutschland tun. Die Weimarer Republik stand also vor der Herausforderung, sowohl die eigenen Schulden bei der eigenen Bevölkerung als auch die Entente-Schulden bei den USA zu begleichen. Die Kriegssieger konnte die Weimarer Republik nicht einfach mit wertlosem Papiergeld abspeisen, wohl aber die eigenen Bürger. Das tat sie dann auch. Und da wundere sich noch einer über den geringen Rückhalt der Weimarer Republik 1933 bei der deutschen Bevölkerung im Allgemeinen und dem deutschen Mittelstand, der besonders viele Kriegsanleihen gezeichnet hatte, im Besondern. 

Die Papiermark war bereits seit dem Beginn des Weltkrieges nicht mehr durch Gold gedeckt gewesen. Damit schuf man schon in der Kaiserzeit die Voraussetzungen für das maßlose Drucken von Geldnoten nach dem Kriege. Die Maßlosigkeit zeigte sich im Kurs zum US-Dollar und im Goldpreis. Im November 1923 musste man 4,2 Billionen Mark für einen Dollar entrichten und für die Feinunze Gold sogar 86,81 Billionen Mark. Das führte zu einer Entwertung der Sparguthaben und Preissteigerungen in astronomischen Größenordnungen, wie sie die Deutschen bis dahin noch nicht erlebt hatten. So kostete ein Ei kurz vor dem Ende der Inflation sagenhafte 320 Milliarden Papiermark.

Diese Inflation nach dem Ersten, aber auch die nach dem Zweiten Weltkrieg war den Deutschen eine wertvolle Lehre und prägten die Stabilität der D-Mark. Doch diese Lehre nutzt den Deutschen wenig, seit sie die Hoheit über ihr Geld an die Europäische Zentralbank abgetreten haben, in der ihre Vertreter von denen anderer europäischer Nationen überstimmt werden, denen derartige Erfahrungen bislang erspart blieben. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Betrug die umlaufende Geld­menge 1998 noch umgerechnet 4,426 Bil­lionen Euro, sind es mittlerweile bereits 11,905 Billionen. Wenn dieses Wachstum anhält und nicht in gleichem Maße mehr Waren produziert oder Dienstleistungen erbracht werden, könnten die Deutschen erneut Opfer einer Geldentwertung wie jenen nach den von ihnen verlorenen Weltkriegen werden.