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13.04.18 / Karrierist und Bullenklatscher / Nein, PAZ-Autor Hubertus Thoma gratuliert Joschka Fischer nicht zum 70. Geburtstag

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Karrierist und Bullenklatscher
Nein, PAZ-Autor Hubertus Thoma gratuliert Joschka Fischer nicht zum 70. Geburtstag
Hubertus Thoma

Was macht ein Alpha-Männchen, das in einem Omega-Milieu lebt, in einem Umfeld aus Verlierern und „Kapitulanten“? Ganz einfach: Es wechselt die Seiten zu den Erfolg-reichen, den Siegern. Mit diesem simplen Rezept ist es Joseph „Joschka“ Fischer gelungen, international akklamierter deutscher Außenminister zu werden. Die Strategie hat in unserem Land seither jede Menge politischer Nachahmungstäter gefunden.

Auch ein Talent der Verhaltens­ökonomie wie der am 12. April 1948 in Gerabronn im Hohenlohischen geborene Fischer bedurfte allerdings mehrerer Versuche, bevor er den Erfolgsweg fand. Das Gymnasium in Stuttgart hatte er ohne Abschluss verlassen, eine Fotografenlehre abgebrochen. Ab 1968 versuchte er sich in Frankfurt am Main als Taxifahrer, Marxist, Revoluzzer und Anführer des Randalehaufens „Proletarische Union für Terror und Zerstörung“. Diese sogenannte „PUTZgruppe“ provozierte in Solidarität mit den „Genossen der Stadtguerilla“ von der Rote Armee Fraktion (RAF) in der Mainmetropole bürgerkriegsähnliche Zustände: Bei einem paramilitärisch durchgeführten „Putz“ (sprich Aufstand, Randale) im Mai 1976 anlässlich des Selbstmords von RAF-Ikone Ulrike Meinhof kam ein junger Polizist durch einen Molotow-Cocktail beinahe ums Leben und „Bullenklatscher“ Fischer als Hauptverdächtiger zwei Tage in Polizeigewahrsam. Er wechselte nach diesem Erlebnis zur sanfteren Fraktion der Grün-Alternativen, um den „Schweinestaat“ von innen heraus  aufzurollen.

Mit Erfolg: 1983 wurde er Abgeordneter im Bundestag, 1985 in Hessen erster grüner Minister. Die bis dahin chaotischen, in Flügelkämpfen zerrissenen „Grünen“ brachte er als sogenannter „Realo“ auf den Kurs des Establishments unter besonderer Berücksichtigung der globalistischen amerikanischen „Liberals“ und ihrer Verbündeten im Nahen Osten: Dies bedeutete wirtschaftspolitisch Marktwirtschaft statt (ökologisch verbrämtem) Klassenkampf, außenpolitisch „Nie wieder Auschwitz“ statt „Nie wieder Krieg“. Über das deutsche Schuldtrauma gelang Fischer das Kunststück, die pazifistischen Grünen zu einer linken Interventionistenpartei umzukrempeln. 1998 bis 2005 wirkte er als Außenminister und Vizekanzler der rot-grünen Bundesregierung. Über seine Beraterfirma „Joschka Fischer Consulting“ verleiht er seither den Großen der Wirtschaft wie BMW, RWE und Siemens die bei der Bionade-Bourgeoisie erwünschte Aura ökologischer Korrektheit. In informellen europäischen Gremien wie dem „Weisenrat“ und der „Spinelli-Gruppe“ betreibt er bis heute politische Lobbyarbeit für den europäischen Bundesstaat, der die Nationalstaaten möglichst ablösen soll.

Ob es einem gefällt oder nicht: Kaum ein anderer Politiker hat die deutsche Nachkriegsgeschichte so massiv beeinflusst wie Fischer. Wie kein anderer steht er für den Bruch der 68er Generation mit den nationalen Traditionen und für die Desolidarisierung mit der geschlagenen Kriegsgeneration. „Wir Kinder der Kapitulanten“ überschrieb er einen 1985 in der „Zeit“ erschienenen Grundsatztext, in dem er mit der Elterngeneration gnadenlos ins Gericht geht. Der Titel gibt zu verstehen, dass weniger moralische als vielmehr Machtaspekte im Vordergrund stehen. Mit Kapitulanten wollte Fischer nichts zu tun haben, auch nicht mit ihrer Hochkultur und ihrem Goethe-Grundsatz „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb’ es, um es zu besitzen!“ Denn was war von Nazi-Vätern schon zu erben? Also „Fack ju Göthe“!  

Dass ihm die deutsche Nation mitsamt ihrem Täter/Verlierer-Nimbus extrem suspekt war, brachte Fischer ohne Umschweife zum Ausdruck: Die Deutsche Vereinigung bezeichnete er als „ein Unglück für das deutsche Volk“. Schon früh sprach er sich nicht nur für eine Schuldenvergemeinschaftung, sondern dafür aus, so viel Geld wie möglich aus Deutschland herauszuleiten, damit es in Europa nicht wieder zu Neid und Ungleichgewichten komme, denn „Deutschland ist ein Problem“.  

Ein Antideutscher als deutscher Außenminister? Kurioserweise erntete er im eigenen Land mit dieser Haltung kaum Widerspruch. Im Gegenteil: Fischer dient bis heute über Parteigrenzen hinweg als persönliches Erfolgsmodell für eine neue, wenig profilierte Generation von Berufspolitikern, die sich, scheinbar als Lehre aus der deutschen Geschichte (die „im Kontext“ 1933 beginnt), gegenüber jeder Art von Zumutung zu konstantem Schmusekurs verpflichtet fühlt. Das Vorbild der erfolgreichen Karriere Fischers ist ein Erklärungsansatz für die Entfremdung der politischen Funktionseliten von weiten Teilen des Volkes: Die sind mit der Linie flächendeckenden Verzichts auf eigene nationale Interessen nicht einverstanden. Wie gut, dass es für diese Leute die Nazi-Keule gibt ...

Fischers berüchtigte Sentenz aus einer „Pflasterstrand“-Ausgabe von 1982, deutsche Helden müsste die Welt, tollwütigen Hunden gleich, einfach totschlagen, kann man auch auf ihn selbst beziehen: Er, der Macchiavellist, wäre so gerne ein Held geworden, wollte sich aber nicht totschlagen lassen. In gewisser Weise ist er einer geworden. Er lebt auch noch. Am 12. April wird er 70 Jahre alt.