27.04.2024

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13.04.18 / Abenteurer-Gene / Ein faszinierender Auswandererroman

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Abenteurer-Gene
Ein faszinierender Auswandererroman
Dagmar Jestrzemski

Seinen ersten Roman „Das alte Haus am Omulef“ von 2009 widmete der frühere Dokumentarfilmer Werner Jondral den Erinnerungen an seine in Masuren verwurzelte Familie. In seinem zweiten Roman mit dem Titel „Jenseits des großen Wassers“ erzählt der 1935 in Eschenwalde (Jeschonowitz) geborene Autor die spannende Geschichte seines Großonkels Waldemar Kapteina, der mit ungeheurer Energie seine Träume durchsetzte, nach Amerika auswanderte und dort zuletzt verschollen blieb. 

Waldemars Schicksal wurde in der Familie legendär. Jondral hat ihn nie kennengelernt, lauschte aber als Kind den Erzählungen seines Großvaters über Waldemars Abenteuer „jenseits des großen Wassers“. Die Eltern Kapteina müssen ihn schmerzlich vermisst haben, den letzten noch lebenden von drei Söhnen, der im Winter 1890 im Alter von 17 Jahren heimlich sein Elternhaus verließ, um Elend und Armut zu entkommen. Seiner Familie in Ostpreußen blieb er in Treue verbunden, indem er noch viele Jahre Briefe schrieb und über sein Ergehen berichtete. Zuletzt lebte er im hohen Norden Kanadas, fern von den Ausläufern der Zivilisation, wo es wohl keine Möglichkeit mehr gab, die Kommunikation aufrechtzuhalten.

Da Jondral Waldemars Spuren in den endlosen Weiten des Yukon-Territoriums und der Nordwest-Territorien gefolgt ist, konnte er die Erlebnisse seines wagemutigen Großonkels nachvollziehen und zu einem packenden Abenteuerroman verarbeiten. Zunächst aber wird der Leser nach Danzig und Hamburg entführt und dann, nach dem Sprung über den „großen Teich“, in die Welt der Cowboys und Indianer, der Goldsucher und Pelzhändler in Wyoming, Alaska und Kanada. 

Wir beobachten Waldemar auf seinem immer extremeren Lebensweg. Schlägt er sich in Amerika zunächst an der Seite seines Danziger Freundes mit harter Arbeit durch, so mischen die beiden sich 1897 unter die Glücksritter und Goldsucher. In einem Gewaltmarsch wandern sie von der Alas-ka-Küste über einen berüchtigten Pass nach Dawson City am Klondike und Yukon River. Als sich dort der größte Goldrausch aller Zeiten dem Ende zuneigt, verlässt Waldemar die Goldgräberstadt ohne seinen Freund, der im Suff erfror. 

Eine Zeitlang lebt er bei den Naturvölkern, bis die Sucht nach dem Gold nochmals Besitz von ihm ergreift. Auf dem gefährlichen Weg durch die menschenleere Wildnis der zerklüfteten Berge zieht er zum Mündungsdelta des Mackenzie River. Hier, am legendenumwobenen Fluss South Nahanni, stößt er auf eine vielversprechende Goldader. Doch das Glück verlässt ihn wieder. Zuletzt soll er in einer abgelegenen Eskimosiedlung am arktischen Eismeer gelebt haben. Den entscheidenden Hinweis erhielt der Autor von einem Inuit in einer kleinen Siedlung im Mündungsdelta des Mackenzie River. 

Der 82-jährige Autor dieses faszinierenden Romans glaubt das Abenteuer-Gen seiner Familie geerbt zu haben. Als Kameramann und Expeditionsleiter hat er insgesamt 44 Extremreisen in entlegene Gegenden unternommen, war mit seinem Team im Urwald, in der Wüste und im rauen Nordwesten Kanadas. Mehrere seiner Dokumentationen wurden im Fernsehen ausgestrahlt, so im Jahr 1987 der Film „South Nahanni“. 1989 entstand im Auftrag der ARD ein Film über ihn mit dem Titel „...und ewig lockt die Wildnis. Ein Leben für das Abenteuer“. Heute lebt Werner Jondral mit seiner Frau zurückgezogen in einem Blockhaus in der Eifel.

Werner Jondral: „Jenseits des großen Wassers“, Schardt Verlag, Oldenburg 2017, broschiert, 329 Seiten, 14,80 Euro