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13.04.18 / Kranke Jahreszeit / Alle freuen sich auf den Frühling – nur nicht die Allergiker, die sich wieder den jährlichen Pollenattacken ausgesetzt sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Kranke Jahreszeit
Alle freuen sich auf den Frühling – nur nicht die Allergiker, die sich wieder den jährlichen Pollenattacken ausgesetzt sehen
Martin Römhild

Es geht wieder los mit der ständigen Nieserei, den triefenden Na­sen und geröteten Augen. Die Heuschnupfenzeit hat begonnen. Für die Betroffenen ist es eine Qual, nach draußen zu gehen oder den Frühling durch geöffnete Fenster ins Zimmer zu lassen. Eine schnelle Heilung der Pollen- und Gräserallergie ist nicht in Sicht, doch kleine Maßnahmen können die Be­schwerden lindern.

In Deutschland leiden rund 16 Prozent der Bevölkerung unter einer Pollen-Allergie. Sobald die Allergiker mit Blütenstaub von Bäumen, Sträuchern, Gräsern, Getreide oder Kräutern in Berührung kommen, tränen und jucken die Augen, fließt die Nase und müssen sie ständig niesen. 

Im Internet liest man vielerorts, dass vegetarische oder sogar vegane Ernährung den Heuschnupfen lindern soll. Der Facharzt für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Harald Bresser sagt, dass es sich bei diesen positiven Auswirkungen einer Ernährungsumstellung um Einzelfälle handele, die man nicht verallgemeinern könne. Im Ge­genteil: „Wissenschaftliche Studien über einen positiven Einfluss einer solchen Ernährung auf Heuschnupfen gibt es meines Wissens nicht“, bekräftigt Bresser, „es be­stehen jedoch zahlreiche Kreuz­allergien zwischen Pollen als Heuschnupfenauslöser und allen möglichen pflanzlichen Nahrungsmitteln. Aus diesem Grund ist das theoretische Risiko, durch eine rein pflanzliche Ernährung die Allergieproblematik zu verschlimmern viel höher, als durch tierische Nahrungsmittel. Kreuz­allergien zwischen Pollen und Fleisch, Fisch oder Milchprodukten sind hingehen selten.“

Was tatsächlich Linderung versprechen soll, ist Heilfasten und eine histaminarme Ernährung. „Eine positive immunologische Umstimmung ist durchaus denkbar“, sagt Bresser. Andere Ratgeberseiten, wie etwa das „Zentrum der Gesundheit“, raten Pollenallergikern, Lebensmittel mit reichlich Vitamin C und Folsäure zu sich zu nehmen, da dies allergiebedingte Entzündungsreaktionen lindere. 

Da sich Pollen sofort in Haar und Kleidung einnisten, wenn man das Haus verlässt, kann eine verstärkte Hygiene hilfreich sein, da Pollenstaub so weggewaschen wird. Es ist deshalb hilfreich, jeden Abend die Haare vor dem zu Bett gehen zu waschen und gegebenenfalls das Kissen neu zu beziehen, falls tagsüber gelüftet wurde und somit Pollen durch das Fenster ins Schlafzimmer ge­weht wurden.

Eine andere sinnvolle Maßnahme ist das Nasespülen mit isotoner Salz-Lösung. Das entfernt Pollenreste in den Atemwegen. Die Pollenkonzentration ist in ländlichen Gebieten in den Morgenstunden am höchsten, in der Stadt jedoch am Abend höher. Daher sollte auf dem Land eher in den Abendstunden und in der Stadt besser morgens gelüftet werden. Auch ein Pollenfilter an offenen Fenstern hilft. Allgemein empfiehlt es sich, die Straßenkleidung abzulegen, wenn man wieder ins Haus geht, und diese gegen Kleidung zu wechseln, die noch keine Pollen an sich trägt.

Das Netzwerk Pollentrend des deutschen Allergie- und Asthmabundes DAAB zeigt darüber hinaus in einer Infografik aktuelle Pollenmeldungen im ganzen Land auf, um Allergikern zu zeigen, welche Pollen momentan wo vorkommen. Wer schon genau weiß, zu welcher Zeit die diabolischen Pollen in der Luft sind, die die meisten Beschwerden bereiten, der plant seinen Urlaub am besten genau in diesem Zeitraum und reist in pollenfreie Regionen, wie etwa auf Inseln, ans Meer oder in Hochgebirgslagen. 

Mehr als 50 Prozent der Pollen-Allergiker reagieren auch auf Lebensmittel und leiden unter sogenannten Kreuzallergien. Zu den typischen Symptomen, etwa nach dem Verzehr eines Apfels, gehören Kribbeln und Juckreiz bis hin zu Schwellungen der Mund- und Rachenschleimhäute. Wer zum Beispiel allergisch auf Frühblüher reagiert, verträgt hauptsächlich Nüsse, Äpfel, Birne, Pfirsich, Pflaume, Kirsche und Mandeln nicht. Deshalb sollte man sich gezielt beim Hausarzt nach eventuellen Kreuzallergien erkundigen, damit man diese Lebensmittel meidet und nicht noch zusätzlich mit allergischen Reaktionen belastet wird. 

Wenn jemand tatsächlich unter Kreuzallergien leidet und während der Pollenzeit bestimmte Obstsorten nicht zu sich nehmen kann, für den gibt es auch hier kleine Tricks, die weiterhin für Obstgenuss sorgen. „Geschält und zerkleinert wird so manche Obstsorte auch wieder ein Genuss“, weiß Sonja Lämmel vom DAAB, „die allergenwirkende Struktur wird bei der Verarbeitung zerstört, so dass zum Beispiel ein geriebener Apfel von manch einem Apfelallergiker schon wieder genossen werden kann.“ Wirkt auch das nicht, so hilft immer noch eines: Kochen! Das macht dem Allergieauslöser in den meisten Fällen endgültig den Garaus. Ob Apfelkompott, Kirschkuchen oder Aprikosenmarmelade – darauf muss kein Allergiker verzichten.

Leider ist der Umgang mit Kreuzreaktionen nicht immer so einfach. Bei Pollenallergikern, die auf Beifuß reagieren, können Kreuzreaktionen auf Sellerie auftreten oder bei Haselpollenallergikern auf Haselnüsse. Hier sind die Allergene hitzestabil, sodass weder Verarbeiten noch Kochen eine Änderung herbeiführt. 

Natürlich gibt es gegen Heuschnupfen auch Medikamente 

– sogar zu erschwinglichen Preisen, wie etwa Cetirizin. Diese haben jedoch zum Teil erhebliche Nebenwirkungen. Neben Müdigkeit kann es zu Kopfschmerzen, Mundtrockenheit und Benommenheit kommen sowie gelegentlich zu Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall oder Schwindel. Wen das abschreckt, der kann auf Alternativen zurückgreifen, wie etwa Akkupunktur. Die Wirksamkeit wurde in vielen Studien belegt, wie Bresser weiß: „Meines Erachtens ist Heuschnupfen eine der besten Indikationen für Akupunktur.“ 

Wer der Allergie ein für allemal den Garaus machen will, sollte über eine Hyposensibilisierung nachdenken. „Die Hyposensibilisierung ist bisher die einzige ursächliche Behandlungsmöglichkeit einer Allergie. Hierbei wird dem Allergiker das für ihn relevante Allergen in steigender Dosis zugeführt, um den Körper so daran zu gewöhnen“, erklärt der DAAB. Die Dosierungen und Zeitabstände, in denen Präparate zur Hyposensibilisierung gegeben werden, können je nach Therapieschema unterschiedlich sein. Meist wird mit einer niedrigen Allergendosis begonnen, die während der Behandlung erhöht wird. Ist eine Erhaltungsdosis erreicht, wird diese dann regelmäßig verabreicht.

Die Prozedur ist aufwendig. Wenn die Therapie an­schlägt, lässt sich der Frühling in vollen Zügen genießen.