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13.04.18 / Amtsmüde Weltkirche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 15-18 vom 13. April 2018

Amtsmüde Weltkirche
Wolfgang Thüne

Scheinheilig. Das Billionen-Vermögen der katholischen Kirche“ ist ein Buch mit revolutionärer Sprengkraft. Hans-Lothar Merten verspricht einen „Blick in das geheimnisumwitterte Vermögens-Labyrinth der Weltkirche“ mit ihren 1,3 Milliarden Gläubigen. Mit großer Akribie wird versucht, das vielfältig verzweigte „Vermögen“ in Zahlen zu fassen. Weltweit komme die Katholische Kirche auf rund zwei Billionen Euro Vermögen. Die Kirche verfüge insgesamt über eine „schier unglaubliche Vermögensmasse“, die sich im Laufe von 2000 Jahren angesammelt habe. Diese würde  reichen, um die Gesamtschulden der Bundesrepublik Deutschland zu tilgen. 

Derzeit erlebt Europa eine forcierte Entchristlichung. In Deutschland entfallen auf die römisch-katholische Kirche nur noch knapp 29 Prozent Mitglieder. Das gilt auch für Südamerika, speziell für Brasilien. In 40 Jahren ging die Zahl der Katholiken dort von 92 auf 65 Prozent zurück, die der Protestanten oder „Pfingstkirchen“ ist schon auf über 22 Prozent emporgeschnellt. „Pfingstkirchen werden wie eine Aktiengesellschaft auf Gewinnmaximierung getrimmt“. Sie machen „den Glauben zum Geschäft“: „Sie versprechen neuerdings auch schon den Himmel auf Erden. Wer auf sie hört, bleibt gesund und wird reich – so ihre Botschaft.“ Es konkurrieren die „Befreiungstheologie“ und eine „Wohlstandstheologie“. Es scheint verkehrt, die Probleme der „Weltkirche“ auf den schnöden Mammon zu reduzieren. Wenn der Papst verkündet, „diese Wirtschaft tötet“ und gegen die Reichen polemisiert, also auch gegen die eigene Kirche, dann unterliegt er einer Fehlanalyse, denn Kapitalismus und Marktwirtschaft erzeugen keine Armut, sie sind die Quellen des Wohlstands. Heute leben etwa 

7,5 Milliarden Menschen auf der Welt, fast dreimal so viel wie 1950. Dieses Wachstum kann nur wirtschaftlich bewältigt werden. Sein Vorbild Franziskus war sowohl „Bettelmönch“ als auch „Patron der Kaufleute“. 

Das Buch ist sorgfältig bei der Aufdeckung der Vermögensverhältnisse, aber bei deren Verarbeitung ziemlich tendenziös und dem „Zeitgeist“ angepasst. Der Papst wird in den Medien als Reformer, Radikaler, ja Revolutionär gefeiert, weil er populistisch die „weltweite Gerechtigkeit“ zum Anliegen der Kirche macht. Doch „Gerechtigkeit“ ist eine abgedroschene Floskel, die allen Politikern der Welt leicht über die Zunge geht. Wer die Menschen auf das Geld reduziert, verkennt, dass sie noch ganz andere Ziele und Wünsche haben, wie der Zulauf bei den Pfingstkirchen in Südamerika und auch in Argentinien, der Heimat des Papstes, demonstriert. Sie erheben nicht die „Armut“ zum Prinzip, sondern versprechen Reichtum und Gesundheit. 

Ist die „Weltkirche“, die im Jahr 380 im Römischen Reich unter Kaiser Theodosius zur „Staatsreligion“ erhoben wurde, eventuell amtsmüde? Die modernen Versprechungen „nachhaltig, sozial, ethisch und ökologisch“ sind politisches Allgemeingut, kein religiöses Alleinstellungsmerkmal. 

Hans-Lothar Merten: „Scheinheilig. Das Billionen-Vermögen der katholischen Kirche“, FinanzBuch Verlag, München 2018, gebunden, 250 Seiten, 19,99 Euro