19.04.2024

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20.04.18 / Neue Einnahmequelle / Städte und Gemeinden sollen Bürgerdaten zu Geld machen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-18 vom 20. April 2018

Neue Einnahmequelle
Städte und Gemeinden sollen Bürgerdaten zu Geld machen

Gerd Landsberg, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), ist sich keiner Schuld bewusst. Er habe einen Debattenbeitrag leisten, eine freie Diskussion anstoßen wollen. „Die Städte und Gemeinden müssen sich noch mehr klarmachen, dass Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind und sich damit wichtige Einnahmen erzielen lassen“, hatte er gegenüber der „Rheinischen Post“ erklärt und damit für Aufsehen gesorgt. Er schlug demnach ein Konzessionsmodell vor, wonach private Unternehmen mit den Daten der Kommunen arbeiten könnten, aber künftig dafür bezahlen müssten. Die Einnahmen sollten dann wiederum den Bürgern zu Gute kommen.

Landsberg erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (DPA), die Kommunen verfügten über wertvolle Datensätze. Diese sollten sie in anonymisierter Form nicht mehr nur kostenlos zur Verfügung stellen. „Es würde sich nicht um personenbezogene und schutzwürdige Daten handeln“, ergänzte ein Sprecher auf Anfrage der DPA. Konkret nannte Landsberg dabei Daten, bei denen es um Lärmwerte, Messergebnisse zur Feinstaubbelastung oder um demografische Informationen gehe. Die Kommunen sollen diese Daten nicht nur selbst stärker nutzen, sondern sie auch an Privatfirmen wie Immobilienanbieter oder Transportunternehmen weitervermitteln können. Schließlich könnten sich potenzielle Immobilienkäufer in Portalen über die Feinstaubwerte in einem bestimmten Viertel oder die dortige Altersstruktur schlau machen. 

Im Interview mit dem Südwestrundfunk (SWR) bemühte sich Landsberg, Bedenken zu zerstreuen. Der Vorstoß komme trotz der derzeitigen Skandale um Datensammler wie Facebook oder die Deutsche Post zum richtigen Zeitpunkt: „Die Bürger vertrauen uns und können sich darauf verlassen, dass wir niemals ihre persönlichen Daten weitergeben würden.“

Die Kritik an Landsbergs Vorschlägen ist enorm. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff erklärte: „Die allein ökonomische Betrachtung personenbezogener Daten als Öl des 21. Jahrhunderts degradiert den Menschen zur Ware.“ Die Nutzung anonymer Daten sei zwar datenschutzrechtlich unproblematisch. Allerdings warnte sie davor, entsprechende Maßnahmen pauschal als unbedenklich abzustempeln: „In der heutigen Zeit existieren Möglichkeiten, auch vermeintlich anonyme und damit harmlose Daten so zu verknüpfen, dass plötzlich doch wieder Rückschlüsse auf einzelne Personen erfolgen können.“

Konstantin von Notz, Digitalexperte der Grünen, sprach gegenüber der linken „Tageszeitung“ von einem „höchst fragwürdigen Geschäft der Kommerzialisierung von Daten der Bürger. Erhöhte Sensibilität muss gerade für die an verfassungsrechtliche Vorgaben sehr eng gebundenen Kommunen, die gemeinwohlbezogen arbeiten, gelten.“ 

Der Deutsche Städtetag reagierte ebenfalls skeptisch auf die Idee des Gemeindebundes. „Städte stellen zum Beispiel Geo-Daten immer häufiger kostenfrei zur Verfügung. Diese Daten können dann von Privatpersonen oder Unternehmen genutzt und aufbereitet werden. So entstehen beispielsweise Drei-D-Bilder, visualisierte Entwürfe von Architekten oder Simulationen über Verkehrsflüsse“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. Dies sei eine Sache des Gemeinwohls und nicht unbedingt ein Ansatz, um zusätzliche Gelder zu generieren.P.E.