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20.04.18 / CDU droht heikle Entscheidung / Mit wem ab 2019 koalieren? Brandenburgs Union laviert zwischen Linkspartei und AfD

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-18 vom 20. April 2018

CDU droht heikle Entscheidung
Mit wem ab 2019 koalieren? Brandenburgs Union laviert zwischen Linkspartei und AfD
Norman Hanert

Ingo Senftleben, CDU-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Brandenburg, sorgt mit seinen Überlegungen für neue Koalitionsmodelle bundesweit für Aufsehen.

Gut anderthalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl im Herbst 2019 hat  Ingo Senftleben signalisiert, er wolle im Fall eines Wahlsiegs mit allen Landtagsparteien Gespräche führen. Ein Blick auf das Wahlergebnis bei der vergangenen Bundestagswahl und auf aktuelle Umfragen zeigt: Der CDU-Fraktionsvorsitzender im Brandenburger Landtag bekundet damit seine Bereitschaft, nicht nur mit SPD, Grünen und eventuell auch der FDP über eine Regierungsbildung sprechen zu wollen, sondern auch mit der Linkspartei und der AfD. 

Die CDU sei bereit, „die politische Farbenlehre zu erweitern und über Grenzen hinweg zu denken“, so Senftleben. Zwar sprach er davon, es gebe „große Unterschiede zwischen Union und Linkspartei“, allerdings erklärte er auch, dass nach seinen Erfahrungen mit der Linken eine Zusammenarbeit in der Regel funktioniere. Und zwar so, dass man keine Protokolle brauche, denn es gelte: „Eine Absprache ist eine Absprache.“

Bemerkenswert fiel die Reaktion der Landeschefin der Linkspartei und Sozialministerin, Diana Golze, aus. Die „Bild“-Zeitung berichtete zunächst, Golze schließe eine Koalition mit der CDU ebenfalls nicht aus. Später schränkte sie zwar ein: „Ich wüsste gar nicht, auf welcher inhaltlichen Basis.“ Die Bereitschaft zu Gesprächen mit der CDU erhielt Golze allerdings aufrecht. 

Mehr Probleme deuten sich bei  Gesprächen zwischen der CDU und der AfD an. Senftleben versah seine Ankündigung einer Gesprächsbereitschaft nämlich schon vorab mit einer Einschränkung. Er erklärte, eine Regierung mit dem Landes- und Fraktionsvorsitzenden der Brandenburger AfD, Andreas  Kalbitz, sei ausgeschlossen. Senftleben wirft Kalbitz eine  „klare Nähe zu rechtsextremen Strukturen“ vor. 

Die Landtagsfraktion der AfD wies mögliche personelle Vorbedingungen des Brandenburger CDU-Chefs für die Aufnahme von Gesprächen allerdings umgehend zurück: „Wir werden uns ganz sicher nicht an einem Wunschportfolio eines Herrn Senftleben orientieren. Der Versuch, sich die Personalauswahl eines möglichen Koalitionspartners selbst gestalten zu wollen, ist ebenso vermessen wie politisch amateurhaft.“ 

Hinter dem Koalitionsangebot der CDU an die Linkspartei wittert AfD-Chef Kalbitz wenig ehrenwerte Motive: „Es geht hier nicht um Inhalte, sondern nur um die nackte Macht.“ Auch Unionspolitiker haben den Vorstoß der märkischen CDU-Spitze deutlich kritisiert. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach von einer „völlig absurden Koalitionsdiskussionen“ und schloss ein Bündnis mit Linkspartei oder AfD weiter kategorisch aus. Auch der Berliner CDU-Fraktionschef Florian Graf zeigte sich ablehnend zum Gedanken einer Koalition der Hauptstadt-CDU mit der Linkspartei. Graf erklärte, die Politik der Dunkelroten sei mit den Werten, die die CDU vertritt, nicht vereinbar. 

Differenzierter fiel die Reaktion der Generalsekretärin der Bundes-CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, aus. Sie führte mit Senftleben nach dessen Äußerungen ein längeres Gespräch. Im Interview mit dem Deutschlandfunk sprach sie davon, eine Zusammenarbeit mit der AfD „verbiete“ sich insbesondere in Brandenburg. Die Linkspartei dagegen zeige sich in der Regierungsarbeit durchaus pragmatisch. „Aber es ändert nichts an der Tatsache, dass die Linkspartei eben auch Gruppen beherbergt wie etwa die kommunistische Plattform“, so Kramp-Karrenbauer. Ob diese Reaktionen eine endgültige Absage an eine Zusammenarbeit zwischen der CDU und der Linkspartei auf Landesebene darstellt, bleibt abzuwarten. Das Ergebnis der jüngsten Bundestagswahl und Umfrageergebnisse deuten darauf hin, dass kommendes Jahr der Versuch einer Regierungsbildung nicht nur in Brandenburg ein schwieriges Unterfangen wird. 

Außer in Brandenburg stehen 2019 auch in Sachsen und Thüringen Landtagswahlen an – in allen drei Bundesländern zeichnen sich eine Fragmentierung des Parteiensystems und eine anhaltende Schwäche der alten „Volksparteien“ ab. 

Nach jüngsten Umfrageergebnissen für Brandenburg hätte weder die jetzt amtierende rot-rote Koalition noch ein SPD-CDU-Bündnis im neuen Landtag eine Mehrheit. Selbst die Hinzunahme eines kleineren, dritten Koalitionspartners, etwa der Grünen, würde daran vermutlich nichts ändern. 

In ihrer einstigen Hochburg Brandenburg kamen die Sozialdemokraten bei einer Meinungsumfrage zuletzt nur noch auf 23 Prozent. SPD, CDU, AfD und Linkspartei liegen mittlerweile alle relativ eng beieinander in einem Bereich von 17 bis 23 Prozent. Verfestigt sich dieser Zustand, wird sich die CDU zumindest in den östlichen Bundesländern früher oder später entscheiden müssen, ob sie mit der AfD oder aber mit der Linkspartei koalieren will.