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20.04.18 / Vulkanologen fordern Notfallpläne / Experten warnen vor den wirtschaftlichen Folgen des Ausbruchs eines sogenannten Supervulkans

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-18 vom 20. April 2018

Vulkanologen fordern Notfallpläne
Experten warnen vor den wirtschaftlichen Folgen des Ausbruchs eines sogenannten Supervulkans
Wolfgang Kaufmann

Vulkanausbrüche bergen sehr viel größere Gefahren als der Klimawandel – sofern ein solcher überhaupt stattfindet. Dabei können sie nicht nur zu humanitären Katas­trophen führen, sondern auch immense wirtschaftliche Auswirkungen haben.

Als der isländische Vulkan Eyja-fjallajökull im Frühjahr 2010 geschätzte 0,14 Kubikkilometer Asche ausstieß, verursachte das einen finanziellen Schaden in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro. Besonders hart traf es damals Fluggesellschaften sowie die Transport- und die Tourismusbranche wegen der wochenlangen Einschränkungen des Luftverkehrs. Noch sehr viel schwerwiegender wären die Konsequenzen des Ausbruchs eines sogenannten Supervulkans mit extrem voluminöser Magmakammer, der eine der beiden größten Stärken sieben und acht auf der Vulkanexplosivitätsindex-Skala (VEI) erreicht. Dann würden sogar mehrere hundert oder gar tausend Kubikkilometer Auswurfmaterial in die Atmosphäre geschleudert.

Eruptionen dieser Art haben bereits stattgefunden. So zum Beispiel vor rund 74000 Jahren, als der Toba in Indonesien ausbrach und 2800 Kubikkilometer Asche freisetzte, oder im April 1815. Damals explodierte der Tambora auf der Insel Sumbawa südöstlich des Tobas. Danach verteilten sich 160 Kubikkilometer Asche rund um den Globus und trübten jahrelang den Himmel. Das führte zu weltweiten Schäden in der Landwirtschaft sowie Hungersnöten mit unzähligen Toten. 

Ein solches Ereignis kann sich jederzeit wiederholen. Denn es gibt diverse Supervulkane, die momentan beunruhigende Aktivitäten zeigen. Die meisten davon liegen in Indonesien und Japan sowie auf den Philippinen, 13 davon aber auch in Europa oder dessen unmittelbarer Nachbarschaft. Dazu zählen unter anderem die Phlegräischen Felder bei Neapel sowie der Vulkan im griechischen Archipel Santorin, unter dem sich seit 2011 geschätzte 20 Millionen Kubikmeter heißes Magma zusammengeballt haben. Das führte bereits zur spürbaren Aufwölbung der touris-tisch hochfrequentierten Hauptinsel Thera und gemahnt an die Große Minoische Eruption des Vulkans um 1650 v. Chr., die eine Stärke von knapp sieben auf der VEI-Skala erreichte.

Sollte einer dieser feuerspeienden Berge ausbrechen, dann sähe das Szenario heute höchstwahrscheinlich so aus: Die in die Hochatmosphäre katapultierte Asche würde für deutlich kühlere Temperaturen und damit verbreitet für Missernten sorgen. Folge dieses ein- oder gar mehrjährigen „vulkanischen Winters“ wären dramatische Versorgungsengpässe, Hamsterkäufe, Unruhen, Anarchie und vielleicht sogar Bürgerkriege sowie Flüchtlingsströme. Ebenso könnte das Auswurfmaterial aber auch zu Boden sinken und auch dadurch die Landwirtschaft beeinträchtigen. Immerhin vernichtet bereits eine Ascheschicht von nur wenigen Millimetern jede Ernte. Darüber hinaus käme natürlich die Stromerzeugung mittels Solarzellen zum Erliegen. 

Außerdem dürfte das dann auch mit Asche bedeckte Oberflächenwasser nicht mehr zur Trinkwasserherstellung benutzt werden, womit weitere Probleme programmiert wären. Gleichfalls müssten die Kraftwerke dort, wo es Asche regnet, abgeschaltet werden, weil es an brauchbarem Kühlwasser fehlt. Das würde den Energiesektor noch härter treffen.

Die schwerwiegendsten Folgen hätte der Ausbruch eines Supervulkans allerdings im Bereich der Luftfahrt. Denn jetzt könnte es im Gegensatz zu 2010 passieren, dass der komplette Passagier- und Frachtflugverkehr zum Erliegen kommt – mit allen Konsequenzen für die ausgefeilte Logistik in unserer modernen Welt. Auch wäre dann ein Ausfall des Globalen Positionsbestimmungssystems (GPS) zu erwarten, mit dessen Hilfe sich Millionen von Fahrzeugführern an Land und zu Wasser orientieren. Die Sendeleistung der GPS-Satelliten würde vermutlich nicht ausreichen, um die Aschewolken zu durchdringen. 

Angesichts dieser gravierenden Folgen eines großen Ausbruchs fordern nun Experten wie der renommierte Vulkanologe Christopher Newhall, der die VEI-Skala schuf, Regierungen, Wirtschaftsunternehmen und Hilfsorganisationen auf, umgehend konkrete Notfallpläne zu entwickeln. Sonst könnte sich das Szenario von vor 74000 Jahren wiederholen. Zwar gab es zur Zeit des Toba-Ausbruchs noch keine störanfällige Infrastruktur beziehungsweise Ökonomie, doch stand die Menschheit damals trotzdem kurz vor dem Aussterben. Den plötzlichen Abfall der globalen Durchschnittstemperatur um mehr als drei Grad überlebten nach Meinung vieler Prähistoriker nur wenige Tausend Vertreter unserer Spezies.