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20.04.18 / Riesenspiegel von Schott / Die Europäische Südsternwarte bekommt ein neues Observatorium

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-18 vom 20. April 2018

Riesenspiegel von Schott
Die Europäische Südsternwarte bekommt ein neues Observatorium
Friedrich List

Auch im Zeitalter der Weltraum-Teleskope sind Teleskope auf der Erde für die Astronomie unverzichtbar. Im chilenischen Atacama-Hochland befindet sich eine der größten von diesen. Die Anlage wird von der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betrieben, der 16 überwiegend europäische Staaten angehören. 

Für die dortige Europäische Südsternwarte (ESO) wird nun ein neues Observatorium gebaut. Und das optische Hauptinstrument kommt aus Deutschland. Es soll Astronomen noch bessere Bilder von fernen Sternen, deren Planeten, weit entfernten Galaxien und von den Grenzen unseres Universums liefern. Die wichtigsten Komponenten liefert seit Anfang des Jahres die Mainzer Firma Schott. Einer ihrer Geschäftsbereiche ist die Produktion von Glaskeramik für optische Instrumente, die in der Luft- und Raumfahrt, aber auch in der Astronomie verwendet werden. Das Unternehmen produziert die Spezialspiegel für das neue Teleskop. 

Dessen Hauptspiegel ist mit 39 Metern der größte seiner Art. Er besteht aus 789 sechseckigen Segmenten, die einzeln steuerbar sind. Jedes hat einen Durchmesser von 1,4 Metern und eine Dicke von ungefähr einem halben Dezimeter. Schott stellt die Spiegelsegmente aus Zerodur her, einem Keramikwerkstoff, der bereits seit den 1960er Jahren in der Astronomie verwendet wird. „Der Guss der Spiegelsubstrate für den M1 ist für die ESO ein Meilenstein im Projektplan. Der Hauptspiegel des ELT wird künftig das größte Auge der Menschheit sein und es uns ermöglichen, in noch nie zuvor erreichte Tiefen des Alls vorzudringen“, erläuterte Marc Cayrel vom ELT-Projektteam der Europäischen Südsternwarte. ELT steht für Extremely Large Telescope, ein im Bau befindliches optisches Teleskop der nächsten Generation für die ESO. Für die Fertigung der M1-Segmente hat Schott spezielle Gussformen entwickelt. „Der Glaseinsatzfaktor wird möglichst gering sein, sodass wir sehr effizient arbeiten können“, sagte Thomas Westerhoff, der bei Schott für Zerodur zuständige Director Strategic Marketing. Das Extremely Large Telescope soll 2024 fertiggestellt sein. 

Moderne Teleskope sind in der Regel Spiegelteleskope. Man sieht also nicht direkt hindurch wie durch den klassischen Feldstecher. Stattdessen sammelt ein Hohlspiegel, der sogenannte Primärspiegel, das Licht und bündelt es in einen wesentlich kleineren Spiegel. Dieser Sekundärspiegel sitzt im Brennpunkt des Hohlspiegels und liefert das eigentliche Bild. Entweder wird das Bild dann durch eine Optik geführt und ist für Beobachter sichtbar, oder an dieser Stelle sind optische Sensoren installiert, die das Bild aufzeichnen.

Aber das ELT wird gleich aus fünf Spiegeln bestehen – dem Haupt- oder Primärspiegel M1 von 39 Metern Durchmesser, einem Konvexspiegel von 4,2 Metern Durchmesser, einem Konkavspiegel mit 3,8 Metern Durchmesser sowie einem 2,4 Meter großen adaptiven Spiegel. Der dritte Spiegel gibt dem Teleskop ein größeres Sichtfeld als es das herkömmliche System aus Primär- und Sekundärspiegel könnte. Vom dritten Spiegel aus wandert das Licht dann in die beiden anderen Spiegel. Erst hier, am Schluss des Weges, zeichnen Spezialkameras das Bild auf. Das fertige Extremely Large Telescope wird zehn Millionen Mal so viel Licht einfangen können wie das menschliche Auge.