Er ist ein immer wieder gern gesehener Gast im Düsseldorfer Gerhart-Hauptmann-Haus: Arno Surminski. Der im ostpreußischen Kreis Rastenburg geborene Roman- und Sachbuchautor kam diesmal für eine Lesung aus seinem neuen Buch „Wolfsland“ an den Rhein. Winfrid Halder, der Direktor des Hauses, konnte rund 50 Gäste begrüßen.
Surminski, mittlerweile 83 Jahre alt, aber fit wie ein Turnschuh, war die lange Anreise aus Hamburg nicht anzumerken. Seinen Zuhörern präsentierte er in abendlicher Frische eine Auswahl von rund einem Dutzend der 40 Geschichten aus dem alten Ostpreußen, die er in seinem neuen Buch zusammengetragen hat. Das „alte Ostpreußen“, das Surminski meint, umfasst den Zeitraum vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Danach, so Surminski, hörte Ostpreußen auf zu existieren – jedenfalls als politische Einheit: „Das Wort ,Ostpreußen‘ auszusprechen, galt lange Zeit als revanchistisch.“ Sein Buch solle dazu beitragen, „dass uns dieses Land geistig nicht verlorengeht.“
Wie das Bewahren des geistigen Erbes Ostpreußens funktionieren kann, zeigt Surminski mit der Geschichte „Der Domherr von Frauenburg“ auf. Es geht dabei um Nicolaus Copernicus, den großen Astronomen des 16. Jahrhunderts, der ein heliozentrische Weltbild (die Sonne steht im Mittelpunkt unserer Welt, nicht die Erde) vertrat. Copernicus war im Hauptberuf Domherr in Frauenburg im Ermland. Verbittert streiten Deutsche und Polen um die Herkunft des Astronomen. Schon beim Namen fängt der Streit an: Nicolaus Copernicus oder Mikolaj Kopernik – obwohl er eigentlich Niklas Koppernigk hieß.
In Surminskis Anekdote über Copernicus wird der Domherr von Spaziergängern gefragt: „Bist du deutsch oder polnisch“, worauf Kopernikus die Gegenfrage stellte: „Ist die Sonne polnisch? Sind die Sterne deutsch?“ und schließlich lachend seines Weges ging. Surminski erklärte: „Copernicus sprach Lateinisch, die weltumspannende Sprache seiner Zeit. Er war ein Lateiner.“ Im 21. Jahrhundert, nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union, könnte der unendliche Streit zwischen Polen und Deutschen um Copernicus eine neue Antwort finden: Copernicus war ein großer Europäer.
Diese Geschichte Surminskis vom Domherrn aus Frauenburg mit dem „Happy-end“, dass Copernicus nicht mehr von Polen oder Deutschen vereinnahmt wird, sondern als Europäer gesehen werden sollte oder könnte, sei sein „Wunschdenken“, meint der Autor.