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20.04.18 / Gleich zwei Frauen berieten den Großen Kurfürsten / Sowohl mit Luise Henriette als auch mit Dorothea Sophie führte Friedrich Wilhelm eine geradezu moderne Ehe

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 16-18 vom 20. April 2018

Gleich zwei Frauen berieten den Großen Kurfürsten
Sowohl mit Luise Henriette als auch mit Dorothea Sophie führte Friedrich Wilhelm eine geradezu moderne Ehe
Sibylle Luise Binder

Manche fürstlichen Ehen waren furchtbar. Einige waren fruchtbar. Die beiden Ehen des Großen Kurfürsten waren offensichtlich nicht furchtbar, sondern glücklich, und fruchtbar waren sie auch. Der Kurfürst von Brandenburg und preußische Herzog zeigte sich als bemerkenswert moderner Ehemann. Obwohl seine Frauen häufig schwanger waren, sah er sie keinesfalls nur als Gebärmaschinen, sondern nahm sie als Beraterinnen ernst. Sie waren in seine Politik involviert. Er wollte sie so oft wie möglich an seiner Seite haben. Alles deutet darauf hin, dass sie ihm wirklich am Herzen lagen.

Als Friedrich Wilhelm von Brandenburg am 6. Februar 1620 in Cölln bei Berlin zur Welt kam, war der Dreißigjährige Krieg bereits seit zwei Jahren im Gange. Um den Kurprinzen vor den Unbillen und Gefahren des Krieges zu schützen, wurde der 14-Jährige in die Niederlande geschickt. Dort studierte er an der Universität in Leiden, erlernte das Schiffsbauhandwerk und lernte die älteste Tochter des Statthalters Friedrich Heinrich von Oranien kennen: 

Luise Henriette von Oranien. Die hübsche Brünette mit den großen, dunklen Augen gefiel ihm sehr. Nur durfte er das nicht zu sehr zeigen, war er doch als Bräutigam der schwedischen Kronprinzessin Christine vorgesehen. Die hatte aber kein Interesse an einem Ehemann, und so konnte Friedrich Wilhelm Luise Henriette heiraten. 

Der Brandenburger bekam nicht nur eine liebenswürdige, hübsche Frau, sondern auch eine Mitgift von 120000 Reichstalern plus Schmuck im Wert von ungefähr 60000 Talern. Und das war noch nicht alles: Luise Henriette brachte jede Menge holländischer Handwerker, Baumeister, Kaufleute, Künstler, Verwaltungsspezialisten und Landwirte mit in ihr neues, bitterarmes Heimatland. Vor allem um Berlin und Potsdam herum entstanden „holländische Kolonien“ und sorgten für einen ordentlichen Aufschwung der Wirtschaft. 

Der nach dem Tod seines Vaters zum brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Herzog aufgestiegene Friedrich Wilhelm sah es mit Freude – und ähnlich viel Freude machte ihm seine wachsende Familie. Zwar hatte Luise Henriette einige Fehlgeburten, doch das war man in dieser Zeit gewöhnt. Zu den Fehlgeburten kam der frühe Tod von fünf ihrer sechs Kinder. Wilhelm Heinrich starb 1649 im zweiten Lebensjahr, Karl Emil im 20., Amalia im ersten, Heinrich im ersten und Ludwig im 21. Von den sechs erreichte nur einer mit 55 Jahren ein fortgeschrittenes Alter: der Kurprinz Friedrich, der sich später als Fried­rich I. zum preußischen König krönte.

Es ist erstaunlich, wie Luise Henriette trotz ihrer Schwangerschaften durch die Lande reiste. Den Haag, Königsberg, Berlin und Kleve, Warschau und Jütland in Dänemark – sie nahm das „Wo du hingehst, will ich auch hingehen“ sehr ernst und war immer an der Seite ihres Herrn, auch wenn der zur Jagd ging oder seine weiträumigen Besitzungen inspizierte. Und sie war über alles informiert und eingeweiht. Zeitgenossen wussten, dass sie den Kurfürsten beriet und er auf sie hörte – vielleicht hat sie da auch einen Teil seiner „Größe“ ausgemacht?

Ihre Lebensweise war nicht sonderlich gesund, und das wirkte sich aus. Sie erkrankte an Schwindsucht und starb 1667. 

Friedrich Wilhelm war sehr traurig, aber er wusste, dass er mehr Kinder brauchte, um die Erbfolge zu sichern. Und er wollte gerne wieder heiraten. Er hatte sich als Ehemann wohlgefühlt, ihm fehlte eine Frau an seiner Seite. Eine neue fand sich in Gestalt von Dorothea Sophie von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, der Witwe des Herzogs Christian-Ludwig von Braunschweig-Lüneburg. Allerdings sprach eines gegen sie: Sie hatte in ihrer ersten Ehe keine Kinder gehabt.

Doch es zeigte sich bald, dass das nicht an ihr gelegen hatte. Mit Friedrich Wilhelm hatte sie sieben, von denen nur eines, die 1675 geborene Tochter Dorothea, mit gerade einmal 14 Monaten und damit bereits als Kleinkind starb. Die anderen sechs kamen durch und wurden erwachsen, sodass den Kurfürsten schließlich von seinen 13 Kindern aus zwei Ehen wenigstens sieben überlebten.

Dorothea Sophie muss eine robuste Dame gewesen sein, denn auch sie begleitete ihren Ehemann auf all seinen Feldzügen. Wie ihre Vorgängerin war sie informiert und mischte sich ein. Auffallend ist ihre glückliche Hand in finanziellen Dingen. Sie sorgte nicht nur für die Vermehrung des eigenen Vermögens, sondern stärkte mit klugen Investitionen auch das Wohl des Staates. Und sie sicherte ihre Kinder ab, indem sie die Herrschaft Brandenburg-Schwedt und andere Adelssitze erwarb.

Möglicherweise hat sie es mit der Versorgung ihrer eigenen, leiblichen  Kinder zulasten ihrer Stiefkinder übertrieben. Dabei soll sie auch vor Giftmord nicht zurückgeschreckt haben. Die Ursache des plötzlichen Todes ihres Stiefsohnes Ludwig ist bis heute ungeklärt. In seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ schrieb Theodor Fontane: „Todesfälle und plötzliche Erkrankungen regten den Verdacht und die alten Befürchtungen wieder an und nachdem Kurprinz Friedrich selbst bei Gelegenheit eines Festmahls, das ihm die Stiefmutter gab, von einem heftigen Kolikanfall heimgesucht worden war, steigerten sich seine Befürchtungen bis zu solchem Grade, daß er seinen Vater um die Erlaubniß bat, sich nach Schloß Coepenick zurückziehen zu dürfen.“

Anders als sein jüngerer Bruder Ludwig überlebte Friedrich sowohl den Vater als auch die Stiefmutter. 1688 trat er die Nachfolge Friedrich Wilhelms in Brandenburg und Preußen an. Friedrichs Erhebung zum ersten preußischen König im Jahre 1701 erlebte Dorothea Sophie hingegen nicht mehr. Sie starb bereits ein Jahr nach ihrem zweiten Mann. Wie letzterer hat auch sie ihre letzte Ruhestätte in der Hohenzollerngruft des Berliner Doms gefunden.