Geparden sind die schnellsten Landtiere der Welt. Sie erreichen Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometern pro Stunde. Eigentlich ideale Voraussetzungen für die Jagd. Um aber größere Tiere wie Gnus oder Büffel zu erbeuten, müssen sie sich mit anderen Tieren verbünden.
In den Nationalparks von Kenia und Tansania nehmen sie schon mal auf den Kühlerhauben von Touristenautos Platz, um sich bessere Sicht zu verschaffen, oder sie dösen im Schatten eines Landrovers. Geparde können sogar Zutrauen zu Menschen entwickeln, weshalb sie im alten Ägypten und Mesopotamien einst zu Jagdbegleitern abgerichtet wurden. Menschen haben von den pfeilschnellen Katzen rein gar nichts zu befürchten.
Dass Geparde sich auf Beutearten spezialisieren können, die das Mehrfache eines erwachsenen Menschen wiegen, haben Wissenschaftler in Kenia nachgewiesen. Männliche Geparde, die sich zu Jagdallianzen verbünden, ernähren sich fast ausschließlich von Gnus, die ausgewachsen um die 200 Kilogramm wiegen. Das belegt die jüngst veröffentlichte Studie einer Forschergruppe um die Wildtierbiologin Femke Broekhuis von der Universität Oxford.
Das Forschertrio hatte drei Jahre lang im Masai-Mara-Naturschutzgebiet im Südwesten Kenias die Risse von Geparden und Löwen untersucht, um herauszufinden, welche Beutetiere die beiden Katzenarten erlegen. 194 Geparden- und 214 Löwenrisse wurden analysiert. Bei den Geparden differenzierten die Wissenschaftler auch danach, ob es sich bei den Jägern um einzelne Weibchen, Weibchen mit Jungen, einzelne Männchen oder Duos von Männchen handelte.
Der Befund der Studie überraschte alle: Jagdallianzen männlicher Geparde wiesen im Vergleich zu Löwenrudeln fast identische Beutestrecken auf, obwohl Acinonyx jubatus, so sein wissenschaftlicher Name, zu den Kleinkatzen zählt. Beutetiere der Gepardenduos sind zu 85 Prozent Gnus, nur in Ausnahmen auch Impalas und Thomson-Gazellen, die gemeinhin als Hauptbeute von Geparden gelten. Einzeln jagende Gepardenmännchen erlegten immerhin in knapp der Hälfte der untersuchten Fälle Gnus vor allem Impalas und Thomson-Gazellen, in Ausnahmefällen aber auch Grant-Gazelle, Leierantilope und in seltenen Fällen auch junge Kaffernbüffel.
Das Beutespektrum männlicher Geparde weist damit eine sehr hohe Übereinstimmung mit dem von Löwen auf. Mehr als jeder zweiten Löwenjagd in der Masai Mara fiel ein Gnu zum Opfer, in den anderen Fällen waren Zebras, Wasserböcke, Büffel, Giraffen, Gazellen oder kleinere Antilopenarten die Beute.
Anders die Gepardenweibchen: Ob mit oder ohne Junge – die Jägerinnen hielten sich in 90 Prozent aller Fälle an die grazilen Impalas, Thomson- und Grant-Gazellen. Der Gepardennachwuchs bleibt bei der Jagd ohnehin bis zum Alter von elf Monaten im Versteck. „Konkurrenz innerhalb der Art ereignet sich am wahrscheinlichsten zwischen alleinstehenden Weibchen und Weibchen mit Jungen“, so die Forscher.
Sie fragten sich auch, wie häufig die Beutetierarten im Untersuchungsgebiet vorkamen, und ermittelten so die relative Vorliebe für eine Beutespezies. Weil Gnus in der Masai Mara sehr häufig sind, fiel die Präferenz alleinstehender Gepardenmännchen für Gnus auf Durchschnittsniveau ab, gleiches galt für die Löwen, die überproportional oft Giraffen, Büffel oder Warzenschweine ins Visier nahmen.
Für die Gepardenduos belegte die Analyse hingegen eine starke Fokussierung auf Gnus. In der Forschung war dieser Sachverhalt bislang unbekannt. Bisher war man davon ausgegangen, dass sich das Nahrungstableau von Gepard und Löwe kaum überschneidet.
Das enorme geschlechtsspezifische Gefälle im Beutespektrum von Geparden lässt sich nur bedingt mit Gewichtsunterschieden erklären. Ausgewachsene Weibchen bringen es auf gut 40 Kilogramm, Männchen wiegen zehn Kilo mehr. Eine weitere Rolle könnte das höhere Verletzungsrisiko bei der Jagd auf größere Beutetiere spielen – und die instinktive Furcht einer Gepardenmutter, ihre Jungen nicht mehr ernähren zu können.
Es ist denkbar, dass ein Rückgang der Bestände von Gazellen und Antilopen die männlichen Geparde dazu verleitet, sich auf größere Beutetiere wie Gnus zu verlegen. Aus Indiens Nagarhole-Nationalpark ist bekannt, dass ein Schwund großer Beutetiere die Tiger dort dazu veranlasst hat, kleinere Spezies zu jagen, was in der Folge die Bestände an Leoparden zurückgehen ließ.
In Kenia wollten die Wissenschaftler zudem wissen, wie Geparden mit Löwen koexistieren können. Denn bekannt ist, dass Löwen zuweilen sowohl Gepardenjunge als auch ausgewachsene Exemplare töten. Zumal männliche Geparden in der Masai Mara – wie Löwen – häufig nachts jagen. Außerdem nehmen Löwen Geparden gelegentlich ihre Beute ab. In dem Untersuchungszeitraum verloren die beobachteten Geparden tatsächlich jeden siebten Riss an Konkurrenten, hauptsächlich aber an Tüpfelhyänen.
Die Geparden zogen sich insgesamt gut aus der Affäre, indem sie ihre Beute ins Unterholz schafften und zu den Löwenrudeln räumlich wie zeitlich genügend Abstand hielten. Die Koexistenz beider Arten auf gleichem Raum funktioniert daher aufgrund einer „komplexen Ressourcenaufteilung“ ziemlich gut.
Afrikas Gepardenbestand ist stark unter Druck. Letzte Schätzungen gehen nur noch von rund 7000 Individuen aus, hinzu kommt eine Restpopulation von 60 bis 100 Tieren im Iran. Neben der Verkleinerung des Lebensraums infolge von Flächenfraß und afrikanischem Bevölkerungswachstum machen Abschüsse durch Farmer und Viehhirten sowie der Handel mit Gepardenjungen, die als „Hauskatzen“ in den Orient verkauft werden, der Art schwer zu schaffen. Geschützt sind sie eigentlich nur in Zoos, wo sie wegen Platzmangels ihre Schnelligkeit nicht ausspielen können.