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27.04.18 / Bahnbrechendes Urteil / Verfassungsgericht: Landeswahlauschuss muss Listen überprüfen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 17-18 vom 27. April 2018

Bahnbrechendes Urteil
Verfassungsgericht: Landeswahlauschuss muss Listen überprüfen

Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat eine Wahlbeschwerde gegen das Ergebnis der letzten sächsischen Landtagswahl von 2014 zurückgewiesen. In dem Urteil wird dem AfD-Politiker Arvid Samtleben zwar beschieden, dass seine Streichung von der AfD-Landesliste durch die beiden Vertrauenspersonen rechtswidrig war und der Landeswahlprüfungsausschuss die Streichung nicht hätte berücksichtigen dürfen und die ursprüngliche Liste hätte zulassen müssen, weil der Streichung kein neuerlicher Parteitagsbeschluss vorausgegangen war. In dem Urteil steht aber auch, dass die Streichung zwar Einfluss auf die Zusmmensetzung des Parlaments habe, der Fehler aber nicht so schwer wiege, dass der Fortbestand des gesamten Landtags unerträglich erscheine. Daher sei die Landtagswahl nicht für ungültig zu erklären. Samtleben hatte die Feststellung beantragt, dass er Mitglied des sächsischen Landtages sei und hilfsweise Neuwahlen gefordert. 

Dem Urteil ist ein mittlerweile fast vierjähriger Rechtsstreit vorausgegangen, weil vor dem Klageweg die Wahlbeschwerde beim Landtag anhängig war. Das Parlament sah ebenfalls ein Bestandschutzinteresse für sich selbst und lehnte die Beschwerde schließlich 2017 geschlossen ab. Die Wahlprüfung zog sich unter anderem wegen einer mündlichen Anhörung hin, die entscheidend wurde für die Aufhebung der Immunität von Frauke Petry wegen Meineids durch Land- und Bundestag.

Schon vorher hatte Samtleben vor dem sächsischen Verfassungsgerichtshof vergeblich versucht, die Landtagswahl vom 31. August 2014 zu stoppen beziehungsweise die AfD wegen des jetzt festgestellten Fehlers ganz von der Wahl auszuschließen, was als unzulässig zurückgewiesen wurde. Zuvor hatte der sächsische Wahlprüfungsausschuss die AfD-Wahlliste ungeprüft zugelassen. Der damalige Bautzener AfD-Vorsitzende Samtleben wurde nach eigenen Angaben von den beiden Vertrauenspersonen gestrichen, weil er sich weigerte, ein Darlehen von 1000 Euro zu unterschreiben, das im Falle seiner Wahl automatisch zur Spende geworden wäre. Das freie Mandat lässt zumindest nach der Wahl einen Zugriff der Partei auf Diäten nicht zu.

Eine Einberufung einer neuen Landeswahlversammlung, also des Parteitages, vor der Einreichungsfrist der Landesliste war nicht mehr vom sächsischen Landesvorstand vorgenommen worden. Die beiden Vertrauenspersonen, die von der Landeswahlversammlung gewählt werden und diejenigen sind, die als erstes den Wahlvorschlag unterschreiben, können nicht ohne Landeswahlversammlung Personen streichen. Samtleben stand auf Platz 14 der Landesliste, die dann auch tatsächlich bis zu diesem Platz zog und 14 AfD-Mitglieder den Einzug in den Landtag ermöglichte. Hätte Samtleben weiter hinten auf der Liste gestanden, wäre er ohnehin nicht ins Parlament gekommen und seine Klage von vorn herein aussichtslos gewesen.

Rechtsexperten sehen das Urteil als bahnbrechend an, weil zum ersten Mal mit dem Landeswahlausschuss ein staatliches Organ verpflichtet wird, das interne Handeln von Parteien zu überprüfen. Denn bisher galt das innerparteiliche Demokratiegebot als nicht einklagbar vor staatlichen Gerichten.J.S./J.H.