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04.05.18 / »Schinkel feiern!« / Die neue Bauakademie soll Architekturmuseum und Denkfabrik werden – Wettbewerb abgeschlossen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-18 vom 04. Mai 2018

»Schinkel feiern!«
Die neue Bauakademie soll Architekturmuseum und Denkfabrik werden – Wettbewerb abgeschlossen

In der Mitte Berlins soll bis 2023 die Schinkelsche Bauakademie an ihrem ursprünglichen Standort wiederentstehen. Bauherr ist der Bund. Für das Vorhaben hat der Deutsche Bundestag 62 Millionen Euro bewilligt. Dieser Tage entscheidet eine internationale Jury über den oder die Sieger des vom Bundesbauministerium ausgeschriebenen interdisziplinären Programmwettbewerbs. Wenn alles planmäßig verläuft, könnte schon 2023 Eröffnung gefeiert werden.

Auch wenn der große preußische Baumeister Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) Namensgeber der Nationalen Bauakademie werden soll, hält man zu ihm eine gewisse Distanz. So hat die damalige Bundesbauministerin Barbara Hendricks im September 2017 beim Startschuss für das Projekt die Richtung vorgegeben: „Schinkels rekonstruierte Akademie darf keine bloße Kopie des Originals werden, sondern muss eine Denk- und Kreativfabrik sein, die Wissenschaft und Kunst, Forschung und Lehre, Theorie und Praxis unter einem Dach zusammenführt.“

Für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), die Staatlichen Museen zu Berlin und die anderen die Bauakademie und das Humboldt-Forum tragenden Institutionen lautet das Motto: „Schinkel feiern!“ Allerdings nicht an einem „Ort institutioneller und disziplinärer Grenzziehungen“, sondern in einem „offenen, partizipativen Architekturforum, das dazu beiträgt, diese Grenzen zu überwinden“. Die neue Bauakademie als Plattform sei „ein Experiment und eine Chance, einen neuen zeitgemäßen Typus eines Ausstellungs- und Veranstaltungshauses in der Mitte Berlins zu erproben“.

Gleichzeitig repräsentiert die neue Bauakademie die außergewöhnliche und auch im weltweiten Vergleich herausragende Architekturgeschichte Berlins. Es gibt kaum einen anderen Ort, an dem sich eine derartige Fülle wichtiger Bauwerke hochkarätiger Architekten betrachten lässt. Sie reflektieren prägende politische Kräfte und gestalterische Ideen der letzten Jahrhunderte, vom preußischen Barock über die frühe Moderne bis zu den Diktaturen im 20. Jahrhundert und dem Neuaufbruch nach 1990.

In den Augen von  Hermann Parzinger, Präsident der SPK, ist die Bauakademie nicht weniger als eine „Ikone der Baugeschichte“. Errichtet wurde das Gebäude für die 1799 gegründete Akademie in den Jahren 1832 bis 1836 auf dem Alten Packhof zwischen Kupfergraben und Friedrichswerderscher Kirche nach einem Entwurf Schinkels. Seine Konstruktionsweise sowie die Fassaden- und Innengestaltung galten weltweit als revolutionär und wegweisend für modernes Bauen. Nach einem Bombenangriff brannte das Gebäude 1945 aus. Der Wiederaufbau hatte bereits begonnen, wurde aber 1956 eingestellt. Im Jahre 1962 ließ die DDR-Regierung den Rohbau für den Neubauriegel des Außenministeriums abreißen.

Die Bauakademie war Schinkels Wohnung, Arbeitsstätte und sein Meisterwerk als Staatsarchitekt Preußens. Der revolutionäre „rote Kasten“ avancierte als Träger innovativer technischer und gestalterischer Ideen rasch zu einem das Stadtbild Berlins prägenden Zeichen des beginnenden bürgerlichen Zeitalters. Die Bauakademie nahm die Ästhetik und Bautechnik der Moderne in Material, Normierung, Rasterung und „Serialität“ vorweg. Sie repräsentierte gleichermaßen den architektonischen Blick in Vergangenheit und Zukunft in einem verdichteten Punkt auf der Zeitachse, mit dem man den Beginn der modernen Architektur in Preußen assoziieren konnte.

Zugleich war sie nach Oper, Bibliothek, Universität und (Altem) Museum der Schlussstein in der Bildungslandschaft von Berlin-Mitte. Sie stand am Ende eines 100-jährigen Prozesses der Formierung des bürgerlichen Staates als Bildungsstaat, der im Zeitalter der napoleonischen Kriege zur Staatsräson Preußens wurde. Friedrich Wilhelm IV. machte sich 1841 die Bildungsideen der Weimarer Klassik und der Brüder Humboldt in seinem berühmten Diktum „die ganze Spree-Insel hinter den Museen zu einer Freistätte für Kunst und Wissenschaft umzuschaffen“ zu eigen.

Die SPK stellt zwar keine Ansprüche auf die Räumlichkeiten, kann sich aber eine „Einbeziehung bei der Nutzung der Bauakademie gut vorstellen“. Sie möchte Schinkels Erbe in die Programmarbeit der neuen Bauakademie einbringen. Da die Stiftung über den gesamten künstlerischen Nachlass Schinkels sowie umfängliche Archivalien und Schriftquellen zu seinem Leben und Wirken und noch dazu über eine bedeutende Architektursammlung verfügt, ist eine solche Partnerschaft aus Sicht Parzingers „äußerst lohnenswert“. Er begrüßt es, wenn die Bauakademie ein Ort wird, an dem „über Bauen und die Stadtentwicklung der Zukunft“ nachgedacht wird. Ihm ist aber auch wichtig: „Aber das lässt sich nicht ohne Geschichte tun. Es ist schon wichtig, Bezüge zwischen der Bauakademie, der Museumsinsel und dem neuen Humboldt-Forum im Berliner Schloss herzustellen.“ Vorstellbar sind für ihn Kooperationen und Sonderausstellungen mit den architekturgeschichtlich bedeutenden Sammlungen Berlins in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, der Technischen Universität oder der Berlinischen Galerie.

So könnte die wiedererrichtete Bauakademie mit der Museumsinsel und dem Humboldt-Forum schon in wenigen Jahren die neue Mitte Berlins maßgeblich prägen und als kulturelles Schaufenster eine Visitenkarte der Hauptstadt sein.J.H./SPK