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04.05.18 / Jeder hört, was er hören will / Alle reden von »Integration« – Aber was mit ist dem Wort eigentlich gemeint?

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-18 vom 04. Mai 2018

Jeder hört, was er hören will
Alle reden von »Integration« – Aber was mit ist dem Wort eigentlich gemeint?
Dirk Pelster

Kaum ein Begriff hat die Debatten der vergangenen Jahrzehnte so bestimmt wie der der Integration. Er taucht in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen auf, etwa, wenn es um die Eingliederung von Erwerbslosen in den Arbeitsmarkt oder von Behinderten in die Gesellschaft geht. Am gebräuchlichsten ist seine Verwendung jedoch immer dann, wenn über die Aufnahme von Einwanderern diskutiert wird. 

Die große Beliebtheit, derer sich der Begriff der Integration erfreut, ist vor allem seiner Unbestimmtheit zu verdanken. Jeder, der dieses Wort benutzt oder hört, hat seine eigene Vorstellung davon, was es bedeutet, wenn ein Ausländer sich in die deutsche Gesellschaft eingliedert. 

Während einige davon ausgehen, dass sie mit einem aus Kabul zugewanderten Moslem schon nach einigen Jahren im Festzelt bei bayerischer Blasmusik gemeinsam eine Maß Bier trinken und eine Schweinshaxe verspeisen werden, reicht es anderen schon aus, wenn der Mann sich nicht unter Allahu-akbar-Rufen im Einkaufszentrum in die Luft sprengt, um von einer gelungenen Integration zu sprechen. Die geringe Schärfe und der hohe Wohlfühlfaktor dieses Zauberwortes dienen vor allem dazu, möglichen Kritikern der anhaltenden Mas­senimmigration von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Anders als in den gesteuerten öffentlichen Diskursen ist der Begriff der Integration in den Sozialwissenschaften, denen er ursprünglich auch entstammt, allerdings sehr viel eindeutiger umrissen. Bei der „Akkulturation“ einer ethnischen oder kulturellen Minderheit in eine Mehrheitsgesellschaft unterscheidet man dort zwischen den folgenden vier Formen des Zusammenlebens: Separation, Marginalisation, Assimilation und Integration. 

Bei der sogenannten Separation behält eine Gruppe von Eingewanderten ihre kulturellen und sprachlichen Eigenheiten bei und pflegt auch keinen oder nur sehr begrenzten Umgang mit der Gastbevölkerung. Sie schottet sich weitestgehend von dieser ab. 

Eine weitere Form des Zusammen- oder vielmehr des Nebeneinanderherlebens ist die sogenannte Marginalisation. Hierbei gibt die Gruppe der Einwanderer ihre Sprache und Bräuche auf, wird aber von der Mehrheitsgesellschaft dennoch an den Rand gedrängt und kann daher nicht gleichberechtigt an den vorhandenen Ressourcen teilhaben. 

Anders ist es bei der sogenannten Assimilation. Hier geht die Gruppe der Einwanderer mit der Zeit vollständig in der Mehrheitsbevölkerung auf und nimmt auch deren Sprache und Normen ersatzlos an. 

Von Integration im sozialwissenschaftlichen Sinne spricht man wiederum dann, wenn eine Minderheit zwar im regen Austausch mit der gastgebenden Mehrheit steht und gleichberechtigte Teil­habe an den gesellschaftlichen Ressourcen ausübt, aber eben gerade nicht auf ihre kulturelle Eigenständigkeit verzichtet. Doch insbesondere der letzte Punkt und die hiermit verbundenen Konsequenzen werden in öffentlichen Diskussionen fast nie offen ausgesprochen. An den Vorschlägen zur Integrationspolitik von linken Parteien, Gewerkschaften und Sozialverbänden erahnt man, dass eine Annahme heimischer Rechts- und Wertvorstellungen gar nicht ernsthaft angestrebt ist. Dieses Urteil fällt möglicherweise anders aus, wenn solche Vorschläge zusätzlich mit der Forderung nach dem Erhalt einer deutschen Leitkultur oder der unbedingten Anerkennung des Grundgesetzes garniert werden, wie aus Teilen von CDU und CSU zu vernehmen ist. 

Doch auch in diesen Konzepten ist eine Annäherung der Minderheit an die gesellschaftlichen Normen und Bräuche der Mehrheit nur insoweit vorgesehen, als sie für ein halbwegs friedliches Zusammenleben unabdingbar ist. Deshalb beschränken sich die Kriterien, welche als Faktoren für eine erfolgreiche Integration von Ausländern genannt werden, zumeist auf so Grundlegendes wie die Einhaltung der Gesetze, den Erwerb von Deutschkenntnissen oder die Aufnahme von Arbeit. 

Unabhängig davon, dass ein Großteil der Millionen hier lebenden Einwanderer selbst diesen Minimalanforderungen nicht genügt, stellt sich die Frage, ob das Sprechen einer gemeinsamen Verkehrssprache und die Einhaltung grundlegendster Rechtsnormen wirklich ausreichen, um eine Gesellschaft dauerhaft in ihrem Innersten zusammenzuhalten. In der Geschichte jedenfalls gibt es kein Beispiel für eine gelungene Integration. Die hierzu immer wieder gern bemühten Vergleiche zu den nach Preußen eingewanderten Hugenotten und böhmischen Brüdern hinkt auf fast jeder Ebene. Diese Einwanderer waren ihrem neuen Gastvolk kulturell sehr ähnlich. Im Wesentlichen stand nur die Sprachbarriere zwischen beiden Gruppen. Zudem vollzog sich die Immigration innerhalb weniger Jahre und war auf einige zehntausend ausgesuchte Personen beschränkt, während die heutige Einwanderungswelle nun schon seit fast 60 Jahren andauert und Millionen Menschen über die deutschen Grenzen gespült hat. 

Doch auch nach sozialwissenschaftlichen Kriterien handelte es sich nicht um eine Integration. Während etwa die Hugenotten zwei Generationen lang überwiegend unter sich blieben, sich also separierten, fand danach eine rasche Assimilation in die deutsche Mehrheitsgesellschaft statt. Eine solche Entwicklung ist bei einem fortdauernden Nachzug von immer mehr Ausländern aus denselben Herkunftsregionen und angesichts der Verfügbarkeit moderner Kommunikationsmittel, mit denen der Kontakt zur alten Heimat problemlos aufrechterhalten werden kann, in heutigen Zeiten illusorisch.