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04.05.18 / »Bring zum Ausdruck, wer du bist« / Viertes Frühlingsseminar der LO für die mittlere Generation der Deutschen Minderheit in Gallingen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-18 vom 04. Mai 2018

»Bring zum Ausdruck, wer du bist«
Viertes Frühlingsseminar der LO für die mittlere Generation der Deutschen Minderheit in Gallingen
Uwe Hahnkamp

Am 14. und 15. April organisierte die Landsmannschaft Ostpreußen (LO) für die mittlere Generation der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen im Gutshaus und Vorwerk Gallingen bei Bartenstein das diesjährige Frühlingsseminar. Neben der Geschichte der Region sowie der Besichtigung einiger Herrenhäuser stand eine Schulung mit dem Titel „Bring zum Ausdruck, wer Du bist“ auf dem Programm.

Es war das vierte Früh-lingsseminar, das Edyta Glad-kowska, die Vertreterin der LO in Allenstein, auf die Beine gestellt hat. Zielgruppe war die mittlere Generation von 25 bis etwa 65 Jahren, für die von den Gesellschaften der Deutschen Minderheit im südlichen Ostpreußen selten extra auf sie zugeschnittene Veranstaltungen organisiert werden. Zum einen geht es der LO um die Förderung von Kontakten und die Weiterbildung der Teilnehmer, zum anderen um die Präsentation der Gutshäuser als besonderer Ausdruck der Kultur der jeweiligen Teilregion im südlichen Ostpreußen.

Bereits der Tagungsort Gallingen erfüllt das zweite Ziel. Das Gutshaus gehörte von 1468 bis 1945 der Familie zu Eulenburg, war zuerst eine Wasserburg und stammt in seiner heutigen Form aus dem 18. Jahrhundert. Das zum Herrenhaus gehörende Gehöft ist heute ein Gestüt und Hotel, die Remise für die Pferdewagen sowie die Orangerie im Gutshaus bieten ein passendes Umfeld für eine Tagung mit bis zu 50 Teilnehmern.

Als Thema der Schulung für die Teilnehmer hatte die Referentin Irena Sosnowska den Begriff „asertywnosc“ (Selbstbehauptung) gewählt. Selbstbehauptung ist die Fähigkeit, sich der eigenen Grenzen  bewusst zu sein und das auch in Konfliktsituationen, mit denen Mitglieder einer Minderheit häufiger konfrontiert werden als die Mehrheitsbevölkerung, kommunizieren zu können. Die Teilnehmer formulierten das in ihrer gemeinsamen Arbeit zum Thema als „gesunden Egoismus“, der ein „entschiedenes Ja oder Nein“ zur Folge hat, aber auch „Offenheit und Achtung vor anderen“ beinhaltet. Sie erarbeiteten die Vorteile gegenüber einer unterwürfigen und einer aggressiven Einstellung und übten an konkreten Situation typische Verhaltensweisen der Selbstbehauptung, um die entsprechenden Konflikte zu deeskalieren. Ein letzter Schritt war die Übertragung dieses Verhaltens auf die Arbeit in den Gesellschaften der Deutschen Minderheit. 

Nach der Besichtigung des weitläufigen Geländes des Herrensitzes Gallingen erzählte Christian von der Groeben aus der Geschichte seiner Familie, die von etwa 1400 bis 1945 mit der Region um Bartenstein – dem zentralen Teil Ostpreußens – eng verbunden war. Er hat bei seinen Forschungen in den Archiven etwa 200 Besitzungen gezählt, die kürzer oder länger einem Mitglied der Familie von der Groeben gehört haben. Sein Zweig der Familie saß auf dem Gut Groß-Schwansfeld, das Friedrich von der Groeben, der mit Johann III. Sobieski vor Wien gekämpft und dort ein Vermögen erworben hatte, 1694 gekauft und in ein Majorat, also einen unteilbaren Grundbesitz umgewandelt hatte.

Genau dort begann am Sonntag, dem 15. April, die Exkursion der Teilnehmer des Frühlingsseminars. Das Gutshaus ist gut erhalten, muss aber renoviert werden. Der private Eigentümer hat große Pläne, wie die im Haus gelagerten Möbel zeigen, aber es fehlt ihm an finanziellen Mitteln. Dank der Ortsvorsteherin Janina Kosinska konnte aber seit ihrem Amtsantritt vor drei Jahren wenigstens der historische Friedhof bei der Gutskirche dank der Arbeit von etwa 40 Freiwilligen von Baum- und Strauchwerk befreit werden.

Ganz anders stellt sich die Situation beim Schloss der Familie von Lehndorff in Steinort dar. Hier kam es durch unachtsamen Umgang mit dem im Jahr 1945 komplett erhaltenen Gebäude und dem Einfluss der Witterung erst in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zu den Schäden, die jetzt langwierig und kostspielig beseitigt werden müssen. Laut Piotr Wagner von der Deutsch-Polnischen Stiftung Kulturpflege und Denkmalschutz, die sich um das Schloss kümmert, geht es zwar voran, aber es gibt noch sehr viel zu tun, bis das Gebäude wieder genutzt werden kann. 

Fast komplett renoviert ist hingegen das Gutshaus Jäglack nach etwa fünf Jahren Sanierung. Dort sind eine Regional- und eine Fischereistube eingerichtet. Es wird unter anderem die Fischwelt von Masuren vorgestellt und die Geschichte der Renovierung dokumentiert. Zwar ist das Gebäude deutlich kleiner als das in Steinort, dennoch zeigt es deutlich, was möglich ist, wenn der Wille und finanzielle Mittel vorhanden sind. 

Als letzten Punkt des Ausflugs steuerten die Teilnehmer in Prassen ein weiteres Herrenhaus der Familie zu Eulenburg an. Obwohl es nunmehr eine Ruine ist, die im Wald versteckt liegt, macht es mit seinen Dimensionen beeindruckend deutlich, welche Pracht dort in seinen besten Zeiten geherrscht haben muss. 

Die Teilnehmer bedankten sich bei Gladkowska für die Organisation der Veranstaltung und bei der LO für die Finanzierung des Frühlingsseminars,