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04.05.18 / Kreative Stadt ohne kreative Werbung / Die UNESCO-Kreativstädte tauschen sich in Kattowitz aus

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 18-18 vom 04. Mai 2018

Kreative Stadt ohne kreative Werbung
Die UNESCO-Kreativstädte tauschen sich in Kattowitz aus
Chris W. Wagner

Mitte Juni findet der „12. Internationale Kongress Kreativer UNESCO-Städte“ statt. 450 Delegierte aus fast 200 Ländern der Welt finden sich in der oberschlesischen Metropole Kattowitz ein. „Das Programm der Kreativen Städte (Creative Cities Network) vernetzt weltweit Städte, die Erfahrungen, Strategien, Ideen und modellhafte Praxis im Bereich zeitgenössischer Kunst und Kultur, einschließlich der Kulturwirtschaft, austauschen wollen“, heißt es seitens der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

Das Netzwerk der Kreativen Städte wurde 2004 gegründet. Während in diesem globalen Netzwerk bereits vier deutsche Städte ihren Platz fanden, nämlich Hannover und Mannheim als Städte der Musik (2014), Heidelberg als Stadt der Literatur (2014) und Berlin als Stadt des Designs (2005), tragen in der Republik Polen erst drei Städte diesen Titel: Krakau als Stadt der Literatur (2013), Lodsch als Stadt des Films (2017) und Kattowitz als Stadt der Musik (2015). Kattowitz teilt sich den Titel der UNESCO-Städte der Musik mit 30 anderen Städten weltweit.

Dieser Titel soll Kattowitz zu einer neuen Wahrnehmung verhelfen, eben nicht mehr nur als Industriestadt. Kattowitz hat – was Musik betrifft – viel zu bieten: das 1945 gegründete Nationalsymphonieorchester des Polnischen Rundfunks, die Schlesischen Philharmonie, mehr als 20 Konzertsäle, 30 Musik-Klubs, mehreren Plattenfirmen und Aufnahmestudios und nicht zuletzt die 1929 gegründete Musikhochschule, die berühmte Komponisten ausgebildet hat wie Wojciech Kilar, Henryk Mikolaj Górecki oder Krystian Zimerman. Kattowitz ist Gastgeber des weltweit größten Hallen-Festivals „Rawa Blues“ oder des internationalen Festivals für alternative Musikrichtungen „Off-Festival“. Die Kattowitzer Sport- und Veranstaltungshalle „Spodek“ (Untertasse) ist internationaler Treffpunkt für Rock- und Heavymetal-Fans.

Der Titel Musikstadt scheint jedoch die Bevölkerung und auch die Medien nicht wirklich erreicht zu haben. Vielleicht war die Wahl zur UNESCO-Musikstadt nicht ganz glücklich gewählt, denn ein Jahr später stahl eine andere schlesische Metropole den Oberschlesiern die Show – Breslau mit dem Titel der Europäische Kulturhauptstadt 2016.

„Der Titel ist wie eine Zugehörigkeit zu einem elitären Klub“, so Tamara Kaminska, stellvertretende Leiterin der Kattowitzer „Bochenek-Kulturinstitution“, die infolge der Titelvergabe 2015 an Kattowitz zur Vermarktung eben dieses Titels ein Jahr später 2016 gegründet wurde. Vielleicht ist es ein zu elitärer Klub, denn die Strahlkraft der Werbung für die UNESCO-Musikstadt ist bis heute kaum spürbar.

Eigentlich liegt das Musizieren vielen Kattowitzern im Blut. Hier gibt es, wie sonst in der Republik Polen nur in Posen, Chöre und Blasorchester, die auf eine kontinuierliche Geschichte von über 100 Jahren zurückblicken können. Doch um dies publik zu machen, müsste man sich eingestehen, dass die Laien-Musikbewegungen seinerzeit eben aus der deutschen Tradition entstanden. Viele Gospel-, Rap- oder Rockgruppen greifen auf die Tradition der Vorfahren zurück – die bekannteste ist die landesweit bekannte Rockgruppe „Oberschlesien“.

Der vom 12. bis zum 15. Juni stattfindende Weltkongress der UNESCO-Kreativstädte sei eine geschlossene Veranstaltung, heiß es auf der Internetseite der polnischen UNESCO-Kommission. Für die Öffentlichkeit werden vom 7. bis zum 17. Juni Begleitveranstaltungen angeboten, darunter ein Literaturfestival mit Autoren aus den USA, Litauen, Slowenien und Russland, ein Fest des Brotes, das Musikfestival der Gartenwelten, eine Veranstaltung, die seit 2013 in Kattowitz stattfindet, ein Elektro-Musik-Konzert und ein Handwerkermarkt. Dies alles sind keine neuen Veranstaltungen und sie werden dem Titel Kreative UNESCO-Stadt daher nicht wirklich gerecht.

Die Organisation des internationalen Kongresses führen die Musikstadt Kattowitz und die Literaturstadt Krakau gemeinsam durch. Beide Kreativstädte präsentierten sich in der Kulturhauptstadt Breslau 2016. Vielleicht hätten die Titelträger etwas in Sachen Werbung von den Breslauern lernen sollen.