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11.05.18 / Idiotischer Idiotentest / Eine ganze Industrie verdient an der »Medizinisch-Psychologischen Untersuchung« – besonders im Ausland

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-18 vom 11. Mai 2018

Idiotischer Idiotentest
Eine ganze Industrie verdient an der »Medizinisch-Psychologischen Untersuchung« – besonders im Ausland
Frank Bücker

Rund 100000 Führerscheinbesitzer in Deutschland werden jährlich dazu aufgefordert, sich der Medizinisch-Psychologischen Un­tersuchung (MPU), im Volksmund Idiotentest genannt, zu unterziehen. Nach einer höchstrichterlichen Entscheidung handelt es sich dabei nicht um einen selbstständigen anfechtbaren Verwaltungsakt. Er ist nicht justiziabel. 

Kay Nehm, von 1994 bis 2006 immerhin Generalbundesanwalt und nun Präsident des Verkehrsgerichtstages stellte fest, die Un­tersuchung habe „keinen guten Ruf in der Bevölkerung“. Die Kraftverkehrsämter legen eine gewisse Kreativität für die Begründung von MPU-Anordnungen an den Tag. Nur 42 Prozent der Anordnungen gingen 2016 auf Alkoholmissbrauch zurück. Die TV-Moderatorin Kim Fisher machte das öffentlich. Sie hatte 236-mal falsch geparkt und musste daher zur MPU. 2015 erklärte Verkehrsminister Dobrindt, er wolle noch „schärfere“ Regeln durchsetzen.

Deutschland befindet sich im europäischen Vergleich auf einem Sonderweg. Zwar gibt es auch in Österreich derartige Überprüfungsgutachten – nur unter ganz anderen, weniger extremen Bedingungen. Das hat nichts mit einer Nachlässigkeit gegenüber alkoholisierten Autofahrern zu tun. In Dänemark wird das Auto unter Umständen nach einer Trunkenheitsfahrt zugunsten der Staatskasse eingezogen.

Erst nach 15 Jahren werden in Deutschland die Verwaltungsakten vernichtet. Über die Durchfallquote bei MPU-Prüfungen wird unterschiedlich berichtet. Die öffentlich-rechtlichen Sender und Mainstream-Blätter publizieren meist eine Quote von 50 Prozent. Das „Handelsblatt“ schrieb  vor Jahren etwas von 70 Prozent. 

Ein Rechtsanwalt aus Stettin schätzt, dass beim erstmaligen Versuch 90 bis 95 Prozent der Prüflinge ohne Erfolg bleiben. Die deutsche Praxis ermöglicht der sogenannten MPU-Industrie nämlich auch im Ausland Einnahmen, die von Experten auf einen zehnstelligen Betrag geschätzt werden. Die Gebühr für eine MPU beträgt um die 500 Euro. 

Manche MPU-Kandidaten besuchen Vorbereitungskurse, um den Test erfolgreich zu bestehen, so zum Beispiel in Polen. Mitunter werden sogar mehrere tausend Euro in Vorbereitungskurse „investiert“. Rechnet man vorsichtig 1000 Euro an Kosten für jede MPU-Anordnung, kommt man auf einen Milliardenbetrag, der MPU-Industrie zugutekommt. 

Der Erwerb eines Führerscheins im Ausland ist inzwischen eine immer beliebter werdende Alternative. Der Stettiner Anwalt schätzt, dass allein in Polen 5000 Deutsche jährlich eine Führerscheinprüfung absolvieren. Die Mainstream-Medien erwecken mit ihrer Berichterstattung den Eindruck, dass dies illegal sei oder aber so teuer, dass es doch besser sei, im Inland sein Glück mit einer MPU zu versuchen. 

Tatsächlich hat der Gerichtshof der Europäischen Union die Bun­desrepublik Deutschland mehrfach (letztmalig AZ: C-419/10 vom 26. April 2012) dazu verurteilt, ausländische Führerscheine hierzulande anzuerkennen. Versuche bundesdeutscher Verkehrs- und Justizminister, auf europäischer Ebene ihre Sicht der Dinge durchzusetzen, fanden dort jedoch keinen Anklang. 

Die deutschen Behörden suchen nun andere Wege, um zum „Erfolg“ zu kommen. Ausländische Staatsanwaltschaften sollen prüfen, ob die dort geltenden Voraussetzungen eingehalten wurden. Die wichtigste von ihnen ist, dass die Fahrprüfung im Ausland erst erfolgen kann, nachdem dort 185 Tage lang ein Wohnsitz bestanden hat. Es ist jedoch nicht erforderlich, den deutschen Wohnsitz parallel aufzugeben.

Entsprechende „Hinweise“ deutscher Stellen, halten zum Beispiel die polnischen Ämter für irrelevant. Allerdings muss die Begründung des neuen Wohnsitzes glaubhaft sein. Wer sich individuelle Hilfe holt, ist meist besser dran als MPU-Flüchtlinge, die dem „Rundum-sorglos-Paket“ von Fahrschulen im Ausland vertrauen. Wenn 20 durch die MPU geschädigte deutsche Führerscheinaspiranten in ein und demselben Hotelzimmer wohnen, ist die Sache „geplatzt“. 

Wird die „Europafahrschule“ bevollmächtigt, die Behördengänge zu tätigen, fragt sich die Staatsanwaltschaft zu Recht, warum der Führerscheinbewerber nicht selbst zu den Ämtern gegangen ist. Es ist nicht erforderlich, in Deutschland sechs Jahre aufs Auto zu verzichten und beim Institut „XYZ“ 7000 Euro „Schutzgeld“ oder mehr zu bezahlen, um wieder Auto fahren zu können. Fakt ist, dass die deutsche MPU-Industrie einer der unproduktivsten Erwerbszweige dieses Landes ist.

Im Übrigen steht Deutschland bei der Verkehrssicherheit recht gut da. EU-weit gibt es die meisten Verkehrstoten in Bulgarien und in Westeuropa in Belgien. Deutschland liegt nach der Statistik ganz weit hinten. Die Zahl der Todesfälle auf den Straßen ging 2016 um 7,1 Prozent zurück. Die von der deutschen Politik gestellte Forderung nach „mehr Europa“ wäre in Sachen MPU überlegenswert.