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11.05.18 / Münsteraner Friede / Deutscher Katholikentag geht in Zeiten des Terrorismus den Weg der Versöhnung – Westfälischer Friedenschluss als Leitmotiv

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-18 vom 11. Mai 2018

Münsteraner Friede
Deutscher Katholikentag geht in Zeiten des Terrorismus den Weg der Versöhnung – Westfälischer Friedenschluss als Leitmotiv
D. Jestrzemski

Zehntausende Katholiken und Gläubige aller Konfessionen werden noch bis zum 13. Mai nach Münster pilgern. Beim Deutschen Katholikentag suchen sie in der Stadt, wo der vor 400 Jahren be­gonnene Dreißigjährige Krieg mit dem Westfälischen Frieden endete, gemäß Psalm 34 nach Frieden.

Für die Wahl des Leitworts „Suche Frieden“ war die Jahreszahl 2018 auschlaggebend. 2018 jährt sich das Ende des Ersten Weltkriegs zum 100. Mal. Und vor 400 Jahren begann der verheerende Dreißigjährige Krieg, der durch den Westfälischen Friedensschluss in Münster und Os­nabrück vor 370 Jahren sein Ende fand. Fest steht jetzt schon, dass angesichts von Terrorismus und zunehmender Gewaltbereitschaft die große Sorge der Menschen um den Frieden in den Debatten sehr deutlich zum Ausdruck kommen wird. Nach der Amokfahrt vom 7. April in Münster mit einem Kleintransporter stand die Durchführung des zum vierten Mal in Münster veranstalteten Katholikentags zwar nicht in Frage, doch wurde das von der Polizei ausgearbeitete Sicherheitskonzept nochmals überprüft und erweitert. 

Wie Leipzig vor zwei Jahren soll auch Münster ein Fest der Begegnung und des Glaubens werden und ein Forum des Dialogs über alle Grenzen hinweg bieten. Allen Besuchern, die keine Hotel-Unterkunft gebucht haben, vermitteln die Veranstalter Privatquartiere oder Plätze in Gemeinschafts-Quartieren, die in Schulen eingerichtet werden. 

Am Mittwochnachmittag um 17.45 Uhr fand auf dem Domplatz das Vorprogramm zur Eröffnung des Deutschen Katholikentags statt. Als Redner waren unter anderem der Präsident des Zentralrats der Katholiken, Thomas Sternberg, und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet angekündigt. Das Programm umfasst 1000 Veranstaltungen an rund 100 Orten in Münster, von denen allein 135 das Wort „Frieden“ im Titel tragen.

Neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier haben weitere Prominente, darunter Politiker, Künstler und Journalisten, ihre Teilnahme an den Programmhöhepunkten zugesagt. Unter den 300 Kulturveranstaltungen ist die Chormusik ein besonderer Schwerpunkt. Zu den großen Gottesdiensten an Christi Himmelfahrt und am Sonntag konnte man  mehrere zehntausend Teilnehmer begrüßen.

Schon seit 170 Jahren verfechten die katholischen Laien auf ihren fünftägigen Zusammenkünften unterschiedliche Vorstellungen von Politik, Familie, Gesellschaft und Kunst. Der diesjährige Katholikentag in Münster ist der 101., seitdem die Katholiken im sogenannten Vormärz des Jahres 1848 bürgerliche Rechte wie die Versammlungs-, Vereins- und Pressefreiheit einforderten und – schon damals ein heiß diskutiertes Thema – Gewissensfreiheit in Glaubensfragen verlangten. Buchstäblich alles ist auf diesem Forum diskutiert worden, vom Untergang der „Titanic“, Pistolenduellen und dem Antisemitismus bis hin zur christlichen Mission in den deutschen Kolonien Afrikas. Auch die Traditionen und Dogmen der katholischen Kirche wurden kritisch hinterfragt. 

Mit einem starken gesellschaftspolitischen Impetus be­gannen also die Zusammenkünfte der deutschen Katholiken, deren jährliche und seit Ende des 19. Jahrhunderts zweijährliche Abfolge nur während des Kulturkampfs im 19. Jahrhundert und im Nationalsozialismus unterbrochen war. Im März 1848 gründeten die Träger der katholischen Laienbewegung zunächst in Mainz den „Pius-Verein für religiöse Freiheit“, benannt nach Papst Pius IX., der seinerzeit noch als liberal galt. Ein halbes Jahr später tagte in Mainz die erste Generalversammlung katholischer Vereine, der erste Katholikentag. Von 100 Katholikentagen ab Oktober 1848 in Mainz bis Pfingsten 2016 in Leipzig erzählen die Buchautoren Holger Arning und Wolf Hubert in ihrem populärhistorischem Werk „Hundert Katholikentage – von Mainz 1848 bis Leipzig 2016“, erschienen 2016 anlässlich des 100. Katholikentags in Leipzig. Prägnant und unterhaltsam schildern die Autoren in einzelnen Bildern die Geschichte der traditionsreichen Bewegung. So entsteht ein facettenreiches Bild der katholischen Kirche und ihres Wandels vor dem Hintergrund politischer und sozialer Kämpfe sowie neuerer Entwick­lungen wie Priestermangel und Mitgliederschwund. 

Als „das uneheliche Kind der katholischen Kirche“ bezeichnen die Autoren überspitzt die erste Generalversammlung im Revolutionsjahr 1848. Eine zeitgenössische Karikatur verhöhnte die erstmals zutage getretenen gegensätzlichen Standpunkte innerhalb der Kirche, welche jegliche Freiheitsrechte verdammte. In einer Triumphkarosse sitzt die Germania, das Banner des Fortschritts schwenkend, gezogen von drei Revolutionären. Hinten fährt als „blinder Passagier“ ein Rosenkranz betender Fuchs in Jesuiten-Robe mit. 

100 Jahre später debattierten Laien und Kleriker auf dem Katholikentag in Mainz im September 1948 um anstehende Fragen zur Neuorientierung nach dem Zweiten Weltkrieg. Einhellig sprach man sich für die Integration Deutschlands in das westliche kirchliche Erbe aus. Ein Jahr später standen Fragen zu Europa im Mittelpunkt. 

In neuerer Zeit finden sich immer mehr Gläubige aller Konfessionen und verschiedener Religionen auf den Katholikentagen ein, um an den lebhaften Debatten teilzunehmen. Hier wie auf dem ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin bringen die Christen ihre Hoffnung auf das gemeinsame Abendmahl von Katholiken und Protestanten zum Ausdruck, eine Hoffnung, die sich bisher jedoch noch nicht erfüllt hat.