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11.05.18 / Achtung Steinschlag! / Gefährlicher Fels – Am Elbsandsteingebirge nagt der Zahn der Zeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 19-18 vom 11. Mai 2018

Achtung Steinschlag!
Gefährlicher Fels – Am Elbsandsteingebirge nagt der Zahn der Zeit
Wolfgang Kaufmann

Ganz besonders oft kracht es in der Sächsischen Schweiz im Frühjahr. Denn durch das Wechselspiel von Frost und Tauwetter werden zahlreiche scheinbar harmlose kleine Risse in dem dortigen weichen Sandstein erweitert, bis schließlich mehr oder weniger große Felsstücke in die Tiefe stürzen. Dabei gefährdet die Erosion auch diverse touristisch oder bergsportlich wertvolle Formationen. So mussten bereits Klettergipfel wie die Schrammsteinnadel oder die markante Barbarine am Pfaffenstein gesperrt werden. Nicht mehr betreten werden darf außerdem die vorderste Plattform der weltberühmten Bastei-Aussicht in 200 Metern Höhe über dem Elbstrom bei Rathen.

Und solche Vorsichtsmaßnahmen sind auch keineswegs übertrieben. Das zeigt unter anderem der spektakuläre Abbruch der Südhälfte des Wartturmes unweit der Bastei am 22. November 2000. Dabei polterten 450 Kubikmeter Gestein mit 800 Tonnen Gesamtgewicht um die 70 Meter zu Tal. Glücklicherweise kamen durch dieses spektakuläre Ereignis ebenso wenig Menschen zu Schaden wie im Januar 2016, als sich am Rauenstein auf der Elbseite gegenüber ein größerer Brocken löste und um Haaresbreite den bekannten Dresdner Schauspieler und Kabarettisten Tom Pauls samt mitwandernder Ehefrau verfehlte.

In anderen Fällen ging der sukzessive Verfall des Elbsandsteingebirges dahingegen nicht so glimpflich für diejenigen ab, welche zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Beispielsweise starben am 11. Mai 1829 acht Arbeiter bei einem Felssturz im Bereich der Steilwände zwischen dem Tümpel- und Griesgrund bei Wehlen. Und 1893 gab es drei weitere Tote, als unweit von Rathen, wo das Gestein besonders mürbe ist, überhängende Wandpartien ab­brachen. Dazu kommen immer wieder Verletzte wie jene sieben Touristen, die am Pfingstsonntag 2012 einen Steinschlag in den Schwedenlöchern mit viel Glück überlebten, oder die 24 Verschütteten aus dem Trümmerfeld infolge des Felssturzes beim Schmilkaer Wirtshaus „Zum guten Bier“, die am 27. Mai 1862 nach 54 Stunden fieberhafter Suche geborgen werden konnten.

In den Datenbanken des Sächsischen Landesamtes für Geologie sind insgesamt 276 solcher Ereignisse verzeichnet, beginnend mit der Zerstörung der Schiebmühle bei Schöna durch herabfallendes Gestein im Jahre 1600. Der größte bisher registrierte Felssturz ereignete sich 1892. Damals lösten sich nahe der Einmündung des zu den Schrammsteinen hinaufführenden Zahnsgrundes bei Bad Schandau 150000 Kubikmeter Sandstein.

Für Wanderer empfiehlt sich also dringend, bei Besuchen in der Sächsischen Schweiz wachsam nach oben zu schauen und nicht unnötig unter den pittores­ken Felsüberhängen zu verweilen. Das Gebirge ist kein statisches Gebilde und wird auch wei­terhin Stück für Stück bröckeln, bis in einigen Millionen Jahren nur noch ein großer Sandhaufen übrig bleibt.